Blutprofile überführen Dopingsünder: Saftige Indizien

Wie im Fall Pechstein der indirekte Dopingnachweis über das Blutprofil der Eisschnellläuferin gelungen ist.

Claudia Pechstein wurde aufgrund eines indirekten Dopingnachweises gesperrt. Bild: ap

BERLIN taz | Doping wurde in der Vergangenheit idiotensicher nachgewiesen: Wer eine verbotene Substanz in seinem Blut oder im Urin hatte, der galt als überführt. Zur Sicherheit wurde neben der A-Probe noch eine B-Probe analysiert. Galten beide Proben als "positiv", enthielten sie also Spuren von Anabolika, Stimulanzien oder Epo, so musste der Athlet mit einer zweijährigen Sperre rechnen. Diese direkte Methode des Dopingnachweises ist nach wie vor aktuell, doch die internationale Antidoping-Agentur (Wada) hat in diesem Jahr auch den indirekten Nachweis zugelassen.

Dieser ist im Fall Pechstein relevant, denn eine verbotene Substanz wurde in den Körpersäften der Olympiasiegerin nicht gefunden. Der Court of Arbitration for Sport, also das internationale Sportschiedsgericht in Lausanne, musste sich auf das Blutprofil der Eisschnellläuferin beziehen und dieses als Indiz für Doping heranziehen, um die Sperre der Sportlerin nun zu bestätigen.

Pechsteins Profil wird seit dem Jahre 2003 vom Weltverband ISU geführt. Es wurden regelmäßig verschiedene Blutwerte der Berlinerin gemessen - so etwa der Hämatokritwert, der die Anteile von flüssigen und festen Bestandteilen im Blut misst. Hier zeigten sich keine Auffälligkeiten. Überdies wurde der Hämoglobinwert bestimmt, also der Anteil roter Blutkörperchen. Hier zeigten sich zwei auffällige Werte: Am 6. Februar 2004 rangierte Claudia Pechstein mit 16,5 Gramm pro Deziliter in einem Grenzbereich, am 1. März 2007 wurde erneut ein hoher Wert von 16,1 gemessen - jeweils ein Hinweis auf mögliches Blutdoping.

Doch entscheidend in dem Verfahren waren die Messungen von Pechsteins Retikulozytenwerten. Retikulozyten, kurz Retis, sind frisch gebildete rote Blutkörperchen. Der Anteil von Retis am Gesamtblutvolumen beträgt etwa 2 Prozent. Bis zum 17. November 2007 zeigten sich bei Pechstein keine Auffälligkeiten, jedenfalls keine, die auf Epo-Doping hindeuteten, dann aber wurde ein Wert von 3,75 ermittelt. Es kamen noch drei weitere Extremwerte aus dem Februar dieses Jahres hinzu: 3,49, 3,54 und 3,38, alle gemessen im norwegischen Hamar. Der Weltverband ISU sperrte die Deutsche durch den indirekten Dopingnachweis, da der Anstieg auf eine Manipulation mit Epo hindeutete. Epo stimuliert die Blutbildung und führt zu einem starken Anstieg der Retis. Nach deren Reifung zu roten Blutkörperchen steigt der Hämoglobingehalt, das Blut wird dickflüssiger und kann mehr Sauerstoff in die Muskeln transportieren.

Ein Absetzen von Epo indes lässt die Retis stark abfallen. Genau das passierte auch bei Pechstein; nur 11 Tage nach den Hamar-Werten wurde ihr Blut abgezapft. Und siehe da: Der Reti-Wert lag nur noch bei 1,37 Prozent. Pechsteins Schwankungsbreite ist insgesamt enorm - sie reicht von 1,0 bis 3,75 Prozent. Auffällig sind auch eine Reihe niedriger Reti-Werte. Diese dienen als Hinweis auf Eigenblutdoping. Das heißt: Der Athlet spendet sich zur Leistungssteigerung selbst Blut, das ein paar Monate im Kühlschrank gelagert hat. Logischerweise enthält es keine frischen roten Blutkörperchen.

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