piwik no script img

Clinton-Besuch in AfrikaKlartext für Kongo

Die US-Außenministerin fordert die Bestrafung der Täter sexueller Kriegsverbrechen und ein Ende der Menschenrechtsverletzungen im Kongo.

"Es gibt keine Ausreden mehr": Hillary Clinton - hier bei einer Pressekonferenz in Südafrika - findet deutliche Worte zu den Missständen im Kongo. Bild: dpa

BERLIN taz | US-Außenministerin Hillary Clinton hat am Dienstag in der kongolesischen Stadt Goma, mitten im ostkongolesischen Kriegsgebiet, entschlossene Maßnahmen zur Überwindung von Krieg, Korruption und sexueller Gewalt in der Demokratischen Republik Kongo verlangt und praktische US-Hilfe dabei versprochen.

Sie besuchte am Nachmittag die Frauenstation des größten privaten Krankenhauses in Goma, das von der US-Hilfsorganisation "Heal Africa" geführt wird und zahlreiche Opfer sexueller Kriegsverbrechen aus ganz Ostkongo behandelt, und traf sich danach mit rund 100 zivilgesellschaftlichen Aktivisten und Helfern zu einem Runden Tisch. Zuvor sprach sie in Goma mit Kongos Präsident Joseph Kabila.

"Es darf keine Straflosigkeit für die sexuelle Gewalt geben, die von so vielen begangen wird", sagte Clinton. "Es muss Festnahmen und Anklagen und Strafen geben." Darüber habe sie mit Kabila eine "sehr offene Diskussion" geführt, was diplomatisch ausdrückt, dass man sich nicht einig wurde.

Am Vortag hatte die US-Außenministerin in Kongos 2.000 Kilometer entfernter Hauptstadt Kinshasa gegenüber Premierminister Adolphe Muzito ebenfalls Klartext geredet: "Der verbreiteten Korruption und der Verletzung von Menschen- und Frauenrechten muss ein Ende gesetzt werden."

Dem UN-Rundfunk im Kongo sagte sie: "Sicherlich ist Kongos Regierung aus mehreren Jahren des Krieges hervorgegangen, aber es gibt keine Ausreden mehr. Man kann von Kongos Regierung und auch von den USA, anderen Ländern und der UNO mehr erwarten." Selten hat ein hochrangiger ausländischer Besucher im Kongo seit den Wahlen vor drei Jahren so deutliche Worte zu den Missständen im Land gefunden.

Der Osten des Kongo hat seit dem Beginn bewaffneter Auseinandersetzungen Mitte der 90er-Jahre nie zum Frieden gefunden. Derzeit sorgen zudem Übergriffe kongolesischer Regierungstruppen sowie der sie bekämpfenden ruandischen Hutu-Miliz FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) in der Region für neue massive Fluchtbewegungen. Nach einer neuen Übersicht der humanitären UN-Abteilung OCHA liegt die Zahl der Kriegsvertriebenen im Kongo jetzt bei 2,1 Millionen.

Sowohl Armee als auch FDLR setzen nach Angaben von Menschenrechtlern systematisch Vergewaltigungen als Mittel der Einschüchterung oder Bestrafung der Zivilbevölkerung in ihren Gebieten ein. Letztes Jahr registrierte die UNO im Kongo über 16.000 Fälle schwerer sexueller Übergriffe, also über 50 am Tag. In den Kriegsgebieten soll die Zahl laut OCHA seitdem um 30 Prozent gestiegen sein.

Frauenaktivistinnen im Ostkongo beurteilten den Besuch positiv. "Es ist schon sehr wichtig, dass sie symbolisch zu verstehen gibt, wie wichtig es ist, dass Frauen geschützt werden", sagte Desirée Zwanck, die vom Evangelischen Entwicklungsdienst (EED) im Rahmen des Zivilen Friedensdienstes als Beraterin zu "Heal Africa" nach Goma entsandt ist, gegenüber der taz.

Die Kongolesin Christine Schuler-Deschryver vom Aktionsbündnis "V-Day" forderte mehr Druck auf Kongos Nachbarländer wie Ruanda sowie auf die FDLR: Diese "verhalten sich wie die Janjaweed-Milizen in Darfur: sie zünden die Dörfer an und treiben die Bewohner in die Flucht". Kongos Regierung brauche "Hilfe zum Aufbau einer ganz neuen Armee mit neuen Rekruten". Sie geißelte zugleich, dass zugesagte Hilfen Deutschlands und Frankreichs für das Panzi-Krankenhaus in Bukavu, das ebenfalls Opfer sexueller Kriegsverbrechen betreut, bis heute nicht eingetroffen seien.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • V
    Volka

    @ Britt: die Kleinen wurden wegen Abu Ghraib bestraft. Die Anordner laufen frei herum.

    Und im US-Lager Bagram bei Kabul darf auch unter Obama gefoltert werden.

    Die USA zeigen dauernd mit dem Finger auf andere statt bei sich ernsthaft aufzuräumen. Kein Wunder, dass sie deshalb unglaubwürdig sind. Darauf darf hingewiesen werden.

  • VD
    Von der Ems

    Weltpolizistin und Weltrichterin Clinton. Gibt es dort im Kongo kein Recht und Gesetz?

    Muß Hillary jetzt wegen erwiesener Unfähigkeit der Kongolesen auch noch die moralische Instanz Schwarzafrikas spielen?

    Aber seit Monica hat sie da ja keine Skrupel...im Spielen.

  • B
    Britt

    Die USA haben jedes Recht, mit den Finger auf Kongo zu zeigen. Ich begrüße das sehr, kann mich nicht erinnern, so etwas einmal von Rumsfeld oder Rice gehört zu haben. Die Verbrechen in Abu Graib etc. sind durch nichts zu entschuldigen, aber im Gegensatz zum Kongo wurden die Verbrecher BESTRAFT. Aber Hauptsache gegen Amerika, was?

  • M
    Montgomery

    Die USA sollten mal lieber erst ihre eigenen sexuellen Verbrechen bei den Folterungen in den Lagern in Abu Graib, Guantanamo Bay etc. bestrafen und abstellen bevor sie mit dem Finger auf andere Zeigen.