Neue Mobilfunk-Frequenzen: Kleinanbieter fühlen sich benachteiligt

2010 findet eine Auktion von Mobilfunklizenzen statt, die die legendäre UMTS-Versteigerung von 2000 in den Schatten stellen könnte. Im Vorfeld zanken sich die Anbieter über das Prozedere.

Neue Frequenzen für neue Masten. Bild: ap

Für die großen Mobilnetzbetreiber in Deutschland ist es nachträglich immer noch ein Schockerlebnis: Aus heutiger Sicht nur schwer nachvollziehbare 50 Milliarden Euro gaben sie im Sommer 2000 bei der inzwischen legendären UMTS-Frequenz-Auktion aus. Der Hype ums künftige mobile Internet war damals gigantisch.

Dabei lagen die möglichen Datenraten mit UMTS anfangs mit 384 Kilobit pro Sekunde noch deutlich unter Festnetz-DSL. Es dauerte schließlich weitere vier Jahre, bis der kommerzielle Betrieb mit der Technik überhaupt beginnen konnte; erst heute gilt sie mit bis zu 7,2 Megabit pro Sekunde als ausgereift.

Im Frühjahr nächsten Jahres könnte die Aufregung rund um neue Mobilfunkfrequenzen erneut aufflammen. Dann nämlich will die Bundesnetzagentur die nächste große Versteigerung starten. Diese dient mehreren Zwecken. Zum einen werden Bänder angeboten, die den bestehenden Mobilfunkanbietern erlauben, ihre Abdeckung zu erhöhen, wovon insbesondere die kleineren Anbieter E-Plus und O2 profitieren könnten.

Zum anderen soll Deutschland fit gemacht werden für die Standards der nächsten Jahre, darunter den UMTS-Nachfolger "LTE" ("Long Term Evolution"), der Spitzendatenraten von bis zu 300 Megabit pro Sekunde verspricht. Bei der Auktion kommen außerdem Teile der so genannten "digitalen Dividende" unter den Hammer. Das sind Frequenzbereiche, die zuvor von analogen Funkdiensten wie Militär und TV genutzt wurden und nun für die Digitalisierung bereitstehen.

Besonders diese gelten als geeignet, Versorgungsprobleme in ländlichen Regionen zu lösen, deren Behebung sich die Bundesregierung in ihrem Breitbandprogramm auf die Fahnen geschrieben hat.

Ironie der Geschichte: Die bei der 2010er-Versteigerung unter den Hammer kommenden Frequenzblöcke sind deutlich umfassender als einst bei der UMTS-Auktion 2000. Die Bundesnetzagentur spricht gar von ihrem "Beitrag zum Konjunkturpaket". Trotzdem erwartet kaum ein Beobachter, dass es zu einem ähnlich verrückten Bietermarathon kommt.

Bislang wird vor allem erwartet, dass die übrig gebliebenen großen Anbieter T-Mobile, Vodafone, E-Plus und O2 zu den Hauptinteressenten zählen. Trotzdem ist es gut möglich, dass der ein oder andere Investor kurzfristig mitbietet. Auch ganz neue Firmen könnten die Chancen nutzen, in das lukrative Mobilfunkmarkt einzusteigen – die allerdings auch schnell wieder verschwinden können, wie das Beispiel UMTS-Auktion zeigt. So wurde etwa aus der UMTS-Partnerschaft von Mobilcom und France Telecom ebenso wenig, wie aus dem ganz neuen Anbieter Quam (dessen Mutter Telefonica ist allerdings inzwischen über O2 im deutschen Markt vertreten).

Doch noch streiten sich die Anbieter darüber, wie das Vergabeverfahren für die neuen Frequenzen aussehen soll. Zunächst hatte sich im Juni E-Plus beschwert, eine Tochter der niederländischen Telekom KPN. Das Unternehmen sieht in den vorgelegten Bedingungen einen Eingriff zu Lasten der kleinen Anbieter auf dem Markt.

So fürchtet die Firma, dass die beiden Branchenführer Vodafone und T-Mobile sich zu üppige Frequenzpakete sichern könnten. Die Argumentation: Dadurch würde der Wettbewerb, der historisch sowieso schon die frühen Player bevorzugt, weiter zu deren günsten verschoben. Tatsächlich besitzen T-Mobile und Vodafone eine bessere Abdeckung als O2 und E-Plus, weil sie mit niedrigeren Frequenzbändern angefangen haben, die weiter tragen; diese durften sich die "Kleinen" erst später besorgen.

In dieser Woche meldete sich nun O2 mit seiner Lageeinschätzung zu Wort. Die Tochter der spanischen Telefonica fürchtet ebenso wie E-Plus eine Benachteiligung. Deshalb müssten im Vergabeverfahren die Frequenzen, die die "Großen" ersteigern könnten, weiter beschränkt werden. "Die D-Netzbetreiber sind durch ihren frühen Markteintritt bei der Frequenzverteilung unter ein Gigahertz besser gestellt", sagte Markus Haas, für Regulierungsfragen zuständiger Geschäftsführer, auf einer Pressekonferenz in Berlin.

"Die anstehende Frequenzauktion bietet die einmalige Chance, diese Benachteiligung zu beseitigen, damit wir beim Breitbandausbau auf dem Land weiterkommen und es weiter fairen Wettbewerb im Mobilfunk gibt." O2 fordert entweder eine Gleichverteilung der vorhandenen Frequenzen, etwa durch einen Tausch der GSM-Spektren. Ansonsten sei nur eine "harte Spektrumskappe" sinnvoll, die dafür sorgt, dass keiner der Anbieter zu viele Frequenzen erhält, so Haas weiter.

Wie der Streit ausgeht, werden die nächsten Monate zeigen. Aktuell sammelt die Bundesnetzagentur noch Stellungnahmen. Mit der eigentlichen Versteigerung wird im ersten oder zweiten Quartal 2010 gerechnet. Dann könnte noch im nächsten Jahr der Ausbau beginnen.

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