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ÖlpestExperiment gescheitert

BP bricht den Versuch ab, einen Deckel über das Bohrloch zu stülpen. Bald könnte noch bis zu zehnmal so viel Erdöl ausströmen, hat ein Konzernsprecher dem US-Kongress erklärt.

Ein Schiff sammelt Öl. Bild: ap

"Gescheitert" – weder die Verantwortlichen des britischen BP-Konzerns noch die US-amerikanischen Politiker benutzen dieses fatale Wort. Doch die Fakten liegen auf dem Tisch: Der Versuch, einen "Deckel" über die Ölbohrstelle am Meeresboden im Golf von Mexiko zu stülpen, ist gescheitert.

Kaum hatten Roboter am Samstag den Deckel über dem Bohrloch platziert, war seine Öffnung nach oben, durch die das Öl in einem Rohr an die eineinhalb Kilometer höher liegende Meeresoberfläche geleitet werden sollte, bereits verstopft. Der 90 Tonnen schwere Deckel musste mehrere hundert Fuß weiter am Meeresboden abgestellt werden. BP denkt nun über neue Experimente nach.

Das Nachdenken, so verlautet aus dem Konzern, werde zwei bis drei Tage dauern. Unterdessen dringen täglich mindestens 5.000 zusätzliche Barrel Öl ins Meer. Und das ölgetränkte Wasser schwappt immer näher an das empfindliche Feuchtgebiet am Südrand von Louisiana heran. An mehreren kleinen Inseln vor der Küste, auf denen Pelikane und andere Seevögel nisten, ist das Öl bereits angekommen.

Der Deckel war in aller Eile hergestellt worden, nachdem die Ölbohrinsel "Deepwater Horizon" am 20. April explodiert war. Die "Deckeltechnik" war ein Experiment. Sie ist nie zuvor erprobt worden. Kaum war der Deckel am Samstag auf dem Loch platziert, führte der Zusammenprall des von unten kommenden Öls mit dem Wasser bei den kalten Temperaturen am Meeresboden zu Kristallbildungen. Sie verstopften die Deckelöffnung nach oben.

BP erwägt nun andere Möglichkeiten. Eine davon ist es, den Deckel erneut zu installieren, dabei aber schon vorab das Rohr anzubringen, das zur Meeresoberfläche führt. BP spielt auch die Variante durch, den "Junk-Shot" am Meeresboden durch einen neuen zu ersetzen. Das Sicherheitsventil hatte aus bislang ungeklärten Gründen bei der Explosion am Meeresboden versagt.

Sollten auch die weiteren Versuche am Meeresboden schiefgehen, könnte alles noch viel schlimmer werden. Ein Konzernsprecher von BP hat dem US-Kongress erklärt, dass aus dem Bohrloch bis zu zehnmal so viel Erdöl kommen könnte, falls das Loch weiter aufreißen sollte.

Neben dem Deckel-Experiment hat BP in den vergangenen zwei Wochen auch unbekannte Mengen eines Reinigungsmittels aus der Luft versprüht und anfangs auch direkt am Ausgangsloch des Öls ins Meer gespritzt. Die genaue Zusammensetzung des Mittels wird von BP geheim gehalten. Es soll den Zweck haben, das Öl zu binden. Und es soll verhindern, dass es an Land schwappt. Stattdessen verteilt sich das Öl im Meer.

Erdöl-Expertin Gina Solomon nennt das Reinungsmittel "toxisch". Die Ärztin ist aus San Francisco an den Golf von Mexiko gekommen, wo sie die Katastrophe für den "Natural Ressource Defence Council" beobachtet. Das Öl verschwinde nicht, sondern sacke in die Meerestiefen ab, wo sich kleine Lebewesen nicht schnell aus der vergifteten Region wegbewegen könnten. "Niemand weiß, wie lange es dauert, bis das Öl so in den Nahrungsmittelkreislauf hineingerät", sagt Solomon zur taz.

