piwik no script img

Kommentar AfghanistanMitten im Krieg

Kommentar von Eric Chauvistré

Deutsche Wehrpolitiker äußerten sich gerne hochnäsig über das Vorgehen der US-Militärs in Afghanistan. Jetzt kann man sich nicht mehr hinter den Verbündeten verstecken.

A lles ganz anders sollte sie machen, die Bundeswehr in Afghanistan. Wann immer in Deutschland Zweifel an Sinn und Form des deutschen Einsatzes am Hindukusch aufkamen, ließen sich deutsche Wehrpolitiker gerne hochnäsig über das Vorgehen der US-Militärs aus. Sich selbst pries man als Beispiel dafür, wie die Nato ohne überzogene Gewalt erfolgreich sein könnte.

Verlogen war dies schon immer. Schließlich hatte man sich für die Bundeswehr gezielt den relativ ruhigen Norden ausgesucht, während im Süden vor allem Amerikaner in offenen Gefechten mit Taliban standen. Spätestens seit gestern sollte klar sein, dass solche Arroganz gegenüber den US-Streitkräften unangebracht ist.

Die Bundeswehr hat leichtfertig die Bombardierung von zwei Tanklastzügen angefordert, dabei die Tötung möglichst vieler vermeintlicher oder tatsächlicher bewaffneter Gegner angestrebt und damit auch den Tod Unbeteiligter in Kauf genommen. Anschließend berichtete das Bundesverteidigungsministerium mit Genugtuung von 50 Toten - und verklärte den Luftangriff als "erfolgreichen Einsatz gegen Aufständische". Je mehr tote Gegner, so offenbar die Logik, desto näher ist man seinen hehren Zielen in Afghanistan. Leichenzählen für die Erfolgsbilanz.

Die Luftattacke von Freitagfrüh war nicht nur die größte unter deutscher Verantwortung - im Gegensatz zu den anderen bekannt gewordenen Angriffen auf Kombattanten ging es in diesem Fall auch nicht darum, Gewalt gegen Bundeswehrsoldaten oder gegen die afghanische Bevölkerung abzuwehren oder zu verhindern; und es gab, anders als bei den bisherigen Tötungen an Checkpoints, keinerlei Druck, innerhalb kurzer Zeit Entscheidungen zu treffen.

Seit Freitag hat der Einsatz der deutschen Streitkräfte eine neue Dimension. Hinter den Verbündeten kann man sich jetzt nicht mehr verstecken. Die reale Situation der Bundeswehr hat sich vom Paralleluniversum heimischer Wehrpolitiker endgültig abgekoppelt.

Deutschland steht mitten im Krieg.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

19 Kommentare

 / 
  • V
    vic

    Schön dass wir uns weitgehend einig sind.

    Wie wär´s wenn wir auch entsprechend wählen würden?

  • MM
    matthias moch

    Die Taliban ist also schlimm und deshalb muss man sie alle töten, das schafft Frieden und Freiheit und wir müssen keine Angst mehr vor Terroristen haben. Wirklich? Was unterscheidet denn die die Warlords und Drogenbarone der Nordallianz ideologisch von der Taliban? Vielleicht. Nichts?

     

    Primär unterscheiden sich diese Gruppen einfach durch die Staaten, von denen sie ihre Waffen geliefert bekommen und die NATO tut doch nichts anderes, als eine Scheindemokratie aufrecht zu halten, die von der Bevölkerung wahrscheinlich schon lange nicht mehr getragen wird. Der Westen hat versagt und sollte schnellstmöglich den Schwanz einziehen und abhauen!

  • RD
    raus da!

    Ja, die Taliban sind schlimm. Aber wenn man keinen Krieg gegen das Land führt, sondern gegen Terroristen innerhalb des Landes, dann ist die Fehlertoleranz in Sachen Kollateralschäden äußerst knapp bemessen. Und hier zeigt sich, dass die regulären Verbände eben keine Anti-Terror-Einheiten sind.

     

    Im Übrigen seid ihr Taliban-Schmäher alles Heuchler. 1. Weil ihr sonst gleich in mindestens zehn Länder dieser Welt einmarschieren müsstet. 2. Weil ihr nicht erkennen/zugeben wollt, dass die "pax romana" den Interessen des Imperiums (also "uns") dient, und nicht der Peripherie. Anständig wäre es, sich offen dazu zu bekennen und endlich diesen pseudo-humanistischen Blödsinn sein zu lassen. Das ist reiner Selbstschutz und isoliert eure Wahrnehmung von der der restlichen Welt, die aufgrund ihrer wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse weitgehend immun gegen diese Form der Selbstverleumdung ist.

