Polizei-Kennzeichnung: Polizisten sollen nicht anonym bleiben
Fast alle Parteien sprechen sich dafür aus, dass Polizisten mit Name oder individueller Nummer identifizierbar sind. Die CDU hält dagegen - sie macht sich Sorgen um Privatsphäre der Beamten.
Eine ganz große Kaolition im Abgeordnetenhaus hat sich klar für eine verpflichtende, individuelle Kennzeichnung von Polizisten ausgesprochen. Sowohl die innenpolitischen Sprecher aus SPD und Linkspartei als auch von Grünen und FDP befürworteten am Donnerstag die Kennzeichnung als Teil einer "bürgernahen" Polizei.
Anlass war ein Antrag, mit dem die CDU die von Polizeipräsident Dieter Glietsch vorangetriebene Kennzeichnungspflicht noch verhindern wollte. Der innenpolitische Sprecher der CDU, Robbin Juhnke, nannte als Begründung vor allem Sicherheitsbedenken. Schon jetzt würden im Internet Namen und Fotos von Polizisten "zur Verfolgung freigegeben". In dem Antrag heißt es: "Eine allgemeine Kennzeichnungspflicht würde ihre Privatsphäre weiter einschränken."
Juhnke führte zudem an, dass ihm kein Fall bekannt sei, bei dem die Aufklärung an der unmöglichen Identifizierung des Polizisten scheiterte. Dem widerspricht allerdings eine Studie des FU-Professors Klaus Rogall, der im Auftrag des Polizeipräsidenten im vergangenen Jahr 143 Fälle aus 2006 und 2007 untersuchte. Rogall kam damals zu dem Ergebnis, dass in zwölf Fällen trotz "schlüssiger Strafanzeige" der entsprechende Beamte nicht ermittelt werden konnte.
Die Redner von SPD und Linkspartei stützten sich vor allem auf andere sensible Bereiche des öffentlichen Dienstes, in denen die Mitarbeiter namentlich auftreten würden. "Es ist in einem demokratischen Rechtsstaat selbstverständlich, dass sich alle Bürger über die Verwaltung und ihre Mitarbeiter beschweren können, wenn sie sich falsch oder ungerecht behandelt führen", sagte Thomas Kleineidam, innenpolitischer Sprecher der SPD. Benedikt Lux (Grüne) ergänzte, dass keinesfalls massenweise falsche Anzeigen zu erwarten seien: "Jeder, der offenkundig rechtswidrig jemanden anzeigt, wird selbst verfolgt."
Die FDP plädierte im Einzelfall für austauschbare Nummern. Diese würden die Identifizierung von Beamten ermöglichen und gleichzeitig vor einer systematischen Verfolgung Einzelner schützen. Der CDU-Antrag wurde in einen Ausschuss verwiesen, er hat keine Chancen auf eine Mehrheit. Die Kennzeichnungspflicht, die zusammen mit den neuen Polizeiuniformen kommen soll, ist somit nicht in Gefahr.
Die Debatte um eine Kennzeichnungspflicht hatte sich nach einer Demonstration im September neu entzündet. Damals hatten Demonstranten per Video dokumentiert, wie Polizisten anscheinend grundlos einem Mann unter anderem ins Gesicht schlagen. Der Betroffene gab später an, zuvor nach der Dienstnummer eines Beamten gefragt zu haben.
Leser*innenkommentare
schmiddie
Gast
Zitat von Müller: "Aber der Spaß hört auf, wenn das erste mal der schwarze Block im Vorgarten steht, dein Auto brennt und die ersten ungerechtfertigten Anzeigen ins Haus flattern, nur weil im Einsatz mal einer deinen Namen aufschnappen konnte."
Das ist doch lächerlich. Sollte die Polizei echt solche Angst vorm Bürger haben? Ich denke das sich jeder Polizist, genau wie jeder andere Mensch auch, gegen unberechtigte Vorwürfe und gegen Straftaten gegen ihn wehren kann. Auf Grund des Jobs sicher sogar besser als der Normalbürger.
Für mich ist der einzige Grund für den Wiederstand gegen die Kennzeichnung die Befürchtung, dass der Spass dann vorbei ist. Das einem Polizisten sein Fehlverhalten tatsächlich nachgewiesen werden kann und er deswegen nichtmehr uneingeschränkt das lokale Gesetz spielen kann. Momentan ist die mentalität unter Polizisten verbreitet das sie die Befehlsgewalt gegenüber jedem Bürger haben ohne sich für ihre Befehle oder schlimmer, ihre Gewaltanwendung zur Umsetzung der selbigen rechtfertigen zu müssen.
Müller
Gast
Das mag ja für den einen oder anderen hier Anlass zu geben, das ganze ins Lächerliche zu ziehen. Aber der Spaß hört auf, wenn das erste mal der schwarze Block im Vorgarten steht, dein Auto brennt und die ersten ungerechtfertigten Anzeigen ins Haus flattern, nur weil im Einsatz mal einer deinen Namen aufschnappen konnte. Der Gläserne Polizist - ein toller Plan! Hier spricht ja keiner von Vermummung - nur von "Gleiches Recht für alle". Die Herren Politiker sind ja Gott sei Dank gut geschützt vor Angriffen Missmutiger - dank Polizeischutz (... demnächst mit Schildchen)!
Von Meyer
Gast
Ich stimme Müller zu. Jedoch sollten nicht nur Polizisten Anonym ihren Dienst verrichten sondern auch alle anderen Staatsbeamten. Lehrer z.B., sonst könnten sie im Internet diffamiert werden. Oder auch Behördenmitarbeiter. Schließlich geht es mich ja nix an, wer mir den Stempel auf mein Dokument setzt. Es ist völlig unverantwortlich die Möglichkeit zu schaffen jemanden der im Staatsdienst steht zu identifizieren. Sinnvoller wäre es, dass alle Polizisten grundsätzlich vermummt arbeiten. So kann auch verhindert werden das ein Beamter wiedererkannt wird. Den Judenstern Vergleich spare ich mir mal, da er in der Diskussion bestimmt noch auftaucht.
Müller
Gast
Ich finde eine Kennzeichnungspflicht greift über Gebühr in die Persönlichkeitsrechte der Polizeibeamten ein. Dieses Vorhaben steht völlig aus Verhältnis. Um die Identität einer Person festzustellen bedarf es gesetzlich klar geregelter Eingriffsermächtigungen. Bei nicht vorliegen einer solchen Ermächtigung handelt der Beamte rechtswidrig und greift in die Grundrechte des Betroffenen ein. Aber Beamten soll dieses Grundrecht aberkannt werden. Fehlt dann nur noch, dass sich Polizeibeamte in zivil ebenfalls kennzeichnen müssen. Die Polizisten sagen sicher "Danke für so viel Rückendeckung, es macht Freude für dieses Land zu arbeiten".Vielleicht sollte sich der eine oder andere Politiker mal eine Nacht auf einen Funkwagen setzen. Nach dem Motto "Willkommen in der Realität".