Kommentar Bleiberecht: Keine Großtat

Die Innenminister haben die Bleiberechtsregelung für langjährig geduldete Flüchtlinge verlängert und die Kriterien dafür erleichtert. Doch sie sind noch immer zu streng.

Die Innenminister haben die Bleiberechtsregelung für langjährig geduldete Flüchtlinge um zwei Jahre verlängert und die Kriterien dafür erleichtert. Für viele der über 30.000 Betroffenen, die bislang nur eine Aufenthaltserlaubnis auf Probe erhalten haben, ist das eine gute Nachricht. Einige erhalten nun ein Bleiberecht, obwohl sie ihren Lebensunterhalt nicht "weitgehend selbst" bestreiten können - was bislang verlangt wurde. Für die anderen bedeutet die Entscheidung zumindest einen Aufschub für zwei Jahre. Das ist mehr, als gemeinhin von den Innenministern erwartet wurde. Doch eine "humanitäre Großtat", wie sie Hessens CDU-Innenminister Bouffier verkündet hat, sieht anders aus.

Denn damit werkeln die Innenminister lediglich an einem Problem herum, das sie selbst geschaffen haben: Die Kriterien für das Bleiberecht waren - und sind - schlicht zu streng. Wie sollen Menschen, die jahrelang nicht arbeiten durften und deren Qualifikationen nicht anerkannt wurden, plötzlich ihren Lebensunterhalt bestreiten? Das wäre ohne Wirtschaftskrise schwierig genug, heute ist es für viele unmöglich. Zumindest das haben die Innenminister eingesehen.

Es reicht aber nicht. Denn zehntausende Geduldete, die ebenfalls seit vielen Jahren in Deutschland leben und nicht abgeschoben werden können, fallen gar nicht unter die Bleiberechtsregelung. Sie erfüllen die starren Kriterien nicht - und sei es nur, weil sie den Stichtag knapp verpasst haben.

Doch auch sie werden bleiben. Und brauchen deshalb eine Chance für eine gesicherte Zukunft in Deutschland. Deshalb sollte der Bundestag den zweijährigen Aufschub nutzen, um eine umfassende Bleiberechtsregelung zu erarbeiten. Das käme einer humanitären Großtat schon etwas näher als die vorsichtige Korrektur der Innenministerkonferenz.

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Jahrgang 1966, Politikwissenschaftlerin und Journalistin. Seit 1998 bei der taz - in der Berlin-Redaktion, im Inland, in der Chefredaktion, jetzt als innenpolitische Korrespondentin. Inhaltliche Schwerpunkte: Union und Kanzleramt, Rechtspopulismus und die AfD, Islamismus, Terrorismus und Innere Sicherheit, Migration und Flüchtlingspolitik.

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