     

    Also, Frau Oberhauser, wenn überhaupt irgendwo ein Krankenwagen mit Haldolspritzen samt Polizeieskorte patrouillieren sollte, dann hier bei uns.

  • G
    gregor

    Wenn man zwei Tanklaster bombardieren muss, dann ist es Mitten in der Idiotie oder Langeweile, aber nicht im Krieg. Die Bundeswehr kann kein Krieg in Afghanistan führen. Ihre beste Waffe ist Geld und so soll es auch bleiben, wenn man dort schon sitzen muss.

  • B
    Bob

    Ein Krieg, der unter falschen Prämissen

    geführt wird. Schon das “auslösende Moment”

    (der 11.September 2001) kann bei nüchterner

    Analyse der Fakten nicht als Kriegsgrund

    herhalten.

    Die geostrategischen Interessen der USA

    sind die wahre Motivation und nicht

    die aufgeblasene Teroristenjagd oder gar

    die Befreiung der afghanischen Frauen.

    Im Kampf gegen die Sowjets galten die Islamisten

    noch als Freiheitskämpfer, die von den

    USA finanziert wurden.Nun gelten sie als Terroristen ,die die Welt bedrohen.

    Ich schäme mich dafür,dass deutsche Soldaten

    an diesem Krieg beteiligt sind.

    Karzai’s mit Warlords und Drogenbossen besetzte

    Regierung wird dem Land weder Frieden noch Demokratie bringen.

  • NS
    Norbert Schnug

    Sofort 'raus aus der Dreckecke in die uns unsere Freunde von der NATO,die gar keine sind, gelockt haben .

  • JS
    Jack Salinger

    Rechtzeitig zur wahrscheinlich verlorenen Wahl hat die SPD einen Krieg angezettelt. Uralter politischer Trick. Die haben wahrscheinlich den Film "Wag the dog" zu oft gesehen. Aber dass mit dem Killen von Zivilisten nun Deutschland offizielles Ziel von Terroristen geworden ist, hat Herr Jung zu verantworten. Hoffen wir mal, dass die Taliban und Al Kaida von uns Deutschen denken, die sind gestraft genug mit ihren Politikern. Aber nach wie vor gilt: Gebt jedem Politiker eine Knarre in die Hand und lasst sie vor Ort töten. Nicht nur am Schreibtisch. Das bringen die nie, sind viel zu feige dazu.

  • AS
    august s.

    Ihren Kommentar hier eingeben

     

    Zensur wird nicht hinterfragt.Ist es nicht seltsam,dass Vorfälle wie dieser nicht richtig beleuchtet und analysiert werden ?

    Geschwaffel von Politikern wie "Aufbauhilfe"

    und "Brunnenbauer" etc. ist menschenverachtend und volksverdummend.

  • HO
    Helen Oberhauser

    "Verlogen ... Arroganz ... leichtfertig die Bombardierung ... Tötung möglichst vieler...Gegner angestrebt ... Tod Unbeteiliter in Kauf genommen ... mit Genugtuung von 50 Toten ... Leichenzählen für die Erfolgsbilanz ... "

     

    Die fanatischen Formulierungen Eric Chauvistrés klingen für mich genauso wie der Fanatismus der Taliban, die hier die unmittelbare Ursache (Angriff auf Tanklaster) des blutigen Vorfalls sind, und nicht nur die unmittelbare:

     

    Die Taliban scheinen sich immer angegriffen zu fühlen, sei es von gebildeten Frauen, die mehr als nur Ja sagen können, sei es von Wahlen, zu deren Kandidatur sie so sehr überfordert zu sein scheinen, dass sie Wahl und Wählende mit Bomben bedrohen; sogar von Buddha-Statuen fühlten sich die Taliban schon bedroht, als ob Steine oder Buddhismus irgend etwas Bedrohliches wären. Das Verhalten der Taliban zeigt pathologische Symptome, diejenigen der paranoiden Schizophrenie, in der doppelten aggressiven Gestalt der Fremdbedrohung (Attentate) und Selbstbedrohung (Selbstmordattentate).

