Nürnberg bleibt erstklassig: Der Traum vom dauernden Drinbleiben

Der 1. FC Nürnberg steigt doch nicht ab und schmiedet Pläne, die er sich nicht leisten kann - Hauptsache er kommt weg vom image der Fahrstuhlmannschaft.

Ein Knäuel voller Jubel: Nürnbergs Spieler freuen sich, dass sie im Oberhaus bleiben. Bild: dpa

Der Traum vom dauernden Drinbleiben

AUS AUGSBURG CHRISTOPH RUF

Raphael Schäfer war der erste Nürnberger Spieler, der vor die Journalisten trat. Und der Torwart nahm es mit der Wahrheit gleich so genau, dass es an Unhöflichkeit grenzte. "Die bessere Mannschaft" sei man "in beiden Spielen" gewesen, "keine einzige Torchance" habe die gegnerische Mannschaft in diesem Rückspiel gehabt. Und überhaupt habe man angesichts all dessen "einen Klassenunterschied feststellen können". So falsch war das nicht, wie auch Jos Luhukay, der Trainer der unterlegenen Augsburger, feststellte: "Nürnberg hat sich über zwei Spiele gesehen verdient durchgesetzt."

Dabei hatten sich die Augsburger so viel Mühe gegeben vor dem "wichtigsten Spiel der Vereinsgeschichte" (der gesperrte Verteidiger Jonas de Roeck). Tausende Fähnchen hatte ein Sponsor verteilt, vor dem Rathaus wehten fünf riesige Vereinswappen. Und selbst die örtlichen Bundestagsabgeordneten hatten im Gratis-Sonntagsblatt einen baldigen Sprung in die Bundesliga gewünscht. Fragte man in der Augsburger Fan-Community nach der Einschätzung der eigenen Chancen, blieb das Echo jedoch schon vor dem Spiel verhalten: Vielleicht sei es ja ganz gut, wenn man sich noch ein Jahr gedulde mit dem Aufstieg. Ganz anders die Nürnberger, die in den Vorwochen den offenbar landsmannschaftlich bedingten Skeptizismus an den Tag gelegt hatten. Am Sonntag erinnerten sie sich daran, dass Frankens Hauptstadt nicht nur ein Hort notorischer Pessimisten ist, sondern eben auch die zweitgrößte Stadt Bayerns. Dementsprechend selbstbewusst trat man in der um die Hälfte kleineren Kommune auf: "Kniet nieder, ihr Bauern, der Club ist zu Gast", schallte es Stunden vor Anpfiff über den Königsplatz.

Der Dritte der Zweiten Liga wollte eigentlich selbstbewusst und offensiv auftreten, um den Ein-Tore-Rückstand aus dem Hinspiel wettzumachen. Doch daraus wurde nichts. Zu ziel- und harmlos war man in der ersten Hälfte angerannt, zu dämlich war der Vorfall aus der 56. Minute, als der sportlich begabte Ibrahima Traoré mitten in einer schüchternen Drangphase der Augsburger die Nerven verlor und sich eine Tätlichkeit gegen Juri Judt leistete (56.), die auch der sanftmütige Schiedsrichter Manuel Gräfe nur mit Rot ahnden konnte. "Wenn man ehrlich ist, war das Spiel danach entschieden", gab Luhukay nach der Partie zu Protokoll. Was nicht von der Hand zu weisen war, da zuvor Nürnbergs bester Techniker per Distanzschuss getroffen hatte (Ilkay Gündogan, 34.) und Eric-Maxim Choupo-Moting wenige Minuten nach Traorés Ausraster auf 0:2 erhöhte. Der Club hatte damit einen übel beleumundeten Titelgewinn von sich abgewendet. Ein Abstieg wäre der achte in der Bundesligageschichte gewesen - ein Rekord, den vielleicht selbst nicht einmal die Marketingabteilung des FC St. Pauli auf T-Shirts drucken würde.

Geht es nach Club-Coach Dieter Hecking, dessen Vertrag sich mit dem Klassenerhalt um ein Jahr verlängerte, soll der Club sein Image als Fahrstuhlmannschaft nun gründlich aufpolieren. "Wir wollen jetzt nicht nur eine weitere Saison drinbleiben, sondern länger, und müssen deshalb dauerhaft Qualität dazubekommen - auch wenn das finanziell sicher nicht leicht ist." Doch wo ein Wille ist, war beim Club noch meist ein Weg: Manager Martin Bader deutet im kicker an, dass die Sparvorgaben des Aufsichtsrates ("Schwarze Null") eher als unverbindliche Empfehlung gesehen werden.

Auch beim FC Augsburg hielt man sich nicht lange mit der Rückschau auf. Mit viel Applaus hatte das heimische Publikum zuvor eine Mannschaft in die Sommerfrische verabschiedet, die "mit dem dritten Platz und dem Pokal-Halbfinale Großes erreicht hat", wie Geschäftsführer Andreas Rettig konstatierte. Dass man noch Größeres im Schilde führt, wird in Augsburg eh nicht bestritten: "Wir kommen wieder und wir greifen an." Das ist nicht unwahrscheinlich. Schließlich sind die Rahmenbedingungen vielversprechend. Präsident und Geldgeber Walther Seinsch hat immer noch viel Freude an seinem Heimatverein. Und mit Jos Luhukay hat man auch einen Trainer, der eine Mannschaft weiterbringen kann. Vielleicht sehen sich Augsburger und Nürnberger bald ja wieder - ob in dieser oder jener Spielklasse.

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