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ElektromobilitätsgipfelDer große Elektrohype

Die Bundesregierung lädt am Montag zum Elektroauto-Gipfel. Umweltverbände kritisieren: Die Stromfahrzeuge bringen den Klimaschutz nicht voran.

Einmal volltanken bitte. Bild: dpa

Auf der Suche nach alternativen Antriebstechnologien jagt in der Autobranche ein Hype den anderen. Vor zehn Jahren versprach die Industrie, mit Wasserstoff- beziehungsweise Brennstoffzellenfahrzeugen den motorisierten Individualverkehr der Zukunft zu bestücken, wenn dereinst die Ölvorräte zur Neige gehen und das schwarze Gold unbezahlbar sein wird. Dann, ein paar Jahre später, waren Visionen von Fahrzeugen mit Biosprit angesagt. Aus beidem wurde bekanntlich nicht viel - wenn Autofahrer in Deutschland Alternativen zu Benzin und Diesel suchen, entscheiden sie sich für Erdgas-, Autogas- oder Hybridfahrzeuge. Derzeit steht das Elektroauto hoch im Kurs; für den heutigen Montag lädt die Bundesregierung zu einem Elektromobilitätsgipfel nach Berlin.

Geladen sind Vertreter der Politik, der Wissenschaft, der Gewerkschaften und großer Konzerne, die sonst Konkurrenten sind. Nur Umweltverbände bleiben außen vor, wenn die sogenannte Nationale Plattform Elektromobilität gegründet wird. Geht es dabei um mehr, als Fördergelder für Industrie und Wissenschaft abzugreifen? Gehört dem Elektroauto die Zukunft, und haben die deutschen Autokonzerne dies nur zu spät erkannt?

Die Pläne der Konzerne

Alle großen Autohersteller in Deutschland außer Porsche arbeiten an marktfähigen Elektroautos. Bei BMW steht 2013 das erste reine Elektroauto in Großserie auf dem Programm. Das Fahrzeug soll für den Stadtverkehr konzipiert sein, und in seiner Karosserie sollen leichte Kunststoffe zum Einsatz kommen. Daimler will ab 2012 den Smart als Elektroauto in Großserie auf den Markt bringen. Audi will das erste serienmäßige Elektroauto 2012 bauen. Für VW ist 2013 das Startjahr der Elektromobilität. Zunächst kommt die Stromversion des Kleinwagens Up, es folgen

E-Golf und E-Jetta. Ford will 2012 den Focus mit Batterieantrieb in Deutschland einführen. Opel will neben dem geplanten Strom-Ampera einen Kleinstwagen mit reinem Elektroantrieb bauen und die neuen Elektroautos so bald wie möglich in Europa produzieren.

Wenn das Elektroauto die Zukunft sein soll, hat es noch einen weiten Weg vor sich. Im Jahr 2020, so das Ziel der Bundesregierung, sollen in Deutschland eine Million Elektrofahrzeuge auf der Straße sein - ein Vierzigstel der gesamten Flotte. Selbst wenn diese komplett mit Ökostrom betankt würden, wäre der Klima- und Umweltschutzeffekt gering, zumal mit den riesigen Autobatterien neue Entsorgungsprobleme geschaffen würden.

Für Stefan Bratzel, Autoexperte der Fachhochschule Bergisch-Gladbach, ist das Elektroauto dennoch mehr als nur ein neuer Hype. "Die Elektromobilität ist eine Riesenchance für die Branche." Gerade auf gesättigten Märkten wie in Europa und Nordamerika biete sie neue Absatzmöglichkeiten. Wenn der Strom für die Fahrzeuge regenerativ erzeugt werde, gebe es auch ökologische Vorteile. Die Industrie steht nach Ansicht Bratzels vor einem Spagat: Einerseits müsse sie die herkömmlichen Diesel- und Benzinmotoren weiter entwickeln, andererseits völlig neue Motoren entwickeln. "Das kostet Milliarden."