     

    Am menschlichsten wäre es, die Taliban in die geschlossene Psychiatrie zu bringen. Aber ein Krankenwagen, der nur mit Haldolspritzen bewaffnet ist, würde das nicht schaffen, auch nicht in Begleitung einer Polizeistreife.

     

    Darum sind Truppen in Afghanistan, internationale Truppen, darunter solche aus Deutschland. Krieg gibt es seit mindestens 1980 in Afghanstan, u.a. angestoßen durch die UdSSR und verschlimmbessert durch die USA durch Aufbau und Aufrüstung der Taliban als Stellvertretertruppen.

     

    Bei aller ausländischen Mitschuld: Terror gegen Andersdenkende, gegen Frauen, gegen Kulturgüter, gegen unschuldige Menschen auf den Straßen - das hat nichts mit Landesverteidigung zu tun, zu der speziell die Taliban als Wahlboykotteuere und Wahlbehinderer am allerwenigsten legitimiert sind, auf jeden Fall weniger als die offizielle Regierung trotz aller Legitimations- und Korruptionsprobleme.

     

    Der talibanische Terror ist wahnhafte Bestialität, die allenfalls durch die Kleinkariertheit der Urheber, völlig verirrten infantilen Trotz oder grausame Familiengeschichte ein wenig verständlicher werden kann, aber nie und nimmer entschuldbar ist.

     

    Das ins Autistische und Irrationale gehende Wüten der Taliban ist ähnlich gefährlich wie der Faschismus und darf sich nicht ausbreiten.

     

    Aber mit Deutschland hat das höchstens insofern zu tun, als es hier Erfahrungen mit besonderer politischer Bestialität (Dreißigjähriger Krieg, Nazikriege, Nazivölkermord) gibt.

  • WW
    wem wohl?

    SOFORT RAUS DA! RÜCKZUG!

     

    Ach, stimmt ja... Ich heiße ja nicht Jung oder Merkel oder was man sonst noch für 'nen Namen braucht um Mist zu bauen. Also macht doch was Ihr wollt... Frauen befreien oder sonst was. Träumer!

  • J
    jens

    na endlich, war auch ein langer und weiter Weg von Kambodscha aus.

  • N
    Nobilitatis

    "... ging es in diesem Fall auch nicht darum, Gewalt gegen Bundeswehrsoldaten oder gegen die afghanische Bevölkerung abzuwehren oder zu verhindern; und es gab, ... , keinerlei Druck, innerhalb kurzer Zeit Entscheidungen zu treffen."

     

    Auf Basis welcher Informationen schätzen Sie das so ein? Das erscheint mir völlig widersinnig, das genaue Gegenteil dürfte der Fall sein. Fragen Sie sich doch mal, warum die Taliban die Tanklaster entführt haben.

  • JO
    Jürgen Orlok

    Wer sich noch an eine Äußerung der OberGrünen Kühnast in Fernsehdiskussion vor kurzem erinnert ... Sinngemäß sagte sie , wir Deutschen kämpften in Afganistan auch für die Befreiung der Frau !!!!

    Ein perfekter Kriegsgrund ....

    Zu Kolonialzeiten kämpften die Agressoren für ein Vermenschlichung der Barbaren ...

    Mit MultiKulti ist eben nur Folklore gemeint, nicht Kultur !

    Was ist schlimmer :

    Grüne Mörder in ihren ParlamentsSesseln

    oder

    NeoNazis, die noch selber Hand anlegen ????

  • GH
    G. H. Pohl

    Gelegentlich sollte man Mitmenschen den Spiegel vorhalten.

    Es ist erstaunlich, wie es Leuten vom Schlage eines Eric Chauvistré immer wieder gelingt, Untaten islamistischer Terroristen (keine Kombattanten!), die nach wie vor Männer, Frauen und Kinder terrorisieren und umbringen, wenn sie nicht nach deren Vorstellungen leben wollen, völlig aus dem Blickfeld zu verdrängen.

    Diese Leute verhelfen ein ums andere Mal den Terroristen zu Siegen.

    Wie das geht? Beispiel:

    Man ermorde zwei Lkw-Fahrer und raube die Fahrzeuge mit Kerosin (bekannt „gute“ Wirkung, besonders auf Menschen).