Unterdessen hat in New Orleans am Samstag die erste Umweltdemonstration nach der Katastrophe stattgefunden. Unter dem Motto "Clean it up" riefen der Sierra Club und andere Organisationen dazu auf, "alles zu tun, um das Meer zu reinigen". Die mehrere hundert DemonstrantInnen auf dem Lafayette Square verlangten auch mehr Transparenz von BP und eine größere Beteiligung der Regierung an den Rettungsarbeiten.

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16 Kommentare

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  • L
    Lothar

    BP nimmt offensichtlich Ölpest bewust in Kauf, um Grund für neue Bohrungen zu haben...

     

    BP nimmt die Ölpest offenbar bewusst in Kauf! Das Foto vom Meeresgrund beweist es!

     

    http://magdeburg-stadt.de/leck-close.png

     

    Jeder Ausgebildete Industrieschlosser wäre in der Lage gewesen, bei einem Platzen einer Rohrleitung an dem Flansch eine Sperre einzubauen! Aber nach dem das austretende Öl bereits so viel Schäden verursacht hat, und der President der Vereinigten Staaten bereits ein Verbot für Tiefseebohrungen ausgesprochen hat, braucht BP einen Grund, um weiter in der Tiefsee Bohren zu können.

     

    http://magdeburg-stadt.de/index.php?site=news&news_ID=542

     

     

    Welcher Grund würde sich da besser eignen, als das man Entlastungsbohrungen vornehmen müsste. Auf dem Foto ist eindeutig zu erkennen, das man nur zwischen dem Flansch eine Art Schieber einschieben müsste. Wie schon gesagt, jeder Industrieschlosser wäre dazu in der Lage. Aber dann würde ja BP der Grund für weitere Tiefseebohrungen fehlen. Wer kann so Blauäugig sein, um das nicht zu erkennen. Hier stehen eindeutig wirtschaftliche Interessen im Vordergrund, zumal BP dann die einzigsten wären, die eine Ausnahmegenehmigung zum Setzen von Tiefseebohrungen bekämen...

  • C
    Chris

    Kann man der Konzernwirtschaft wirklich Vorwürfe machen?

    Ich glaube nein.

    Es ist doch seit eh und je bekannt, daß Konzerne immer und ausschließlich nur aur Ihre aktuellen Kosten achten, und immer blauäugig mit dem optimalen Fall "wird schon alles gutgehen" rechnen.

    Man weiß doch ganz genau, daß solche Konzerne keinerlei Vernunft haben.

    Und ganz genau darum gibt es Gesetze - es sollte sie zumindest geben. Gesetze die solche Konzerne im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens dazu ZWINGEN, mehrfache Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die genau solch große Schäden in einem "worst-case" Szenario zumindest in 99% der Fälle verhindern.

    Nun stellen wir aber fest, daß es offenbar keine solchen Gesetze gibt, bzw. die vorgeschriebenen Sicherheitsvorkehrungen bei weitem nicht ausreichen.

    Und wiedermal ein Beispiel dafür:

    DIE SCHEISS POLITIKER SIND SCHULD !!!!

    (und letztendlich die Menschen die sie gewählt haben)

  • F
    Flo

    Was sprengen und Co. angeht...

     

    Würde das nicht einfach das Loch noch weiter aufreißen? Ich mein, wenns so einfach wär, wären doch sicher schon andere drauf gekommen.

     

    An sonsten bleibt nur zu sagen...wenn ihr doch ne Lösung für das Problem habt, meldet euch einfach bei der US Regierung. Wenn ihr über das Wissen verfügt das Problem zu lösen, garantier ich euch, dass ihr danach euren Arbeitsplatz aussuchen könnt. Man wird sich um euch reißen. Monatl. ein 5-stelliges Einkommen im oberen Bereich Minimum.

  • R
    rauhfuß

    Kann man das Loch nicht schließen, indem man Sprengstoff in die Bohrung bringt und sprengt? Oder will BP die Bohrung in Zukunft wieder nutzen und sich erneute Bohrkosten sparen?

