Elbwirtschaft: Elbe vertiefen - jetzt bis nach Dresden

Den Ausbau des Flusses für mehr Gütertransporte zum und vom Hamburger Hafen kann sich die Bundesregierung vorstellen. Die Norddeutsche Hafenwirtschaft unterstützt die Pläne, der BUND lehnt sie ab.

Manche sehen hier Kühe an der Elbe. Andere schon Container auf der Elbe. Bild: dpa

Wenn es um die Schiffbarkeit der Elbe geht, ist Thomas Lütje rasch mit an Bord. "Die Ertüchtigung der Elbe ist der richtige Weg zu einer ökologisch sinnvollen und ökonomisch wettbewerbsfähigen Binnenschifffahrt", verkündete am Montag der Vorsitzende des Vereins zur Förderung des Elbstromgebietes. Dieser bei der Hamburger Handelskammer zur Untermiete residierende Verein ist die Lobbyorganisation von über 100 Logistikunternehmen sowie der regionalen Industrie- und Handelskammern entlang des Flusses. Mehr Binnenschifffahrt zwischen dem Hamburger Hafen und dem ostdeutschen und tschechischen Hinterland setze allerdings "stabile Schifffahrtsbedingungen" voraus, mahnt Lütje, im Hauptberuf Geschäftsführer der Container Terminals der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA).

Damit reagiert die norddeutsche Hafenwirtschaft auf Überlegungen der Bundesregierung, die Oberelbe bis hinter Dresden für schwerere Schiffe passierbar zu machen. Von 2011 an könnten auf dem Fluss oberhalb des Stauwehrs Geesthacht Schiffe mit drei statt zwei Lagen Containern fahren, hat der Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, der Cuxhavener CDU-Abgeordnete Enak Ferlemann, in Aussicht gestellt.

"Die Straßen und Schienen stoßen an ihre Kapazitätsgrenzen", will Ferlemann erkannt haben, deshalb müssten Transporte auf den Fluss verlagert werden. "Wir müssen den Reedern eine Wassertiefe von 1,60 Meter garantieren", glaubt er und versichert zugleich, "ein Ausbau der Elbe ist aber nicht geplant."

Für Ernst Paul Dörfler vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) ist das ein Zeichen von "geballter Inkompetenz". Ferlemann schüre mit "nebulösen Formulierungen und irreführenden Aussagen" ungerechtfertigt Hoffnungen auf zunehmende Transporte auf dem Wasserweg. Es gebe einen nachweisbaren Trend zu immer häufigerem Niedrigwasser in der Elbe, berichtet der Leiter des BUND-Elbebüros in Magdeburg.

Schon seit 20 Jahren sei die angestrebte Mindesttiefe von 1,60 Metern in durchschnittlich vier Monaten im Jahr nicht gegeben. Der Klimawandel werde das Problem des Niedrigwassers noch verschärfen. Deshalb hält Dörfler Behauptungen für irreführend, die Elbe könne "ohne kanalartigen Ausbau ganzjährig und garantiert befahrbar gemacht werden".

Dörfler weist auch darauf hin, dass selbst das dem Bundesverkehrsministerium unterstehende Bundesamt für Güterverkehr den Elbeausbau als wirtschaftlich nicht sinnvoll eingestuft hat. Diese Einschätzung teilt auch der Wirtschaftswissenschaftler Hans-Ulrich Zabel von der Universität Halle. Kosten und Nutzen eines Ausbaus der Elbe stünden "in einem extremen Missverhältnis", hat Zabel errechnet: "Jeder durch eine intensivere Schifffahrt eingesparte Euro an Transportkosten würde mit Schäden in Höhe von 20.000 Euro erkauft werden."

Der Nutzen der Bauarbeiten beliefe sich lediglich auf 4,6 Millionen Euro im Jahr, die ökonomischen und ökologischen Gesamtkosten allerdings auf 86 Milliarden Euro. Zabel hat in seiner volkswirtschaftlichen Analyse auch das Austrocknen von Auwäldern, Ertragseinbußen in der Landwirtschaft sowie Einbußen im Tourismus mit berechnet.

Acht Häfen am Oberlauf der Elbe werden nach den Statistiken von Hamburg Hafen Marketing je zweimal pro Woche mit Container- und Schwergutfrachtern angelaufen. Die beförderte Menge von 12,2 Millionen Tonnen im Jahr 2008 entspricht nach Berechnungen von Zabel weniger als einem Prozent aller Güter, die in der Region an der Oberelbe befördert würden. Die Schifffahrt auf der Elbe, so sein Fazit, "ist wirtschaftlich bedeutungslos geworden".

Eben diese "Statistenrolle" müsse beendet werden, fordert nun die Hamburger Handelskammer. Die Elbe biete sich "hervorragend für Transporte in Richtung der Wachstumsmärkte in Mittel- und Osteuropa an". Und deshalb hält Thomas Lütje die Kritik des BUND für "unangemessen". Es sei doch "lediglich die Glättung vereinzelter Sandbänke erforderlich".

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