Kolumne Parallelgesellschaft: Die Politikaster sind wach
In Kopenhagen suchen die Analysten wieder nur danach, ob fundametales geändert wird.
D as liest man in diesen Tagen häufig: dass der Klimawandel, natürlich schlimm und bös, nicht persönlich zum Guten gewendet werden kann. Persönlich? Das sind, so lautet die Unterstellung, jene, die sich für die Kopenhagener Klimadiplomatie eher weniger erwärmen können, sondern mehr für die Idee, dass durch politische Absprachen zwischen Ländern, zwischen Armen und Reichen, gar nichts gewonnen wäre, um die Erde bewohnbar zu halten.
Es sind Menschen, die aus modischen oder lebensstilästhetischen Erwägungen mehr auf den privaten Entwurf setzen. Öko leben, so gut es geht, nicht nur räsonnierend schwatzen. Nicht auf das Politische warten, sondern beim Einkauf, beim Wohnen, beim Reisen sich von der industriellen Lebensweise absetzen.
Lohas werden sie genannt, und in diesem Wörtchen schwingt bereits das Ressentiment mit, dass sie sich das Gute im Leben nur deshalb organisieren können und wollen, weil sie mehr haben als andere, über mehr Mittel verfügen, materiell und kulturell. Privat lasse sich gar nichts bewegen, mit dem Einkaufskorb in der Hand lasse sich kein Lebensmittelmulti, kein Staat, kein Konzern überhaupt zu irgendetwas Besserem bewegen.
Denn, so lautet das Argument gegen die privaten Strategien für ein besseres Leben, keine Systemfrage werde berührt, nichts Grundsätzliches erwogen, denn der Blick auf das Fundamentale bleibe trüb, wird nicht das große Ganze ins Visier genommen.
Man konnte das in den letzten Wochen gut verfolgen. Zunächst hieß es, Kopenhagen bringe eh nichts, dann doch, irgendwas werde herauskommen, inzwischen glauben die Kommentatoren nichts mehr genau, sie halten ihre Einschätzungen vage: Vielleicht kommt doch was heraus. Aber unabhängig von dieser Ratlosigkeit bleibt bei mir doch der Eindruck: Einerlei, um welches globale Anliegen es geht, die Analysten des Politischen, gerade aus dem restlinken Milieu, suchen nur danach, ob etwas Grundlegendes geändert wird. Egal ob Abrüstungsverhandlungen, Klimakonferenzen, UN-Foren zu Frauen und Kindern und Alten und überhaupt.
Stets bleibt bei uns der Eindruck, all diese Foren würden garantiert keine Konsequenzen haben, denn es seien keine Strukturen angetastet worden, nichts Fundamentales geändert. Die eventuell kleinen Fortschritte, nun ja, die seien vielleicht okay, aber, eben, sie änderten nichts am Fundament des Schlechten.
Ein Muster, das immer Haare in der Suppe sieht, und zwar schon dann, wenn diese nicht einmal gar ist. Immer wird mit dieser Haltung das Mögliche verworfen - zugunsten eines Sicheren, nämlich der Unberührbarkeit des Übels an sich. Ein gutes Leben im schlechten? Undenkbar! Eine Verbesserung des Jetzt in kleinen Schritten - und sei es durch das Einschrauben von Ökoglühbirnen? Lächerlich. Berührt doch keine Strukturen, ist doch nur kapitallogisch - und eben nicht revolutionär.
Wir warten jetzt mal Kopenhagen ab. Machen unser Lebenstempo sachter. Und prosten den Strukturanalytikern, den ewig andere Verdrießenden, zu: Das Leben ist prima, so oder so!
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