  • P
    P.Haller

    Dass die von BP keine Ahnung von Katastrophenmanagement haben, sieht man doch schon daran, dass die nicht mal wussten, dass in 1500m Tiefe anscheinend Situationen herrschen, welche mit denen an der Oberfläche eben nicht zu vergleichen sind. Und das Geschwafel über "Sicherheitsventile" zeigt doch nur, dass es mit Sicherheit eines nicht gibt, nämlich Sicherheit !!

    Und dann den ganzen Dreck mit Hilfe eines anderen Drecks von der Oberfläche in tiefere Regionen verschwinden zu lassen, das nennt sich dann also Ölbeseitigung - ganz tolle Leistung !!

     

    Nebenbei ist es schon jämmerlich, dass es nach x Wochen Öldesaster gerademal ein Häuflein von einigen Hundert Ami-"Umweltaktivisten" es schafft gegen diese Schweinerei aufzubegehren.

  • E
    elisabeth

    eine unglaubliche katastrophe. wieso spricht niemand die ganze dimension des unglücks aus ? ist jemals soviel öl ins meer gelaufen ? wo wird das öl hinlaufen ? an die küsten, oder weiter über das meer ?

    ich hoffe inständig, dass BP gezwungen wird, das übel einzudämmen. ich glaube aber nicht dran. sie werden vertuschen und das meer wird übel vergiftet sein. so viel schaden für das eh schon so arg geschädigte ökosystem meer. und für die fischer dort, das ende ihres gewohnten lebens.

  • F
    frederyk

    Sie können das Loch ja noch mit einer Atombombe verschließen. Die Russen haben das auch schon einige Male gemacht.

    Aber das wäre ja ein PR-Supergau. Da lassen die lieber den ganz Golf volllaufen.

     

    http://rawstory.com/rs/2010/0504/russian-paper-suggests-nuclear-explosion-cut-gulf-oil-geyser/

  • D
    Dude

    Selbst Schuld, wer zu gierieg ist.. bloss das die Natur viel mehr zu leiden hat als wir...

    Der Mensch ist das schlimmste was unserem Planeten passieren konnte

  • GG
    Gustav Gans

    @Andreas:

     

    BWAHAHAHA!

     

    Na denn is ja allet jut! Flüssiggas! Phhh!

     

    Zur Info: Mein Wagen wurde nicht gebaut.

  • S
    Struppi

    Seit gegrüßt,

     

    mir ist zwar nicht völlig bewusst, wie eine Solarfeldfläche von der Größe Deutschlands in das Wettersystem der Sahara eingreift (abgesehen von den Sondermüllmengen nach 15-20 Jahren der Solarpanelle), doch ist folgender Gedanke recht reizbar:

    -täglich erreichen 50 W/m² die Erdoberfläche

    -Entsalzungsanlagen produzieren trinkfähiges Wasser an den Ostküsten Afrikas für die restliche Welt (scheißt auf die paar Pumpen unter den Verdunstungshauben)

    -Wasser in Sauerstoff (€€€-erster Teil) und Wasserstoff (€€€-zweiter Teil) aufspalten

    -Gastanker und -lagerstätten (ehem. Salzstöcke u.ä.) sind mehr als zahlreich vorhanden >> Infrastruktur besteht bereits

    -kurze Oberleitungen zwischen Solarfeld und Küste >> wenig Spannungsverlust(vgl. Gedanken einer Hochspannungsleitung Sahara > Mittelmeer > Süd-Mittel-Nord-Europa...)

    Also könnte man doch, wie im Ölzeitalter auch, weiterhin auf Verbrennungstechnik setzen. Nichts mit Brennstoffzelle und Elektroantrieb, sondern gezielte Einspritzung und Zündung im Kolben. Und Wasserstoff wird ja wohl energetisch in der Lage sein sowohl Schwerindustrie und unsere Mobilitäts- und Heizbedürfnisse zu befriedigen, oder?

