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Protesttag gegen KopierschutzKontrollwütige Konzerne

Open-Source- und Netzaktivisten laden für Mai zu einem Aktionstag gegen das so genannte digitale Rechtemanagement. Dieses wird bei Nutzern immer unbeliebter.

Die Anti-DRM-Aktivisten fürchten geschlossene Plattformen wie das iPad. Bild: dpa

BERLIN taz | Wenn Medienkonzerne Inhalte ins Netz stellen oder als physische Datenträger verkaufen, fürchten sie Raubkopierer. Aus diesem Grund setzen sie seit Jahren auf das so genannte digitale Rechtemanagement, kurz DRM: Kopierschutzverfahren, die im Internet-Zeitalter direkt an den Nutzer gebunden sind. Open-Source- und Netzaktivisten schmeckt das gar nicht: Sie fürchten, dass DRM immer mehr zum Gängelband wird, das Kunden einschränkt und ihnen vorschreibt, was sie mit den von ihnen rechtmäßig bezahlten Inhalten tun können.

Die Aktivistengruppe "Defective by Design" will ihrem Missfallen nun mit einem Aktionstag Ausdruck verleihen: Am 4. Mai lädt sie zusammen mit der Free Software Foundation, der Open Rights Group und Mitgliedern der Electronic Frontier Foundation zum internationalen Protest. Dabei sollen insbesondere die Entwicklungen der letzten zehn Jahre in den Mittelpunkt gestellt werden. "DRM entzieht den Nutzern die Kontrolle und liefert sie den Konzernen aus", meint Jim Killock, Sprecher der Open Rights Group, einer britischen Gruppierung, die sich für Bürgerrechte im digitalen Zeitalter einsetzt.

Die Ablehnung durch die Nutzer hat zumindest im Musikbereich bereits zu Änderungen geführt. Dort werden die meisten Songs in großen Online-Läden wie Amazon MP3 oder Apple iTunes inzwischen ganz ohne Kopierschutz verkauft, was bedeutet, dass sie sich auf nahezu jedem Gerät problemlos abspielen lassen. Auch wirtschaftlich hat sich das augenscheinlich gelohnt: Der Verkauf digitaler Musikware boomt im Vergleich zur physischen CD noch immer.

Hollywood will sich dagegen nicht erziehen lassen und setzt nach wie vor auf harsche DRM-Maßnahmen - sowohl auf DVDs und Blu-rays (die nach aktueller europäischer Rechtslage nicht einmal mehr auf den Rechner kopiert werden dürfen), als auch bei Download-Diensten. So kann man einen Film, der bei iTunes erstanden wurde, nicht auf einem Windows-Handy abspielen, sondern nur mittels iPod oder iPhone - umgekehrt unterstützen zahlreiche Online-Videotheken nur das Windows-Format, was wiederum Nicht-PCs ausschließt.

Die Anti-DRM-Aktivisten fürchten außerdem neue, geschlossene Plattformen wie das iPad. Dort hat mit dem Hersteller Apple nur ein einziges Unternehmen die Gatekeeper-Funktion inne, was an Software auf das Gerät darf. So entschied Apple kürzlich beispielsweise, dass man verhältnismäßig harmlose Erotik-Anwendungen auf seinem System nicht mehr dulden will. Deutsche Verlage fürchten bereits, dass auch redaktionelle Inhalte zensiert werden könnten. Auch hier greift digitales Rechtemanagement: Alle Anwendungen auf iPhone, iPod touch und iPad sind mittels DRM gesichert. Nur so behält Apple die Kontrolle.

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11 Kommentare

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  • J
    johannes

    Ich erinnere mich ich das erste mal was von DRM mitgekriegt habe: Nachdem ich ein paar selbstaufgenommene Songs von einem Rechner auf einen anderen kopieren wollte, konnte ich sie nicht mehr abspielen. Ich wurde aufgefordert für meine eigene Musik die echte zu kaufen!

     

    soviel zum Thema Userkomfort

  • UN
    Unser Name

    Beachtet werden muss doch bei aller Liebe zu den armen Konzernen, dass das Internet mittlerweile die demokratischste aller kulturellen und sozialen Plattformen darstellt. Nicht weil sie sich dazu entwickelt hat, sondern weil alle anderen sich von demokratischen Strukturen verabschieden. Damit sind auch staatliche und zivilgesellschaftliche Institutionen gemeint.

    DRM-Rechte sind sicherlich ein gutes Mittel um Raubkopiererei usf. zu begrenzen, aber sie bilden einen ersten Schritt zur Vermarktlichung und Inwersetzung grundlegender Bedürfnisse des Menschen. Denn es ist klar, dass sich zukünftiges soziales, kulturelles und vielleicht auch ökonomisches Leben im Internet abspielen wird. Was mit Musik beginnt (auch auf Youtube werden die Rechte massiv eingeschränkt), geht mittlerweile auf Onlineangebote von Informationsmedien, wie Zeitungen, über.