Die wichtigsten Probleme von Elektroautos - die mit 100 bis 200 Kilometern geringe Reichweite, die lange Batterieaufladezeit und die hohen Anschaffungskosten - hält Bratzel für beherrschbar. "Es wird weitere Innovationssprünge geben." Zudem müsse der Preis des Fahrzeuges über die gesamte Lebensdauer und Laufleistung betrachtet werden. Das heißt: Wenn ein Elektroauto bei Betrieb und Wartung günstig ist, kann es in der Anschaffung durchaus etwas teurer sein. Zunächst würden die Elektrofahrzeuge vor allem in Städten und in Firmenflotten rollen. Langfristig werde sich das Mobilitätsverhalten ändern. Denkbar: Ein Städter besitzt ein kleines Elektroauto, für weite Fahrten oder die Urlaubsreise mietet er ein größeres Fahrzeug mit herkömmlichem Antrieb.

Die deutsche Umweltbewegung ist da deutlich skeptischer. Tenor ihrer Kritik: Die Elektrofahrzeuge bringen weder den Klimaschutz in den nächsten zehn Jahren voran, noch lösen sie die Verkehrsprobleme von heute. Wolfgang Lohbeck, Greenpeace-Verkehrsexperte: "Elektroautos sind keine Null-Emissionsfahrzeuge, sondern beim jetzigen Strommix sogar für den Klimaschutz schädlicher als Autos mit Verbrennungsmotoren." Das Potenzial für Kohlendioxid-Einsparung liege auf absehbare Zeit bei den Verbrennungsmotoren. Greenpeace habe bereits vor zehn Jahren mit dem Bau von sparsamen Motoren bewiesen, dass Modelle mit einem CO2-Ausstoß von 60 bis 70 g pro Kilometer möglich sind. "Der Ball liegt in der Hälfte der Autohersteller."

Gerd Lottsiepen vom alternativen Verkehrsclub Deutschland (VCD) warnt: "Elektroautos sind auch noch in einigen Jahren 10.000 bis 20.000 Euro teurer als vergleichbare Benziner - bei einer Reichweite von 100 bis 200 Kilometern." Den Konzernen gehe es auch nicht um Klimaschutz, "denn den könnten sie ja wesentlich leichter durch Verbesserungen Verbrennungsmotor-betriebener Autos erreichen". Der Autoindustrie gehe es um mehr Absatz. "Sie will Elektroautos als Zweit- und Drittwagen vermarkten", so Lottsiepen. Das aber würde in den Verkehrs- und Klimakollaps führen.

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12 Kommentare

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  • JK
    Juergen K

    Ich bin für ein Staatlich Subventioniertres

     

    Volkspedelec in 25 kmh Klasse

    und ein ebensolches für die

    50 kmh Roller Klasse im Individualverkehr -

     

    vielleicht auch als 80 kmh 2-Sitzer geschlossen für das City-Hopping,

     

    sowie ÖPNV an jeder Ecke.

     

    Dann reichen auch ein paar wenige Millionen Autos mit Reichweiten bis 1000 km die an jeder Strassenecke kostenlos rumstehen können.

  • C
    claudia

    Ich bin seit Jahrzehnten elektromobil. Auf Schienen. Einfach aus Bequemlichkeitsgründen. Da kann ich nebenher lesen, bei größeren Reisen auch Kaffeetrinken und muß für Pinkelpausen nicht anhalten. Und ich muß mich nicht um die Wartung kümmern.

    Und wenn ich alles zusammenrechne: Kaufpreis, Versicherung und Betriebs- und Wartungskosten, dann ist es auch billiger als ein Automobil.

  • LW
    lars willen

    wie ein fernsehphysiker mal antwortete nach der frage"was kommt nach dem öl?""wir steigen auf einen anderen energieträger um"

    10jahre bevor das öl alle ist sollte man mit den umstieg anfangen,damit der laden problemlos weiterlaufen kann.

    im april 2035 ist der letzte tropfen getankt.gott sei dank,denn das auto ist der alleinverursacher des klimawandel und die temperaturen werden im april 2045 wieder normal sein.ich weiss,das das auto der alleinverursacher ist hört niemand in deutschland gerne,weil wir uns einen goldenen arsch verdienen mit den blechkisten,deren abstellplätze wir parkplätze nennen,obwohl da kein Park ist,anstattt abkühlplätze,was korrektes deutsch wäre.

    vielleicht retten wir deutschen mit elektroautos,solarzellen und windräder diesen planeten vor einen blackout.das wäre doch mal was,wir deutschen als die guten.also her mit der massenherstellung.

