Janine Hamilton bekommt Pass: Links und deutsch geht doch
Das Land Niedersachsen wollte sie nicht einbürgern, weil sie in der Linkspartei ist. Nun bekommt Jannine Menger-Hamilton doch einen deutschen Pass.
Nun ist sie doch nicht zu links, um deutsch zu ein. Die Linkenpolitikerin Jannine Menger-Hamilton wird im April eingebürgert. Das hat ihr am Mittwoch Hauke Jagau (SPD), Präsident der Region Hannover, am Telefon eröffnet, eine schriftliche Bestätigung erhielt die in Celle geborene 31-Jährige vorweg per E-Mail. "Ich war erst nur geplättet", sagte Menger-Hamilton der taz.
Am Vormittag hatte der Landtag in Hannover über den Fall debattiert, genauer: über die extreme Verfahrensdauer und die Eingriffe des Innenministers. Uwe Schünemann (CDU) musste mittlerweile zwei persönliche Unterrichtungen einräumen. Zunächst hatte er jede Kenntnis des Vorgangs geleugnet.
Den Antrag hatte Menger-Hamilton 867 Tage zuvor gestellt. Laut Gesetz hat die Tochter einer Italienerin und eines Briten Anspruch auf Einbürgerung. Normalerweise sind solche Fälle in sechs Monaten abgearbeitet. Menger-Hamilton aber, zuvor SPD-Mitglied und Juso-Landesvorsitzende, war 2007 zur WASG gewechselt. Heute arbeitet sie in Kiel als Sprecherin der Linksfraktion.
In Schleswig-Holstein wäre ihre Einbürgerung Routine gewesen. Aber in Niedersachsen, ihrer Heimat, beobachtet der Verfassungsschutz ihre Partei. Ihr Antrag geriet zum Politikum: Die Fachaufsicht mahnte die Kommunalbehörde, "nicht vor einer abschließenden Abstimmung" einzubürgern. Diese verhinderte der Geheimdienst durch acht Interventionen. Im Januar teilte er mit, es könne "kein Interesse bestehen, eine Person einzubürgern, die Mitglied einer Partei ist, zu deren Grundlage der Marxismus" gehört: Die Agenten hatten die Website der Rosa-Luxemburg-Stiftung Niedersachsen aufgespürt. Da sitzt Menger-Hamilton im Vorstand.
Mit Unbehagen war auch aus konservativen Kreisen auf den Vorgang geschaut worden: Garrelt Duin, der wegen seines rigiden Rechts-Kurses Ende Mai den Vorsitz der Niedersachsen-SPD abgeben muss, hatte sich unerwartet in die landespolitische Debatte eingeschaltet und Schünemanns Verhalten als "Akt staatlicher Willkür" gegeißelt. Aus Kiel warnte Ex-Bundesjustizminister Edzard Schmidt-Jortzig (FDP), "der Antragstellerin allein aus der Parteimitgliedschaft einen Strick zu drehen". Selbst wenn es bei der Zweifel gebe - "das alleine darf es nicht sein", so der Staatsrechtler.
Die schwarz-gelbe Koalition im Landtag indessen ordnete die Versäumnisse allein Jagau als Chef der Kommunalverwaltung zu - was der mit Unverständnis quittierte: "Wir haben uns höchstens vorzuwerfen", sagte er, "dass wir nicht früh genug den Mut hatten, gegen die Weisungen der Aufsichtsbehörde zu handeln." Schünemann bestreitet deren Existenz. Doch das hält auch Menger-Hamilton für unglaubwürdig: "Die Hinweise in den Akten sind eindeutig", sagte sie. Auch in der Frage der persönlichen Kenntnis habe Schünemann ja "sein Gedächtnis wiedergefunden".
Leser*innenkommentare
KlippKlapp
Gast
1. dieses "links/rechts" Denken koennte man auch langsam mal in den Gulli der Geschichte kippen.
2.Ob sich in der Linkspartei noch etwas mehr Inkompetenz hinzuaddiert, nimmt sich nu auch nix mehr.
@Samira
Tja, auch Hipochonder werden schon mal krank.
Davon abgesehen werden alle moeglichen Leute von allen moeglichen Leuten beobachtet. Man muss nicht immer gleich wegen jeden Bloedsinn ne Panikattacke kriegen.
Triggeri
Gast
Taz,
das habt ihr gut gemacht. Ich denke ohne Eure Berichterstattung hätte sich der Fall nicht so glücklich entwickelt.
Weiter so.
vic
Gast
Schlimm genug, dass man in einem demokratischen Staat um eine Selbstverständlichkeit kämpfen muss.
Erst lügen, dann "einräumen", weit verbreitet in rechtsbürgerlichen Parteien.
Es zeigt sich immer öfter; nicht die Linken haben Probleme mit der Einhaltung der Verfassung. Es sind die Neokonservativen innerhalb der FDP und CDU/CSU.
Salvador
Gast
"Linksradikal und deutsch geht doch" wäre wohl die passende Überschrift. Wer die Arbeit des Verfassungsschutzes per se in Frage stellt, muss auch konsequenterweise dessen Abschaffung fordern. Aber der soll ja nur nach rechts treten und links blind sein. Ich danke der TAZ, dass sie diesen Sachverhalt genauso differnziert betrachtet.
Shefmeister
Gast
__ Diese verhinderte der Geheimdienst durch acht Interventionen. Im Januar teilte er mit, es könne "kein Interesse bestehen, eine Person einzubürgern, die Mitglied einer Partei ist, zu deren Grundlage der Marxismus" gehört __
Komisch, ich dachte immer, der Marxismus hätte bei der Gründung der SPD ebenfalls eine Rolle gespielt.
Nahum
Gast
Einen "Anspruch" auf deutsche staatsbürgerliche Eingliederung existiert eigentlich nicht, vielleicht wenn Du EU - Ausländer bist ?!
Aber sehr interessant, das die taz diese Geschichte veröffentlicht !
Ob es auch aus diesem Grund (Mitgliedschaft bei den Linken) zu Berufsverboten kam, wäre auch interessant. Die Linke sind ja völlig legitim, und Gysi sowieso, auch wenn Friedmann lauthals postulierte, das G. nicht Bundestagskonform sei...
Man sollte Friedmann für seine kalte Schnauze "ausbürgern" ! Haha (Sorry, bin kein Mitglied bei den L.)
felix krull
Gast
"es könne "kein Interesse bestehen, eine Person einzubürgern, die Mitglied einer Partei ist, zu deren Grundlage der Marxismus gehört"
Sehr richtig: man muss den Anfängen jeder radikalen Ideologie wehren. "Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch."
teodoro
Gast
Und was sagt die Besatzungsmacht zu dieser Entwicklung ?
Samira
Gast
Und da werden 'Linke', die sich beobachtet fühlen, von Psychologen als krank eingestuft! 'Sie leiden unter Verfolgungswahn', das wurde tatsächlich zu einer Bekannten gesagt...
"Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren." B. Franklin