Staatliche Einnahmen: Haushalte leiden unter der Krise

Bund, Länder und Gemeinden häufen in der ersten Jahreshälfte ein Defizit von 17,3 Milliarden Euro an. Experten befürchten fürs zweite Halbjahr noch größere Etat-Lücken.

Kommt mit dem Zählen kaum noch nach: Schuldenuhr an der Fassade der Zentrale vom Steuerzahlerbund. Bild: dpa

Während Börsen und Unternehmen wieder Erfolgsmeldungen verkünden, geht es den öffentlichen Haushalten immer miserabler. Bund, Länder und Gemeinden verzeichnen allein für die erste Jahreshälfte ein Defizit von 17,3 Milliarden Euro. Im Vorjahreszeitraum, vor dem offenen Ausbruch der Krise, hatten sie noch einen Überschuss von rund 7 Milliarden Euro verkündet. Das erklärte das Statistische Bundesamt am Dienstag in Wiesbaden.

Zum ersten Mal seit 2004 sanken die Einnahmen der öffentlichen Haushalte und der Sozialversicherung, und zwar um insgesamt 1,1 Prozent. Allein das Steueraufkommen, das rund die Hälfte der staatlichen Einnahmen ausmacht, schrumpfte um 3,8 Prozent. Besonders stark war der Einbruch bei den Einkommen- und Vermögensteuern. Deren Aufkommen fiel um 6,7 Prozent. Am stärksten brachen die Einnahmen aus der Körperschaftsteuer ein: ein Minus von 46 Prozent. Vergleichsweise gering fielen die Rückgänge bei den von privaten Haushalten gezahlten Einkommen- und Vermögensteuern aus: Hier waren es 2,1 Prozent.

Während also die Einnahmen zurückgingen, legten die staatlichen Ausgaben um 3,5 Prozent zu. Überdurchschnittlich stark stieg mit 11,2 Prozent die Summe der Subventionen. Das Statistische Bundesamt erklärt dies mit den Kosten für die Kurzarbeit: Die Bundesagentur für Arbeit erstattet Unternehmen bei Kurzarbeitern den Arbeitgeberanteil der Sozialversicherungsbeiträge. Doch auch die zu Jahresbeginn eingeführte Honorarreform für niedergelassene Ärzte kostet zusätzliche Milliarden. Ebenso die Tarifsteigerungen für Krankenhausmitarbeiter, die Erhöhung des Kindergelds sowie der einmalig gewährte sogenannte Kinderbonus.

"Die Lage ist viel dramatischer, als es diese Zahlen ausweisen", urteilte der Finanzexperte des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Alfred Boss. "Allein in der zweiten Jahreshälfte dürfte das Defizit etwa 60 Milliarden betragen." Dann würden die Kosten für die Abwrackprämie und Bauprojekte aus dem Konjunkturpaket stärker durchschlagen. Die Grünen halten die Bundesregierung für mitverantwortlich am Ausmaß des Haushaltsdefizits: "Mit falschen, aber sehr teuren Konjunkturmaßnahmen wie der Abwrackprämie hat die große Koalition die Situation der öffentlichen Haushalte weiter verschärft", urteilte der Haushaltsexperte der Grünen-Fraktion, Alexander Bonde.

Hingegen forderte der wirtschaftspolitische Sprecher der Linke-Fraktion, Herbert Schui: "Es ist höchste Zeit für ein drittes Konjunkturpaket." Trotz Defizits dürfe der Bund "der Krise nicht hinterhersparen, denn Nichtstun ist am Ende am teuersten".

Während die Etatlöcher gewachsen sind, zog die Wirtschaftsleistung von Deutschland zwischen April und Juni erstmals seit einem Jahr wieder leicht an und wuchs um 0,3 Prozent gegenüber dem Vorquartal.

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