     

    Nach und nach wird das Internet nicht nur ein kontrolliertes und kontrollierendes System, sondern auch ein exkludierendes, das nicht zahlfähige oder dem industriellen Mainstream (siehe iPod, Windows gegenüber Linux usw.)angepasste Menschen und Gruppen ausschließt. Der "Markt" setzt hier fort, was er in der Realwirtschaft schon vollbracht hat. Sollen also nur bemittelte und konforme Menschen Zugang zu Kultur und Information erhalten?

     

    Wer sich eine CD kauft, kann sie sein Leben lang wo und wann er will abspielen, sie weitergeben usw. Mit DRM ist das nicht mehr möglich. Das bedeutet letztendlich, dass ein einzelnes Produkt doppelt und dreifach vermarktet wird und sich der Benutzer dieser Strategie durch die Ausweitung und Verschärfung des "DRM-Regimes" auf viele digitale Bereiche nicht mehr wird entziehen können.

  • P
    p.selbst

    he, Blogo, die Alternative gegen Kopierschutz bei Software lautet OPEN SOURCE, eine der wichtigsten Institutionen der OpenSourceBewegung ist die im Artikel genannte Free Software Foundation. Wesentliche OpenSourceProjekte: Linux-basierte Betriebssysteme (für PC z.B. Ubuntu, OpenSuse; für Mobiltelefone android, maemo), Programme wie OpenOffice.org, GIMP etc, sogar eine ganze Reihe Spiele. Einfach mal win bisschen auf wikipedia.org (freie Enzyklopädie) rumstöbern...

    Und einfach keinen Unsinn verbreiten, bitte.

  • K
    Klaus

    Google Books verstößt selbst massiv gegen Urheberrechte. Andere Konzerne tun es gleich, indem sie Ideen klauen und als eigene ausgeben.

     

    Hier geht es nicht darum allgemein Urheber zu stärken, hier geht es nur darum für sich selbst den maximalen Nutzen/Profit rauszuholen.

     

    Speziell zur Musikszene möchte ich noch sagen, dass diese es nicht anders verdient hat. Das Management hat über Jahre hinweg fehlgewirtschaftet, Investitionen in Bands und Techniken vernachlässigt, die Kunden gegängelt, zu hohe Preise verlangt, billige Wegwerfware angeboten, Konsumenten durch uneinheitliche Standards verunsichert, usw. usw. usw. Viele meiner Lieblingsbands wurden von ihren Labels gedropt, weil die Verkäufe zwar gut, aber nicht gut genug waren. Ich - als Musikliebhaber - habe der Musikindustrie fast nichts zu verdanken. Außerdem hat diese in den 80ern über ihre Verhältnisse gelebt; die jetzigen Einbrüche sind nur ein Schrumpfen auf das Normalmaß.

  • F
    Flo

    "Über geschlossene Systeme bei Spielen etwa regt sich niemand auf."

     

    Das stimmt nicht. Grade hier regen sich seit 1-2 Jahren fast mehr Menschen auf, als bei anderen Sachen. Allein auf Amazon gab es für einige Spiele schon vor Release Hunderte 1-Sterne Bewertungen weil der Kopier"schutz" in keinster Weise mehr hinnehmbar ist. Guck dir z.B. mal GTA 4 an. Dort gibt es aktuell noch 411 1* Bewertungen, Spore 158x1*, Far Cry 2 208x1* usw usf. Auch jedes Spielemagazin klärt bei seinen Spieletests seit dem über verwendete Mechanismen auf. Ich würde sagen, dass grade in der Spielewelt das Thema heißer ist, als fast überall anders. Ich behaupte sogar das es dort längst eine ganz entscheidene Sache ist, die massiv über Kauf oder nicht Kauf entscheidet.

  • RL
    Richtig lebende Schnecke

    Eine Mitschuld daran tragen die Kunden!

    Wer meint sich diesen ganzen nutzlosen IntelligenzTelefonAnwendungsGängelMüll kaufen zu müssen hat's nicht anders verdient.

    Holt Euch nur das was Ihr wirklich braucht und wollt, denkt daran:

     

    Das reale Leben besteht nicht aus Bezahlcontent und digitaler Medienberieselung. Auch wenn Marktradiakale Euch das einschädeln wollen.

     

    neben-bey: bin selbst in der Medienproduktion tätig.