  • KH
    Karin Haertel

    Denkt man an Anschaffungskosten und Strompreise, dann ist ein Elektroauto keine Alternative. Und was ist daran bitte oeko, wenn die Entsorgung der Batterie schon jetzt ein Problöem darstellt. Da braucht man auch ueber die laecHerliche Reichweite kein Wort mehr verlieren. Traeumt nur weiter!

  • A
    Andrea

    Daimler, BMW & Co. die Lehman Brothers der Automobilindustrie. Mit den E-Autos soll also die nächste Runde eingeleitet werden. Eigene Erfahrung:

    2006 kaufen wir einen fast neuen BMW X3 für nicht grad 'nAppel&'nEi aber eben beste deutsche Ingenieursarbeit. Heute dürfen wir mir ebenjenem Auto nicht in die Innenstadt hineinfahre. Es ist technisch obsolet und muss für gutes Geld nachbearbeitet werden damit es was taugt. Wenn 65kg Individuen 1,5t Stahl brauchen um sie mit bestennfalls 40% Energieeffizienz fortzubewegen, muss irgendwo der Wurm drin sein.

    PS. Braucht jemand einen neuwertigen X3 mit sehr, sehr wenig abgefahrenen km (nur im Garten gefahren!).

  • H
    Hypegeister
  • C
    claudia

    >>Geht es dabei um mehr, als Fördergelder für Industrie und Wissenschaft abzugreifen?>Wenn der Strom für die Fahrzeuge regenerativ erzeugt werde,>Das Potenzial für Kohlendioxid-Einsparung liege auf absehbare Zeit bei den Verbrennungsmotoren.

  • RK
    Roland Klose

    Das Elektroauto sollten wir ganz schnell vergessen. Wenn es kommt, dann lachen sich die Energiekonzerne und Oligopole wie EON, RWE und Konsorten schlapp, weil sie dann die Strompreise wie die Mineralölkonzerne diktieren können. Autofahren wird so teuer, dass sich nur noch die Reichen das wirklich erlauben können. Wenn immer mehr Bürger das Elektroauto fahren, dann wird sukzessive auch der Staat die Autosteuern in Höhe von aktuell 70% vom Benziner auch auf das Elektroauto verlagern müssen, damit seine Einnahmen nicht weiter schwinden. Übrigens, das Elektroauto kostet im Schnitt 10.000 € mehr als ein Benziner. Nach ca. 100-170 km muss bereits nachgeladen werden. Der CO2-Ausstoß beim Elektroauto ist vergleichbar mit einem ganz normalen Diesel-Auto. Warum sollen wir eigentlich ein Elektroauto kaufen?

  • G
    GonZoo

    Die Energie- und Autokonzerne haben es verstanden: die Zeit der Auto-Mobilität geht zu Ende, es sei denn es werden mehrere Probleme auf die Allgemeinheit verlagert.

     

    1. die Energieerzeugung - mit 1 Million Elektroautos wird es RWE & Co. gelingen, überzeugend darzustellen, wieso sie neue 50 AKWs brauchen. AKWs sind ein Klassiker der Sozialisierung von Problemen und Kosten, indem Sicherheit und Entsorgung ohne Umwege auf den Steuerzahler abgewälzt werden während die künstlichen Gewinne in den Kassen der Firmen landen (es wird derzeit so gehandhabt).

     

    2. Die Entwicklungskosten. Unsere Autohersteller lassen sich die Forschungsvorhaben vom Staat in Form von Universitäten und Fördergeldern bezahlen (es wird derzeit so gehandhabt). Dennoch haben sie jahrzehntelang damit nichts weiter zustande gebracht, als noch mehr Leistung für noch mehr Geld für immer kompliziertere und unsinnigere Autos auf die Strasse zu bringen.

     

    So wird aus einer umweltfreundlich klingenden Idee ein mehrfacher Albtraum:

     

    - Kein einziges Umweltproblem wird gelöst, wenn das Energie-Oligopol die Strippen zieht.

     

    - Kein einziger neuer Ansatz der Mobilität wird umgesetzt, wenn die Autohersteller alles beim alten lassen, nur eben mit E-Motor.

     

    Worum geht es also? Hier ein direkt per Gedankenübertragung empfangener Gedankengang von Opel-Chef Reilly: "Wir wollen Subventionen - Gründe lassen sich bestimmt finden!"