    Was soll ich für 150 km Strecke 3 Std. warten, bis meine Schwermetallbatterie durch Kohle oder Uran aufgeladen ist, die zudem mit echt seltenen Elementen vollgestopft ist, wenn ich via Gastanke in Sekunden 300-400 km, bei einem max. Volumen eines Kofferraumes, weiter komme?

    Ob ich nun Erdgas oder Wasserstoff in Gaskraftwerke verheize, macht doch für mich Laien keinen Unterschied.

     

    Gruß, Icke.

    Und wer nun glaubt, auf einer "Wasserstoffbombe" zu reiten, hat das Prinzip dieser militärischen "Glanzleistung" nicht verstanden.

  • M
    Martin

    Mich würde mal interessieren was unsere Wirtschafts- Erzeugnisse kosten würden, wenn alle Betreiber von Riskiotechnologie sich normal haftpflicht- versichern müssten wie "Otto Normalverbraucher" das zwingend tun muss.

     

    Also zB. Atomkraft, Agro-Gentechnik, Nanopartikel-Chemie, Mobilfunk, Pharmazie, Rüstung, Flugverkehr Automobil verkehr, uam.

     

    Wenn also für allerlei Bereiche, wo schon lang Schäden gegen die Allgemeinheit offensichtlich sind, die Staatshaftung wegfallen würde, wenn Geschädigte Verbandsklage führen könnten.

     

    Und wenn Zulassungsgremien nicht mehr wie bisher mit Industrievertretern besetzt werden, die für unsere Parlamente den Persilschein ausstellen.

     

    Und die Beweislast beim Dem angesiedelt ist, der neue Technologie in Verkehr bringt. Wenn also die Wirtschaft mal wirklich Haftungsrisiken einkalkulieren müsste.

  • RB
    Rafael Bolero

    Das schlimmste ist, dass sie das Gulf Oel wahrscheinlich an China verkaufen wollte, und nicht an uns heir. Sagt mal, was macht eine Britsche Konzerne mit einer Schweizer Bohrinsul mit eimen Amerikanische Drillmanschaft im Orkangebeit? Ach, ja, das muss die Coalition of the Willing sein. Und leider dabei gab es auch Tote, um Oel. Hoffentlich ist diese Komentaer Okay? Was sind die Regeln, im ernst. Moechte schon schreiben.

  • HF
    Hans-Georg Fischer

    Das Mittel, das auf den Ölteppich gesprüht wurde ist kein Reinigungsmittel, sondern ein Dispergierungsmittel. Es sorgt dafür, dass der Ölteppich in lauter winzige Öltropfen zerfällt, sich dadurch fein im Wasser verteilt und nicht mehr sichtbar auf der Oberfläche schwimmt. Gereinigt wird dabei nichts. Das Öl verteilt sich jetzt nur über drei Dimensionen statt nur über zwei, wenn es auf der Oberfläche schwimmt.

  • HF
    Hans-Georg Fischer

    Junkt Shot ist nicht der Name des Sicherheitsventils auf dem Meeresboden, sondern so nennt man den Versuch durch Injizieren von Junk ("Müll") das Sicherheitsventil zu verschließen: "Suttles said that another possible solution would be to "take ground-up material of various types and try to inject it into the blowout preventer at the bottom of it and it will flow up and plug it up," an operation he compared to stopping up a toilet.

     

    The maneuver is called a "junk shot," Suttles said." http://edition.cnn.com/2010/US/05/08/gulf.oil.spill/index.html?hpt=T2

     

    Das Sicherheitsventil am Meersboden heißt BOP "Blow Out Preventer".

  • M
    MeinName

    Naja, wir alle wollen doch Öl.

    Nun haben wir eine ganze Menge davon.

    Mehr als uns lieb ist.

  • A
    Andreas

    Das ist dann wohl das was wir alle zahlen müssen da wir ungebremst die Freuden des Ölverbrauchs genießen.

    Ich persönlich versuche wenigstens ein klein wenig etwas dagegen zu tun. Mein Wagen ist auf Flüssiggas umgerüstet.