Neue Polizeiserie im ZDF: Made in Denmark

"The Protectors - Auf Leben und Tod" (So., 22 Uhr, ZDF) ist trotz des Titels mehr als eine weitere Krimi-Reihe. Es ist einfach gutes Fernsehen.

Jasmina El Murad (Cecilie Stenspil) kämpft um einen Platz in der Sondereinheit. Bild: zdf

Was tut ein Personenschützer, wenn er den ihm anvertrauten Verteidigungsminister zu einer Frau begleitet, die a) nicht nur nicht die Frau des Verteidigungsministers, sondern b) auch noch die kulturpolitische Sprecherin der größten Oppositionspartei ist? Er lächelt. Hält die Klappe. Und hofft, dass der Verteidigungsminister nicht noch größeren Mist baut.

Denn genau das hat schon einer der Truppe mit dem Leben bezahlt: Igor. Der hatte den dänischen Verteidigungsminister Henrik Skelbaek (Henrik Prip) nach Bagdad begleitet, wo der Politiker zum Jahreswechsel bei den im Irak stationierten dänischen Sicherheitskräften gut Wetter machen sollte. Doch um ungestört mit seiner Geliebten Eva Enevoldsen (Helene Egelund) daheim in Kopenhagen telefonieren zu können, schleicht sich Skelbaek in der Silvesternacht aufs Dach der dänischen Botschaft, und Ibro, der ihn schützen muss, kommt dabei um.

Ein Leibwächterschicksal, aus dem das ZDF etwas arg reißerisch den Titel "Protectors - Auf Leben und Tod" für den neuesten Dänenkrimi aus der erfolgverwöhnten Serienabteilung des öffentlich-rechlichen dänischen Fernsehens schmiedet.

Trotz Igors Tod lässt der Ansturm auf den nächsten Durchgang zur Sonderausbildung für die Personenschützer bei der dänischen Polizei nicht nach, und diesmal ist auch ein Frau dabei: Jasmina El-Murad (Cecilie Stenspil), Tochter einer aus politischen Gründen aus Ägypten geflohenen Familie, eine "neue Dänin". Die Stress mit der eigenen, in den muslimischen Traditionen stärker verwurzelten Schwester hat. Und natürlich mit den anderen 19 testosterongesteuerten drahtigen Jungs in ihrer Ausbildungseinheit, denen sie als Frau und Muslima gleich im doppelten Sinne nicht geheuer scheint.

"Es ist vollkommen egal, wie sehr du dich anstrengst, eine Dänin zu werden - es wird immer einer da sein, der bereit ist, dir ein Messer in den Rücken zu stecken", gibt ihr die Schwester liebevoll mit auf den Weg. Das klingt arg pathetisch, doch "Protectors" ist viel zu schnell, als das solche Szenen peinlich wirken könnten. Denn Igors Vater, ein Veteran des Kriegs im ehemaligen Jugoslawien, denkt nicht daran, sich mit dem Tod seines Sohnes abzufinden. Aufgabe der Personenschutz-Spezialeinheit ist nun aber nicht bloß die klassische Leibwächterei - das Team um Leon Jensen (Thomas W. Gabrielsson) und Polizeichefin Benedikte Tønnesen (Ellen Hillingsø) hat gleichzeitig auch noch aufzuklären, wer und was hinter den Versuchen steckt, ihren prominenten Schützlingen nahe - zu nahe - zu kommen.

Dabei heraus kommt ungemein packendes Fernsehen. Mit einer Rasanz und Komplexität, wie sie in Deutschland bislang nur der "Kriminaldauerdienst" (KDD) erreicht hat, dem das ZDF aber keinen so passenden Sendeplatz wie den "Protectors" spendiert. Auch die in der üblichen deutschen TV-Krimi-Ware gern ins leicht konsumierbar-bräsige abgleitende Privatgeschichten der Ermittler sind hier - auch das ist wieder eine Parallele zu "KDD" - gekonnt in die Handlung verwoben.

Selbst für sarkastischen Humor ist noch Platz, und so wandert die von der Abteilungssekretärin für den bewunderten Boss Leon täglich liebevoll geschnitzte Obstauswahl in dessen Büro immer gleich in den Müll. Gesunde Kost und heile Welt sind nun mal nicht so das Ding von "Protectors"-Produzent Sven Clausen (siehe Interview) und dem Autorenerfolgsteam Peter Thorsboe und Mai Brostrøm, die dem ZDF von 2005-2007 schon "Der Adler" bescherten.

"Protectors" ist sogar noch realer, fast dokumentarisch gefilmt - und dem deutschen Durchschnittskrimi haushoch überlegen. Dass das ZDF nun schon zum dritten Mal als Koproduzent fürs dänische Fernsehen auftritt, spricht Bände. Aber es ist gut angelegtes Geld.

Denn "Protectors" ist Fernsehen in Kinoqualität, gerade von den Drehbüchern her: "Wir nehmen uns sehr viel Zeit für Drehbücher, an der Danish Film School ist ein ganzes Semester der Arbeit an TV-Serien vorbehalten", sagt Produzent Clausen. Und so schreiben Leute, die gerade noch mit Lars von Trier gearbeitet haben, ein oder zwei Folgen "Protectors" - und drehen danach wieder ihren nächsten Kinofilm.

"Diese Brücke zwischen Film und Fernsehen ist einzigartig", sagt Clausen selbstbewusst - er und das nur fünf Produzenten starke Team von Danmarks Radio sind gerade mal wieder für den Internationalen Emmy-Award, die höchste US-Fernsehauszeichnung, nominiert. Es ist das sechste Mal seit 2002.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.