     

    Derzeit stehen viele Branchen Schlange vor den leeren Kassen der Staaten, um noch möglichst viele Subventionen abzugreifen - und einige wollen sich vordrängeln.

     

    Elektroautos beheben keine Umweltprobleme, sondern verlagern sie, bei gleichzeitiger Vernichtung von Kapital. Daß die Autohersteller ihren jahrzehntelangen Dornröschenschlaf nun mit einigen gar nicht so neuen Konzepten beenden wollen ist eine Sache, aber müssen wir Steuerzahler sie für's Aufwachen auch noch bezahlen? Sind wir diejenigen, die immer nur zur Kasse gebeten werden, wenn's eng wird, die aber von denselben Unternehmen dank kreativer Buchführung niemals erwarten dürfen, daß Geld zurück in die Staatskassen fließt?

     

    Die derzeitige Kampagne der Autohersteller für Elektroautos ist nicht nur peinlich, weil sie deren Unfähigkeit, wirtschaftlich zu arbeiten und Visionen in Produkte umzusetzen, offen zeigt. Sie ist auch verlogen, denn natürlich werden dabei vor allem Altlasten der Firmen quersubventioniert.

     

    Wäre es der Kanzlerin und ihrem von Parteispenden der Autohersteller und Energiekonzerne abhängigen Tross ernst mit dem Bau von E-Mobilen, sie würden einen großen Bogen um diejenigen machen, die vor allem ihre alte Macht und ihre alten Strukturen erhalten wollen.

     

    Wäre es ihr wichtig, sie würde sich kleine, flexible, erfolgsgierige Unternehmen suchen, die das Potenzial haben, die Welt zu ändern. Nur, es ist kaum auszusprechen, diese Firmen haben leider nicht das Geld, um sich eine Regierung zu kaufen.

  • V
    vantast

    Ist es auch Wahnsinn, hat er doch Methode. Die Gier nach Profit hat so viel zerstört, die Autobranche macht genauso weiter, wie bisher, koste es die Gesellschaft, was es wolle. Matthias Wißmann, ehemaliger CDU-Politiker, vertrat damals wie heute die Interessen der Konzerne, selbst er müßte mittlerweile wissen, daß er mithilft, unser aller Zukunft zu ruinieren. Wenn es nach der Autolobby ginge, hätten sie heute noch nicht den Katalysator, da er, von Fachleuten beurteilt, einfach zu teuer ist.

    Es sind humanere Verkehrsformen möglich, als die Städte durch Autos zu zerstören.

  • J
    JanG

    Einen ganz großen Vorteil aber haben solche eKarren: sie könnten das Problem der fehlenden Grundlast bei regenerativen Energieen lösen. Was an einem sonnigen Tag mehr produziert wird kann dann in diesen gespeichert werden um es später wieder abzurufen.

     

    Damit das aber funktioniert muss eine komplett neue Infrastruktur geschaffen werden, es müssen neue Konzepte entwickelt werden und auch entsprechende Technologien die ein schnelleres Be- und Entladen der Akkus gewährleistet müssen entwickelt werden.

     

    Leider wird, statt hier eine vielversprechende Technologie zu fördern, wieder mal nur gemeckert und kritisiert, es werden Steine in den Weg gelegt und am Ende stehen wir wieder da und eben jene, die alles behindern, sehen sich bestätigt. Traurig.

  • R
    Ralle

    Was ich vermisse und schon seit Jahren in dieser Debatte anmahne, ist der soziale Aspekt des uneingeschränkten Individualverkehrs: - Dass hier nämlich Ältere und Menschen mit Behinderung einfach ausgegrenzt werden, - ihnen seit Jahrzehnten verwehrt wird, was Politiker aller Couleur nicht müde werden in immer neuen Gesetzen zu verankern: Das Recht auf Gleichstellung und persönliche Entfaltung!

    Was wir brauchen, ist ein Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und keine Scheinbeteuerung, man täte etwas für den Umweltschutz. Denn wenn dies die Umsetzung sein soll, dann begrüße ich uns alle schon in einer neuen "strahlenden" Zukunft. - Hier werden die Weichen gestellt für eine Verlängerung der Atomkraft. - Von mir aus sollen sie alle ihr E-Wägelchen bekommen: Alle, die genug Ökostrom produzieren um diesen zu betanken und noch genug ins Netz speißen können um auch die Entsorgung ihrer Altbatterien aufzuwiegen!