Chef der NRW-Linken: "Pietätlose Diskussion"

Der Chef der nordrhein-westfälischen Linken, Wolfgang Zimmermann, über Oskar Lafontaine und das Programm seiner Partei vor der Landtagswahl.

Oskar Lafontaine spricht beim Parteitag der NRW-Linken. Bild: dpa

taz: Herr Zimmermann, Parteichef Oskar Lafontaine ist erkrankt. Die Kandidaten, die von einem Parteitag am Wochenende für die NRW-Wahlen im Mai nominiert werden sollen, sind unbekannt. Wie wollen Sie den Sprung in den Landtag schaffen?

Wolfgang Zimmermann: In den Landtag werden wir es am 9. Mai auf jeden Fall schaffen. Oskar Lafontaine wird seine Arbeit als Bundesvorsitzender im Januar wieder aufnehmen und uns im Wahlkampf unterstützen. Unsere potenziellen Kandidatinnen und Kandidaten in NRW sind auch nicht unbekannter als die vor den Landtagswahlen in Hamburg, Bremen oder Niedersachsen – und da haben wir die Fünfprozenthürde deutlich übersprungen. Und was unsere Inhalte angeht: Da vertreten wir die Interessen unserer politischen Bündnispartner aus Gewerkschaften, Sozialverbänden und sozialen Bewegungen.

SPD und Grüne halten die Linke in NRW dagegen für "weder koalitions- noch regierungsfähig".

Wolfgang Zimmermann (59) ist seit 2005 Chef der Linkspartei in Nordrhein-Westfalen. Er gehört dem NRW-Landesvorstand der Gewerkschaft Ver.di an und vertritt die Strömung der antikapitalistischen Linken.

Das ist alles Wahlkampfgetöse. SPD und Grüne haben NRW bis 2005 zehn Jahre lang gemeinsam regiert und trotzdem die soziale Selektion von Schülerinnen und Schülern im hiesigen mehrgliedrigen Schulsystem nicht beendet, Langzeit-Studiengebühren eingeführt und als größte Landesverbände Schröders Agenda 2010 überhaupt erst möglich gemacht. Wenn beide jetzt die Privatisierung öffentlichen Eigentums stoppen, die Schule für alle einführen und die Studiengebühren abschaffen wollen, freuen wir uns darüber, dass sie einsichtig zu werden scheinen.

Wie soll CDU-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers abgelöst werden, wenn sich SPD, Grüne und Linke gegenseitig Unfähigkeit attestieren? Warum fordert die Linke ein nicht finanzierbares Investitionsprogramm ?

Was unser viel kritisiertes Programm angeht: Die etwas provokative Formulierung "Recht auf Rausch" haben wir herausgenommen. Inhaltlich fordern wir – wie die Grünen schon vor Jahren - die Gleichstellung von Alkohol- und Cannabiskonsum. Die Forderung nach einem Investitionsprogramm ist angesichts der Wirtschaftskrise Beschlusslage unserer Partei auf Bundesebene. Aber ein solches ist auch auf der Landesebene notwendig. Finanziert werden kann das zum Beispiel durch die Wiedereinführung der Vermögensteuer und die Rücknahme der Senkung der Unternehmensteuern. Und was die Vergesellschaftung von Monopolstrukturen etwa in der Energieversorgung angeht: Der Stromversorger RWE etwa war jahrelang in öffentlicher Hand. Was soll daran so schlimm sein? Die Überführung von Unternehmen mit monopolartiger Stellung in Gemeineigentum ist doch sogar im Artikel 27 der NRW-Verfassung vorgesehen.

Über den Eintritt in eine Regierung wollen Sie Ihre Mitglieder entscheiden lassen. Die Wähler werden also nicht wissen, ob sie Rot-Rot-Grün bekommen, wenn sie die Linke wählen?

Die Wählerinnen und Wähler wissen: Wir stehen für das Ende der asozialen Umverteilungspolitik von unten nach oben. Wir stehen für einen grundlegenden Politikwechsel im Interesse der Mehrheit der Menschen in diesem Land. Wir werden sehen, ob SPD und Grüne bereit sind, diesen Wechsel mit zu tragen. Eine Garantie für ein bestimmtes Bündnis gibt es doch offensichtlich sowieso nicht – das haben doch die Wahlen im Saarland oder in Hamburg gezeigt, wo die Grünen jetzt mit der CDU regieren.

Selbst der Bundesgeschäftsführer der Linken, Dietmar Bartsch, scheint Ihren Landesverband für nicht regierungsfähig zu halten - und rät zu Professionalisierung. Wird die Lafontaine-Nachfolgedebatte Ihren Personalparteitag prägen?

Nein. In unserem Landesverband steht eine überwältigende Mehrheit hinter unserem Parteivorsitzenden Lafontaine. Die jetzt von einigen in der Partei losgetretene Nachfolgediskussion ist völlig unangebracht und vor dem Hintergrund seiner Erkrankung pietätlos.

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