Kommentar Euro-Rettungspaket: Enthaltung macht Karriere

Mit ihren Enthaltungen zum Euro-Rettungspaket ist die Opposition einer unliebsamen Entscheidung aus dem Weg gegangen. Sie ist zwar dafür, will das aber nicht so deutlich zeigen.

Ein sensationelles Tempo: Von der ersten Idee in Brüssel bis zur Abstimmung im Bundestag sind nur knapp zwei Wochen vergangen. Und jetzt steht er, der "Rettungsschirm": Mit bis zu 148 Milliarden Euro wird Deutschland bürgen, falls Euroländer auf den Finanzmärkten kein Geld mehr bekommen.

Wann immer von diesem Rettungsschirm die Rede ist, fällt meist sofort das Wort "alternativlos". Ob Bundesbank, Europäische Zentralbank, Internationaler Währungsfonds oder aber die Bankenaufsicht Bafin: sie alle wurden bei den deutschen Abgeordneten vorstellig, um ihnen zu erklären, dass dieser Rettungsschirm zwingend sei, um eine Massenpleite von Eurostaaten abzuwenden.

Dieser geballte Aufmarsch der Institutionen hat Wirkung gezeitigt, wie man schon daran sieht, dass nur die Linken dezidiert gegen den Rettungsschirm stimmten. SPD und Grüne haben sich enthalten.

Eine Enthaltung ist eine seltsame Entscheidung. Vordergründig wirkt sie wie schwankende Unentschlossenheit – tatsächlich jedoch handelt es sich um eine eindeutige Ermächtigung der Regierung, die nun ganz frei und allein entscheiden darf. Die Botschaft von SPD und Grünen ist verquer: Man ist für den Rettungsschirm, will es aber nicht so deutlich zeigen.

Das dürfte auch taktische Gründe haben. Denn die Hilfe für Banken und Staaten ist nicht völlig umsonst zu haben, wie sich am Freitag zeigte, als die Soffin ihre Bilanzen veröffentlichte. Der Rettungsfonds für die Banken hat 2009 ein Minus von 4,26 Milliarden Euro eingefahren.

Mit derartigen Verlusten möchten SPD und Grüne möglichst nichts zu tun haben. Das seltsame Instrument der Enthaltung dürfte im Bundestag eine rasante Karriere erleben, denn weitere unangenehme Entscheidungen sind bei dieser Finanzmarktkrise abzusehen.

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

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