piwik no script img

Polens Innenminister klärt aufBiber schuld an Flut

"Der größte Feind der Deiche ist ein Tier, das sich Biber nennt", sagte der polnische Innenminister Jerzy Miller am Dienstag auf einer Pressekonferenz in Warschau. Aha.

Ganz böse. Bild: dpa

Wozu der arme kleine Biber nicht alles fähig ist! Eigentlich hätte er ein ganz ruhiges Leben leben können. Zusammen mit 50.000 anderen Artgenossen vegetierte er in Polen. Sogar unter Artenschutz. Aber weil er sich, neugierig wie er ist, durch die Deiche bohrte, ist er nun Staatsfeind Nummer eins.

"Der größte Feind der Deiche ist ein Tier, das sich Biber nennt", sagte der polnische Innenminister Jerzy Miller am Dienstag auf einer Pressekonferenz in Warschau. "Biber leben überall an den Weichseldeichen und tragen zu ihrer Zerstörung bei." Ach so? Der kleine Biber hat die polnischen Deiche brechen lassen. Hat ganze Dörfer überflutet. Und 16 Menschen in den Überschwemmungsgebieten von Oder und Weichsel das Leben gekostet.

Der Biber ist schuld, es sind nicht die polnischen Behörden, die nicht genug Deiche gebaut haben, obwohl ihnen nach der letzten Flut doch extra EU-Gelder dafür zur Verfügung gestellt wurden, die sie dann nicht verwendet haben. Nein, der Biber war es, sagt auch die Warschauer Stadtpräsidentin Hanna Gronkiewicz-Waltz. "Wir können nicht Vögel auf Kosten der Menschen schützen." Auch wenn der Biber nun wahrlich kein Vogel, sondern ein Nagetier ist, ist nun die Jagd auf ihn freigegeben.

Ob auch Brandenburgs Biber jetzt bedroht ist, ist noch unklar. Am heutigen Donnerstag sollte Katastrophenalarm im Landkreis Oder-Spree ausgelöst werden. Die Deiche sind bereits gemäht worden, damit sie besser beobachtet werden können. Eine Art Rasterfahndung hat also eingesetzt.

Aber die gute Nachricht: Der Biber ist nicht der einzige Grund für die Katastrophe, verrät Feuerwehrsprecher Pawel Fratczak. Denn: "Es gibt auch noch die Wühlmäuse."

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

23 Kommentare

 / 
  • D
    Deichschnecke

    Die Frage ist aber wer Schuld an der Anwesenheit der Biber und Wühlmäuse ist.

    Wahrscheinlich Rußland. Oder Deutschland. Oder alle beide.

     

    Abhilfe schafft nur ein US-amerikanisches Nagetier-Abwehrsystem, das man sich von der EU bezahlen läßt.

  • D
    dasMoni

    Na, dann mein lieber Biber....geht doch nichts über schlüssige Erklärungen in Not- und Katastrophenfällen. Ich würde ja auch noch Regenwürmer mit zur Verantwortung ziehen. Die kleinen Gesellen lockern auch immer, unter dem Deckmantel der Erdveredlung, das gesamte Erdreich auf.Wenn auf deren Konto nicht auch das ein oder andere größere Desaster geht, dann weiß ich nicht..........

  • T
    tsaimath

    Hrm, mein erster Gedanke war "Hö, ist da etwa ein Wahrheitsartikel in die Schlagzeilen gerutscht" und habe mich amüsiert

    Aber ich glaub das ist erst gemeint... Die spinnen die Polen ;)

  • M
    Michael

    Mein Gott, und von solchen Dummdreisten Leuten lassen wir uns regieren? Leider sind unsere Politiker ja nicht wirklich besser und klüger (auch wenn der Dümmste der Dummen gerade zurückgetreten ist)...

  • M
    Max

    Ob die polnische Regierung die Biber als Ausrede nutzt, kann ich nicht beurteilen. Trotzdem ist Ihr Artikel in Bezug auf die "neugierigen" Biber unfundiert. Ich habe über Jahre selbst die beeindruckende Arbeit von Bibern an einem Bach in Bayern beobachtet. Ohne die wöchentliche Aufräumarbeiten des Fischers vor Ort wäre das dortige Tal bereits komplett überschwemmt. Nach der Universität von Georgia (USA) verursachen Biber allein im Süden des Landes jährliche Schäden von ca. 100 Mio. USD (http://www.forestry.uga.edu/outreach/pubs/pdf/WMS-09-21.pdf).

  • RW
    Reinhard W. Moosdorf

    Der Biber kann wenigstens Deiche bauen.

     

    Und ganz ohne EU-Gelder.

  • V
    vic

    Und ich dachte immer, Biber bauen Deiche.

    Arme Biber, wie man´s macht ist´s nicht recht.

