15 Millionen für Ex-Arcandor-Chef: Sehr leicht verdientes Geld

Karl-Gerhard Eick, ehemaliger Chef der insolventen Karstadt-Mutter, bekommt 15 Millionen Euro ausgezahlt. Und weil das so viel ist, verspricht er, ein Drittel zu spenden.

Eick bekommt fünf Jahresgehälter für sechs Monate im Job. : dpa

Arcandor ist in der Insolvenz, der ehemalige Chef Karl-Gerhard Eick dagegen sehr solvent: 15 Millionen gibt es zum Abschied auf die Hand, nach nur sechs Monaten im Amt. Herr Eick hatte in kluger Voraussicht ausverhandelt, dass er in jedem Fall das Salär für fünf Arbeitsjahre erhält, auch, wenn man seine Dienste nicht so lange wünscht. Jetzt gibts also fünf Jahresgehälter für sechs Monate im Job.

Da ärgert sich sogar Kanzlerin Angela Merkel und murmelt, sie habe "absolut kein Verständnis" Selbst FDP-Chef Guido Westerwelle sagte nun, dass die Entlohnung Eicks "hanebüchen" sei. Mit sozialer Marktwirtschaft habe das nichts zu tun.

Der Arcandor-Manager hat nach der öffentlichen Kritik angekündigt, er werde ein paar Millionen für soziale Zwecke spenden - wie zuvor schon Ex-Porsche-Chef Wendelin Wiedeking, der 25 Millionen seiner 50-Millionen-Abfindung abgeben will.

Dabei könnte man Eick noch zugutehalten: Er erhält seine Millionen nicht als Gratifikation dafür, das Unternehmen ruiniert zu haben - dafür wäre ihm in den paar Wochen einfach nicht genug Zeit geblieben. Das hatten andere schon vor ihm erledigt. Es ist im Fall Eick also nicht die Frage, ob er seine Kohle für gute oder schlechte Ergebnisse erhält: Er erhält die Auszahlung schlichtweg, ohne dass seine Tätigkeit irgendwelche Ergebnisse gezeitigt hätte. Eick ist gewissermaßen ein Kontostand ohne besondere Eigenschaften. Insofern stellt sich in diesem Fall freilich die Frage nach dem Entlohnungssystem einer Marktökonomie in ihrer Reinform, gewissermaßen unter Laborbedingungen, die durch keine speziellen Besonderheiten wie grandiosen Erfolg oder grandiosen Misserfolg beeinträchtigt wird.

Das heißt dann aber natürlich auch: In einer bestimmten Kaste erhält man Millionen praktisch für nix. Es reicht, wenn man in dieser Sphäre angekommen ist, dafür allein gibt es dann sehr viel Geld. Die Frage bleibt, und deshalb ist die Debatte über Managergehälter eben keine Neiddebatte: Was stellt das mit einer Gesellschaft an?

Zunächst ist es ja ganz offenbar so, dass zumindest bis vor wenigen Monaten implizit davon ausgegangen wurde, dass es zwei Menschenschläge gibt. Man muss sich nur vor Augen führen, wie über die Spitzen der Gesellschaft und über die Untersten in einer Gesellschaft geredet und gedacht wurde. Die Einkommensexplosion der Spitzenmanager wurde immer mit dem Argument begründet, nur so könne man die Leistungsträger halten, nur mit exorbitanten Boni könne man ihnen einen Anreiz geben, sich voll ins Zeug zu legen. Demgegenüber wurde im Fall von Niedrigverdienern und Leuten, die vom Wohlfahrtssystem abhängen, immer wieder gesagt, man müsse die Leistungen senken, um sie dazu zu "motivieren".

Die einen kann man also nach dieser Auffassung nur motivieren, wenn man sie mit Millionen überhäuft, die anderen nur, indem man ihnen noch ein paar Pfennige wegnimmt - als ob die beiden Phänotypen nicht der gleichen Spezies angehören.

Anreizsysteme wirken, aber was ist genau ihre Wirkung? Die Möglichkeit, im Spitzenmanagement in kurzer Zeit ohne irgendein relevantes Risiko astronomische Summen zu verdienen, wenn man nur über ein ausreichendes Maß an Skrupel- und Schamlosigkeit verfügt, zieht nicht primär verantwortungsbewusste und altruistische Charaktere an. Sie ist, wie man das heute so nennt, ein mächtiger "Incentive" gerade für Glücksritter und Blender, in solche Positionen zu drängen. Wenn man solche Anreizstrukturen zulässt, muss man sich auch nicht wundern, dass man einen bestimmten Persönlichkeitstyp überproportional in bestimmten Funktionen wiederfindet. Solche Anreizsysteme können dann leicht einen kontraproduktiven Effekt haben: Man will Manager, die ein Unternehmen stärken, und züchtet sich Plünderer heran.

Im Boom und in der Hausse wirkt all das anders als in normalen Zeiten. Da wirkt der Gerissene wie ein Genie, dem alle nacheifern wollen. Ist die Hausse zu Ende, erscheint der Erfolgreiche mit einem Mal als korrupt, mutieren die Siegertypen zu Hinterlistigen, die ein krankes System etabliert haben, um es auszunützen. Karl-Gerhard Eick ist in alldem kein besonderer Fall, ohne den diabolischen Glanz eines Madoff. Eher ein Symptom einer Madoff-Ökonomie.

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