Polnische Minderheit in Weißrussland: Spannungen zwischen Warschau und Minsk
Nachdem im Belarus ein polnischer Kulturverein vom Staat schikaniert wurde, droht Polen mit dem Einreiseverbot weißrussischer Politiker. Auch die EU fordert ein Ende der Repression.
BERLIN taz | In Weißrussland wächst erneut der Druck auf die dort lebende polnische Minderheit. Wegen der Teilnahme an einer nicht genehmigten Protestaktion verurteilte ein Gericht in der Stadt Grodno am Montag die Vorsitzende der Union der Polen in Weißrussland (ZPB), Angelika Borys, zu einer Geldstrafe von umgerechnet 360 US-Dollar. Drei weitere führende Mitglieder des Verbands müssen jeweils für fünf Tage ins Gefängnis.
Anlass für die Demonstration am 10. Februar war die Räumung der ZPB-Büros in der Stadt Ivyanets durch die örtlichen Behörden. Die Entmietung war am Montag Gegenstand eines weiteren Gerichtsverfahrens in Voloschin. Auf dem Weg zu der Verhandlung wurden bis zu 40 Unterstützer der ZPB festgenommen.
Die ZPB, die derzeit rund 20.000 Mitglieder hat, bemüht sich vor allem darum, die polnische Sprache und Kultur der rund 400.000 Polen in Weißrussland zu fördern. 2005, nach der Wahl von Angelika Borys zur Vorsitzenden, wurde der Organisation ihre Registrierung entzogen.
Dafür erhielt eine andere, der autoritären Regierung hörige Vertretung der Polen, die Union weißrussischer Polen, eine Zulassung. Deren Chef, Stanislaw Syamaschka, soll bei den Behörden interveniert haben, die ZPB aus ihrem Gebäude zu vertreiben, um die Räumlichkeiten selbst nutzen zu können.
Das Vorgehen gegen die ZPB stieß auf heftige Kritik. Mitte vergangener Woche forderte der Präsident des EU-Parlaments, Jerzy Buzek, Minsk auf, die drastischen Maßnahmen gegen die polnische Minderheit einzustellen. Am gleichen Tag wurde Polens Botschafter in Weißrussland nach Warschau zurückberufen.
Zu Wochenbeginn wurde der Ton schärfer. Polnischen Medienberichten zufolge soll Polens Außenminister Radoslaw Sikorski seinem weißrussischen Amtskollegen Sergei Martynow ein Schreiben an Staatschef Alexander Lukaschenko übergeben haben. Sollte Minsk weiter die Rechte der polnischen Minderheit verletzten, werde Warschau eine Liste mit Namen weißrussischer Regierungsvertreter vorbereiten, denen die Einreise nach Polen verweigert werde. Eine entsprechende Empfehlung werde auch an Brüssel gehen.
Im März 2009 war ein Einreiseverbot gegen Lukaschenko und andere Vertreter des Regimes für weitere neun Monate ausgesetzt worden. Damit solle eine vorsichtige Öffnung des Landes gegenüber dem Westen honoriert werden, hieß es zur Begründung.
Leser*innenkommentare
rose
Gast
Was passiert eigentlich in Deutschland,wenn "Vertreter" einer ethnischen Minderheit regelmässig in der Botschaft eines anderen Landes zum Befehlsempfang antreten?
Interessant ist auch die Tatsache,das sich die deutschen Medien um die ethnischen Polen sorgen,die in Weissrussland leben.Obwohl denen weder die Bürgerrechte verwigert,noch Sprache und Kultur unterdrückt werden.
Eben jene Medien,wozu auch die taz gehört,die absolut blind ,taub und stumm sind,wenn es um die russischsprachige Minderheiten in den baltischen Staaten Estland und Lettland geht.Denen die Bürgerrechte verweigert werden mit der Begründung,sie seien "Nichtbürger".Menschen,denen Strafen drohen,wenn sie ihre Muttersprache in der Öffentlichkeit gebrauchen und von der "Sprachenpolizei" dabei ertappt werden.Denen bestimmte Berufe verboten sind,die in Ghettos abgedrängt
werden,die in fast allen Bereichen der Gesellschaft diskriminiert werden.
Wenn es um eine von Warschau gesteuerte Organisation in Weissrussland geht,erinnert man sich in der taz an "Menschenrechte".Menschenrechtsverletzungen in Ländern,die zu unseren"Verbündeten" gehören, sind allerdings kein Thema.Der Volksmund nennt so was Heuchelei!
Peter Bitterli
Gast
Die "polnische Minderheit" in Weissrussland ist das, was die ukrainischen Nationalisten in der Ukraine, die Kroaten, Bosnier etc. und zuletzt die Kosovaren in Jugoslavien, die Tibeter in China, die Ungarn in Rumänien usw. sind und waren: das Vehikel, auf das die CIA aufspringt, wenn es darum geht, unabhängige Staaten "befreien" zu helfen. Genau deswegen werden die ja dort auch nicht mit Samthandschuhen angefasst; weil das Regime besser informiert ist als das hiesige Lesepublikum. Und die TaZ sieht wieder einmal rein garnix!