Senator Günthner: "Günthner kann Bremerhaven"

Muss ein Senator vom Fach sein oder "Politik können"? Darüber gab es eine kontroverse Debatte vor der Wahl des neuen Wirtschaftssenators Martin Günthner (SPD).

Martin Günthner (links) kurz vor seiner Wahl in den Senat mit Wirtschafts-Staatsrat Heiner Heseler Bild: Klaus Wolschner

Mit 45 Stimmen bei 37 Gegenstimmen wurde der SPD-Abgeordnete Martin Günthner (34) gestern in den Senat gewählt. Er soll dort die Zuständigkeiten für Wirtschaft und Justiz übernehmen, nachdem Ralf Nagel sein Amt sehr kurzfristig niedergelegt hatte. Wie es bremische Parlamentstradition ist, stellte sich Günthner nicht selbst vor, er durfte kein politisches Programm präsentieren und sich nicht einmal gegen Angriffe verteidigen. So wurde "über ihn" geredet.

Björn Tschöpe, der SPD-Fraktionsvorsitzende, verteidigte den Personalvorschlag der SPD gegen den Vorwurf fehlender beruflicher Erfahrung mit der Feststellung: "Wir wollen eine politische Führung dieses Ressorts." Bremen habe erlebt, was der Verzicht auf politische Erfahrung bedeuten kann - etwa bei dem CDU-Senator Peter Gloystein. Das wolle die SPD nicht wiederholen. Zudem sei es wichtig, dass die "Sichtweise der Seestadt" im Senat vertreten sei, und Günthner "kann Bremerhaven". Günthner habe einen "für seine Generation nicht untypischen Studienverlauf", sagte Tschöpe zu dem Vorwurf, dass der Kandidat die Uni ohne Examen verlassen hatte. Im Wirtschaftsressort gehe es nicht immer nur um "Schanghai", sondern vor allem um bremische Unternehmer und Arbeitnehmer, mit denen man sprechen müsse, sagte Tschöpe. Günthners Dialogbereitschaft sei "optimal" für dieses Amt. Er habe "gute Berater" und die Fähigkeit, "auf diese Berater zu hören".

"Wir brauchen keinen Azubi, sondern ein wirtschaftspolitisches Konzept", konterte Uwe Woltemath (FDP) auf diese Kandidatenvorstellung. Und CDU-Chef Thomas Röwekamp meinte, ein jugendliches Alter und pfiffige Zwischenrufe dürften nicht ausreichen, um in Bremen Senator zu werden. Bei einer Wahl Günthners sei in Zukunft der Umweltsenator der Mann mit dem größten wirtschaftlichen Sachverstand im Senat.

Röwekamp forderte einmal mehr, der Jurist Jens Böhrnsen (SPD) solle das Justizressort übernehmen - in keinem anderen Bundesland gebe es einen Justizminister ohne juristische Kenntnisse. Derzeit nicht, räumte Tschöpe ein, allerdings sei das nicht immer so gewesen: In Schleswig-Holstein war der CDU-Politiker Harry Carstensen Justizminister - von Beruf ein Bauer. Während Röwekamp kein böses Wort über die Justizpolitik des Nicht-Juristen Ralf Nagel sagte, kritisierte er ausführlich das fehlende wirtschaftspolitische Profil des Senats.

Matthias Güldner (Grüne) wies vor allem dies zurück. Er verwies auf die Entwicklung der Überseestadt, die Bedeutung der Windenergie-Branche und das neue City-Konzept - da gehe es um Projekte, die nachhaltig über Jahre betrieben würden. Dagegen seien die Bilanzen der CDU-Wirtschaftssenatoren wie Peter Gloystein oder Jörg Kastendiek "eher dürftig".

Die Grünen hätten "kräftig geschluckt", als der Name Günthner für das Wirtschaftsressort fiel, räumte Güldner ein. Der SPD-Politiker habe sich in der Vergangenheit oft zu Lasten der Grünen profilieren wollen. Er setze nun aber auf eine kollegiale Zusammenarbeit.

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