piwik no script img

Aktivist über Uni-Reform in NRW"Reinstopfen, auskotzen, vergessen"

Schüler und Studenten demonstrieren in Düsseldorf für eine andere Bildungspolitik. Beim Bachelor bleibt keine Zeit für Reflexion, kritisiert Aktivist Patrick Schnepper.

Patrick Schnepper fordert eine "kostenlose Ausbildung für alle von der Kita bis zur Uni". Bild: privat
Interview von Andreas Wyputta

taz: Herr Schnepper, heute große Bildungsdemo vor dem Düsseldorfer Landtag. Worum geht es?

Patrick Schnepper: Vier Tage vor der NRW-Wahl wollen wir mehr Druck auf die Politik machen. Denn trotz der großen Bildungsstreiks 2009 hat sich an den Schulen und Unis nicht viel geändert. Die Forderungen der SchülerInnen und Auszubildenden werden kaum diskutiert - und für die Studierenden gabs nicht mehr als Lippenbekenntnisse.

Was fordern Sie konkret?

Patrick Schnepper

Der 30-Jährige ist zweiter Asta-Vorsitzender der Uni Köln. Bis August 2009 war er Koordinator der Landes-Asten-Treffen NRW und hat die Bildungsstreiks organisiert.

An den Unis die Reform der viel zu verschulten Bachelor- und Masterstudiengänge und das Ende der sozial selektiven Studiengebühren, an den Schulen Alternativen zum achtjährigen Turbo-Abitur und ein Ende der Kopfnoten. Da ist zu viel Stoff in die Lehrpläne gepresst worden. Und die Kopfnoten, die das Sozialverhalten bewerten sollen, liefern die SchülerInnen einzelnen Lehrern aus: Die sollen eine Persönlichkeit bewerten, ohne deren soziales Umfeld genau zu kennen.

Grundsätzlicher werden Sie nicht?

Doch. Wir wehren uns gegen gegen die Reduzierung der Bildung auf den neoliberalen Leistungsgedanken. Die Reformen der vergangenen Jahre zielten darauf ab, der Wirtschaft schneller besser verwertbares Humankapital bereitzustellen. Die persönliche Entwicklung bleibt genauso auf der Strecke wie das humanistische Bildungsideal. Das Bachelor- und Mastersystem lässt keine Zeit zur Reflexion, sondern fördert Bulimie-Lernen: Reinstopfen, zum Multiple-Choice-Test auskotzen, vergessen.

Ihre Alternative?

Ein Grundrecht auf kostenlose Ausbildung für alle von der Kita bis zur Uni. Die Kinderbetreuung muss kostenlos sein - denn da fängt soziale Selektion schon an. Wir wollen Bildungsbarrieren wie die in NRW noch immer praktizierte Aufteilung in Haupt- und Realschüler und Gymnasiasten nach der vierten Klasse abschaffen. Oft hängt die Zukunft der Kinder nur daran, ob die Eltern Geld für Nachhilfe haben.

Und die Studiengebühren?

Müssen abgeschafft werden. Erst gestern ist eine neue Studie erschienen, die etwa meiner Uni in Köln bescheinigt, dass die Betreuung der Studierenden oder die Ausstattung der Bibliothek nicht besser geworden ist - dabei war uns genau das versprochen worden. Da frage ich mich doch: Wozu zahle ich überhaupt?

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • MP
    Meister Propper

    Leider hat Herr Schnepper zu viel Zeit für Interviews und sollte lieber sein Studium beenden. Er vertritt, ebenso wie die Asten, nur ein linkes Minderheitenmilieu, das stets bemüht ist, den Eintritt ins Arbeitsleben nach Möglichkeit zu verzögern. Die ganz große Mehrheit der Studierenden ist mit den Studienangeboten in Deutschland mehr als zufrieden (weniger mit der Arbeit der Asten).

     

    Wir erhalten sehr gute (Aus)Bildung quasi zum Nulltarif. Von Studiengebühren kann man bei 500 Euro je Semester im internationalen Vergleich nämlich kaum sprechen. Wie wäre es, wenn die Asten ihre Budgets für die Verbesserung der Studienbedingungen einsetzten?!

  • H
    Hugendubel

    Mann, geh' arbeiten!!!