Norwegen vor der Wahl: Rot-Rot-Grün droht Niederlage

Kurz vor der Wahl liegt die Koalition in Umfragen zurück. Zulegen dürfte die rechtspopulistische "Fortschrittspartei" - doch die findet wohl keine Regierungspartner.

"Morna Jens! Heia Jensen!" - Heißt es wirklich "Tschüss Jens" für Norwegens Ministerpräsidenten Stoltenberg? Bild: dpa

STOCKHOLM taz | Stimmen die letzten Meinungsumfragen, wäre das in Norwegen seit 2005 erstmals erprobte rot-rot-grüne Modell bereits wieder am Ende. Zwischen 90 und 95 der 169 Sitze im Storting würden danach auf die vier bürgerlichen Oppositionsparteien entfallen. Stoltenbergs Sozialdemokraten kämen nur noch auf 29 statt 32 Prozent wie vor vier Jahren, und die "Fortschrittspartei" würde von 22 auf knapp 25 Prozent zulegen. Die Mehrheit für Rot-Rot-Grün wäre weg.

"Morna Jens! Heia Jensen!" - tschüss, Jens, willkommen Jensen -, so das Motto der "Fortschrittspartei", muss damit aber noch lange nicht Wirklichkeit werden. Für eine Ministerpräsidentin vom äußersten rechten Rand des Parteienspektrums gäbe es nämlich noch einige Hürden zu nehmen. Abgesehen davon, dass sich Meinungsumfragen in Norwegen in der Vergangenheit als äußerst unzuverlässig erwiesen haben, hätte Siv Jensen, selbst wenn sie tatsächlich die Stimmen eines Viertels der WählerInnen gewinnen könnte, ein Problem: Keine der übrigen Parteien will unter ihrer Führung in einer Koalition zusammenarbeiten. Jedenfalls wenn die im Wahlkampf gemachten Aussagen Bestand haben.

Danach könnte sich zwar die konservative Høyre, zweitstärkste bürgerliche Partei, durchaus eine Koalition mit der "Fortschrittspartei" vorstellen - darin hat man Erfahrung auf kommunaler Ebene in der Hauptstadt Oslo -, allerdings nur, wenn ihre eigene Vorsitzende Erna Solberg Regierungschefin würde.

Die Christdemokraten und die liberale Venstre wiederum wollen gar nicht mit der Jensen-Partei, hätten allerdings nichts dagegen, wenn diese einer bürgerlichen Minderheitsregierung an die Macht verhelfen würde. Bloße Steigbügelhalterin will Siv Jensen aber nicht mehr sein: "Fordert man die etablierten Parteien heraus, dauert es natürlich eine Zeit, bis man als gleichberechtigt akzeptiert wird", sagt sie: "Aber nun muss das so weit sein."

Gegen Jensen und die mögliche rechtspopulistische Bedrohung für eine anständige Ausländerpolitik und eine verantwortungsvolle Finanz- und Umweltpolitik sowie eine dann anstehende Privatisierungswelle für den staatlichen Sozialsektor führten Sozialdemokraten, Linkssozialisten und das grüne Zentrum weite Teile ihres Wahlkampfs. Rot-Rot-Grün steht in der Gunst der WählerInnen deshalb nicht besser da, weil man trotz voller Staatskassen viele Wahlversprechen gerade im Sozialbereich nicht gehalten hat. Binnen fünf Jahren ist die Zahl der Kinder, die im reichen Norwegen in Armut leben von 50.000 auf 85.000 gestiegen. "Da haben wir ganz einfach versagt", gibt Kristin Halvorsen, Linkssozialistenvorsitzende und Finanzministerin zu.

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