  • MN
    Mein Name

    Der Hohn sind zZ Offline-Computerspiele, die aber nur mit Netzzugang spielbar sind, da damit eine ständige Kontrolle stattfindet. Diese Spiele sind dann auch nicht mehr gebraucht verkaufbar.

    Private Sicherheitskopien sind ja sowieso ausgeschlossen.

    Ich werde für so eine Gängelung jedenfalls keinen Euro auf den Ladentisch legen.

  • MN
    Mein Name

    »Kopierschutzverfahren, die im Internet-Zeitalter direkt an den Nutzer gebunden sind. Open-Source- und Netzaktivisten schmeckt das gar nicht: Sie fürchten, dass DRM immer mehr zum Gängelband wird, das Kunden einschränkt und ihnen vorschreibt, was sie mit den von ihnen rechtmäßig bezahlten Inhalten tun können«

     

    Mei, das klingt ja so harmlos, was die arme, von Raubkopierern geschröpfte Musikindustrie da tut… Das kann denen doch keiner überlnehmen? Schließlich müssen diese Leute doch auch leben… Mei, und wenn man schon mal Musik kauft, dann ist das doch völlig in Ordnung, wenn die auf einige wenige Kopien beschränkt ist… Überhaupt was soll denn diese Kopiererei … Die arme arme Musikindustrie… Und mei des mit dem Entzug von gekauftem Eigentum, des tun die Konzerne ja nur zu unserem Besten, ned…?

  • B
    Blogo

    Alle reden über Kopierschutzmaßnahmen bei Musik und Film. Aber was ist mit Computerprogrammen und Spielen? Hier sind Kopierschutzmaßnahmen jeder Art seit eh und je Gewohnheit. Über geschlossene Systeme bei Spielen etwa regt sich niemand auf. Warum nicht? Weil die meisten sog. Netzaktivisten ihr Geld mit Software, Spielen etc. entweder verdienen oder gerne verdienen würden. Da gilt plötzlich die ganze Freiheitsmoral nichts mehr. Aber bei kreativen Leistungen, von denen sie selbst nichts verstehen, Musik, Film, Büchern, die sie aber gerne umsonst nutzen wollen, denn darauf läuft hier ja alles hinaus, bei solchen Leistungen soll aller Leistungsschutz Teufelszeug sein. Das Unangenehmste ist dabei die Verlogenheit und Heuchelei, mit der hier Freiheitslieder angestimmt werden, wo es doch nur darum geht, etwas umsonst zu bekommen, was nicht umsonst ist.

  • O
    Otmar

    DRM ist wie im echten Leben.

     

    Auch Menschen achten darauf, vertrauliche Informationen vor dem Zugriff Fremder zu schützen.

     

    So schützt DRM eben besonders wertvolle Informationen, die wertlos werden können, wenn zu oft kopiert wird. (zugegeben frühere DRM-Versionen waren zu wenig konsumnah)

     

    Bedenke, wenn Musikstücke oder Filme nicht mehr gekauft werden, lohnen sich Investitionen sie zu erstellen nicht mehr. Im Extremfall gäbe es dann keine Musik oder Filme mehr.

     

    Außerdem merken Anbieter, wenn ihre Produkte bei zu "viel DRM" nicht mehr gekauft werden. Der Einsatz von DRM regelt sich, wie schon praktiziert, über den Markt.

     

    Was den iPad betrifft, so kann jeder App-Anbieter - wie bei iPhone/iPod - den Apple-Shop an der kritischen Stelle umgehen. Man ist mit einer kostenlosen App dabei, aber Download und Bezahlfunktionen werden über eigene Internet-Funktionalität gesteuert.

     

    Jüngste Beispiele sind Google Voice und das neue Spiegel App für das iPhone.

     

    Zudem wird gerade mit HTML5 eine Programmierumgebung eingeführt, die die Abhängigkeit von Apps auf Smartphones wesentlich reduziert, wenn nicht sogar abschafft.

     

    Also kein Grund zur Aufregung!

     

    Otmar Cürten

     

    California

    http://keshoo.com

  • H
    Hubert

    Der Sündenfall war die "Aktivierung" von Windows XP. Microsoft hat's vorgemacht, andere Hersteller haben nachgezogen. Mittlerweile gibt es z.B. im Bereich Musiksoftware fast nur noch Challenge/Response-Kopierschutz. Während Microsoft wenigstens noch Aktivierung und Registrierung getrennt behandelt (Aktivieren *muss* man, Registrieren *kann* man) ist bei vielen Herstellern z.B. im Bereich Musiksoftware die kurze Leine angesagt.

     

    Was bei mir dazu geführt hat, dass ich mir nun ganz genau überlege, was ich wirklich brauche und was nicht.