    Es ergeben sich zwei Optionen:

    1. Man mische sich zielgerichtet unter die Zivilbevölkerung, um den Gegner zum Eingreifen zu provozieren. Deren (erwünschte) Verluste werden – wie Herr Chauvistré es beliebt – den eingreifenden Truppen, und nicht den eigentlichen Verursachern angelastet.

    Erwünschte Folge:

    Sensationsgierige Presse, Politiker vom Schlage „ich bin Politiker, ich habe jede Meinung die mir nützlich ist“, Herr Chauvistré und Leute gleicher/ähnlicher Gesinnung entrüsten sich.

    Gratulation. Besser kann man Terroristen nicht unterstützen.

    2. Man nehme diese Lkw mit Kerosin, fahre sie in eine Stadt in welcher eine arglose Bevölkerung friedlich ihren Gepflogenheiten nachgeht und bringe sie möglichst inmitten einer großen Menschenmenge zur Explosion.

    Reaktion:

    Man nimmt das „schlimme Ereignis“, vielleicht sogar mit Bedauern, zur Kenntnis.

  • K
    Karl

    Es erscheint ein wenig deplaziert, unabhängig von der moralischen Wertung, gewaltsame Konflikte ohne Opfer zu erwarten.

     

    Zudem ist es als Kriterium für die Wirksamkeit von CAS angebracht die Effekte aufzulisten. Eine systematische Bewertung der Material- und Personenverluste/Schäden ist dazu üblich.

     

    Da nun sämtliche Parteien den Sachverhalt subjektiv darstellen, ist leider von Ferne nicht zu klären ob nur "Kombattanten" betroffen waren oder nicht. Die Fotos vom Zielgebiet geben dafür nicht genug her.

     

    Immerhin mag die Überlegung greifen, warum sich zur angegebenen Zeit besonders viele Unbeteiligte nahe von Fahrzeugen aufgehalten haben sollten, die gerade aus einer Gefechtssituation kommen. Auch die lokale Bevölkerung wird sich nicht leichtfertig in Lebensgefahr begeben?

     

    Karl

  • V
    vic

    Wer die Parteien wählt die Lou genannt hat, macht sich mitschuldig. Fuck the Army, German oder US spielt keine Rolle.

  • W
    Werner

    Deutschland steht im Krieg. Das stimmt leider. Aber hat denn "Deutschland" den Tanklaster überfallen und den Treibstoff zu stehlen begonnen? Hat "Deutschland" Bomben die afghanischen Wahlen geworfen?

     

    Es wäre gut, wenn Herr Chauvistré sich über die Fakten und Zusammenhänge informieren würde, ehe er Kriegspropaganda für die Talibanterroristen macht, bei denen die UN-Menschenrechte von vorn herein nicht gelten.

  • F
    Fritz

    Ein armseliger und eindimensionaler Kommentar. Wofür brauchen die Taliban das Benzin? Um damit ihren Kampf gegen die UNO-Truppen und die afghanische Regierung fortzusetzen - womit fahren denn die Pickups, mit denen Sprengfallen und Talibankämpfer transportiert werden? Soll man sich den Diebstahl einfach gefallen lassen und hoffen, dass schon alles gut gehen wird? Laut BBC haben die Taliban 2 der Fahrer geköpft - das zeigt, mit welcher Sorte Mensch man es dort zu tun hat. Hier kommt man nur mit Härte weiter. Wenn dabei afghanische Zivilisten (hier offenbar beim Diebstahl von NATO-Eigentum) getötet werden ist das zwar bedauerlich aber eben die kaum vermeidbare und im Sinne des Erfolgs der Mission hinzunehmende Folge des von der Bundeswehr im Namen der Völkergemeinschaft geführten richtigen und "gerechten" Kriegs gegen den totalitären Abschaum der Islamfaschisten (und dass es ein solcher ist, ist die einzige richtige aber auch überflüssige weil allgemein bekannte Aussage des Kommentars.)

  • L
    Lou

    ...Deutschland steht mitten im Krieg. Mitten in Vietnam.

    Danke Rot/Grün, Danke Schwarz/Rot.Auch ein Dank an die FDP die unterstützt.

    Wie Herr Chauvistre schrieb: die Anzahl der Toten als Gradmesser eines 'Erfolges'. Widerlich.

    Vor einigen Tagen hat Herr Gabriel bei 'Hart aber Fair' von den vielen in Afghanistan noch zu 'befreienden' Frauen gefaselt....