FC-Bayern-Münchens Pleite: Harmlos, hilflos, leidenschaftslos
Der FC Bayern München gewinnt auswärts wieder nicht. Nach der Last-Minute-Niederlage bei Eintracht Frankfurt stehen Trainer Louis van Gaal und sein Hang zur Jugend in der Kritik.
Harmlos, hilflos, leidenschaftslos
FRANKFURT/M. taz Es hat sicherlich etwas Gutes, dass in den geräumigen Katakomben der Frankfurter Arena wütende und fluchende Fußballprofis ohne Umwege direkt in die Kabine flüchten können. Nach der Last-Minute-Pleite bei einer wie entfesselt kämpfenden und spielenden Frankfurter Eintracht legte Pressechef Markus Hörwick größten Wert darauf, dass es vom FC Bayern an diesem Tag keine Statements in verschwitzten Trikots gab. Sonst wäre wohl nur das herausgekommen, was Verteidiger Holger Badstuber beim Rückweg vom Rasen entfleuchte: "So ein Scheiß!"
Gerechterweise war auf der Zielgeraden eine lethargische und leidenschaftslose, ja unmotivierte und uninspirierte Münchner Vorstellung mit den späten Toren der eingewechselten Juvhel Tsoumou (87.) und Martin Fenin (89.) bestraft worden. 1:2 statt 1:0 (Miroslav Klose, 7.). Und wer den Bayern Böses wollte, erinnerte an den Mai 1999, als Manchester United in ähnlich furiosem Finale gegen die Münchner die Champions League gewann. Zwei Tage zuvor war dem FC Bayern ManU als Viertelfinalgegner zugelost worden. Mark van Bommel wehrte ab: "Frankfurt ist nicht Manchester United, aber auch nicht der FC Grünwald. Wir dürfen jetzt nicht in Panik geraten."
Doch derlei Analysen greifen zu kurz, wenn der Ligabetrieb "absolute Priorität" (Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge) haben soll: In den drei Auswärtsspielen in Nürnberg, Köln und Frankfurt haben die Münchner sieben Punkte liegen gelassen. "Wenn wir auswärts immer nur unentschieden spielen oder verlieren", rechnete Louis van Gaal vor, "werden wir nicht Meister."
Und daran trüge der niederländische Chefstratege eine Portion Mitschuld. Partout wollte der 58-Jährige nicht einsehen, dass seine linke Seite mit dem überforderten David Alaba und dem irrlichternden Danijel Pranjic die Bruchstelle war - aufgemischt von Sebastian Jung, 19, und Marcel Heller, 24, zwei Frankfurter Reservisten. Aushilfsverteidiger Alaba, 17, patzte bei beiden Gegentoren, fasste sich beim fatalen Rückpass vor dem 1:1 selbst an den Kopf, van Gaal aber schob die Schuld auf andere. "Die großen Fehler wurden vorher gemacht."
Doch Rummenigge hatte vor der Partie schon geunkt, ob es van Gaal mit seinem Jugendwahn nicht manchmal übertreibe: "Ich denke mir manchmal, hoffentlich wird er nicht zu mutig". Mittelfeldmann Bastian Schweinsteiger sprach später im ZDF-Sportstudio Klartext zur Schlüsselszene: "Da sieht David nicht gut aus, aber er hat nicht die Schuld an dieser Niederlage."
Gewiss nicht: Das Starensemble versagte an diesem 27. Spieltag im Kollektiv. Lauf- und zweikampfschwach, harm- und hilflos trat der ausgeruhte Rekordmeister ausgerechnet vor den Wochen der Wahrheit auf. Der Terminplan hält nun binnen drei Wochen in drei Wettbewerben diese Prüfungen bereit: Mittwoch im DFB-Pokal auf Schalke, danach in der Bundesliga gegen Stuttgart, Schalke und Leverkusen (letztere beide auswärts), darin eingebettet die Duelle gegen Manchester. Eingedenk dieser Belastung wollte Sportchef Christian Nerlinger "nicht alles in Schutt und Asche reden, wir müssen die Mannschaft aufrichten, damit sie sich wieder als FC Bayern präsentiert".
Wohl und Wehe könnte auch davon abhängen, welche Gesichter dann in der zentralen Abwehr zu sehen sind - jenes von Martin Demichelis ist ja von Michael Ballack (unabsichtlich) zertrümmert worden, das von Daniel van Buyten seit Samstag durch eine schmerzhafte Jochbeinprellung lädiert. "Das macht mir große Sorgen", gab van Gaal zu. Außer Badstuber hat er nämlich keinen Innenverteidiger mehr - der zurückversetzte blonde Ukrainer Anatolij Timoschtschuk bewies in nur zehn Minuten, dass er auch dort schlecht aufgehoben ist. "Das war ein Wechsel zu viel", flüsterte van Gaal, "aber in drei Tagen ist eine ganz andere Welt."
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