  • K
    kasor

    und die millionen Regenwürmer nicht vergessen, die sich arglistig durch die Deiche bohren.

  • R
    Rick

    "es sind nicht die polnischen Behörden, die nicht genug Deiche gebaut haben, obwohl ihnen nach der letzten Flut doch extra EU-Gelder dafür zur Verfügung gestellt wurden, die sie dann nicht verwendet haben."

     

    Was haben die polnischen Behörden eigentlich die Jahre seit dem letzten Hochwasser gemacht?

     

    Die deutschen Behörden in Deutschland haben jedenfalls für sichere Deiche gesorgt...

     

    Ist wohl doch was dran am Begriff "polnische Wirtschaft"...

  • PW
    Peter Wolf

    "Hart ist der Zahn der Bisamratte!!!,

    doch härter noch ...."

    Die Bisamratte (keine Ratte, sondern größte Wühlmaus) wird auch schon mal mit der Biberratte (Nutria) verwechselt. Sind aber beide keine Biber, die Bisamratte steht auch nicht unter Schutz, und, wenn ordentlich bejagt, halten auch die Deiche. (Aus dem Fell lassen sich prima Mützen oder Muffs machen) Soll angeblich auch gut schmecken, habe ich aber noch nicht probiert. Kommen natürlich beide aus Amerika, woher sonst?

    Am schlimmsten war für mich aber die Untertitelung im ZDF Heute-Journal. Biber mit "ie" (Bieber) geschrieben!!!!

    Bildungsrepublik Deutschland.

    Erschüttert

    Peter Wolf

  • M
    meinname

    Hallo Frau Fitzsche.

    Wo haben sie denn die Info her, das dies SO vom polnischen Innenminister gesagt wurde ? Vielmehr kam mir zu Ohren, dass die Geschichte wie folgend abgelaufen ist. ( Zitat aus dem Spon Forum )

     

    Zitat von kescior

    Die Naivität in der man in Deutschland Medienberichten begegnet ist manchmal einfach erschreckend, da sind die Polen wesentlich kritischer. Wie der Spiegel zu seinen Rechercheergebnissen kommt ist mir schleierhaft. Dieser Artikel stützt sich im wesentlichen auf einen Artikel der Gazeta Wyborcza. Dort heißt es, dass der Innenminister den "Grünen" eine Teilschuld gibt, da diese den Ausbau von Dämmen sein acht Jahren blockieren auf Grund der dort lebenden Biber und andere Tierarten. Das klingt doch schon ganz anders als "die Biber sind schuld"! Zudem wird irgendein Feuerwehrmann zitiert , der in seiner persönlichen Einschätzung meint, dass die Biber Schuld seien weil sie Tunnel graben, und schon ist man sich sicher, dass die Polen ein naives im katholischen Glauben verharrtes Völkchen seien, wenn man den Kommentaren hier glauben schenken will. So werden Meinungen gebildet und Stereotypen am Leben gehalten. Und der deutsche Leser scheint das zu glauben was ihm vorgesetzt wird. Da sind die Polen doch wesentlich kritische im Umgang mit ihren "meinungsbildenden" Medien. Aber gut, glauben wir doch mal dass die Polen den Wühlmäusen die Schuld für die Flut geben, passt ja zu unserem Polen-Bild und ist ja auch lustig, toll!

  • M
    Marcel

    Jedes Mal wenn ich mir eingeredet habe, dass es ein paar Menschen gibt, in denen noch Vernunft zu finden ist, lese ich sowas und kann von vorne anfangen ...

  • DW
    Die Wühlmäuse

    Laut einem Artikel der polnischen "Metro" von gestern, bleiben die Wühlmäuse in Polen erstmal verschont: Die haben schon nach dem Hochwasser 1997 als Sündenbock her gehalten. Und das man den kleinen Nagern innerhalb von 13 Jahren ihr zerstörerisches Handwerk nicht legen konnte, wird wohl niemand gern zugeben, solange es noch anders Kleingetier gibt... ;)

  • BB
    Bodo Bender

    Bevor wir uns über die angebliche Blödigkeit der Polen kugelig lachen, sei an folgendes erinnert:

    Der Stoiber hatte seinen Problem-Bären.

    Stoibers Lösung: Vernichten = abschießen.

    Neuerdings haben die Bayern 1 (i.W.: einen) Problem-Wolf auch irgendwo in den Alpen.

    Empfohlene Lösung: Vernichten = abschießen.

    Warum sollen die Polen unserer Blödigkeit nachstehen. Also kreiert man ein Problemtier, nämlich den Problem-Biber.

    Ich hoffe nur, dass sie nicht so blöd sind, auf die deutsche Lösung zu verfallen: Vernichten = abschießen.

    Denn immerhin haben die Polen uns eine langjährige Erfahrung voraus: Mit Wölfen & Bären kommen sie - im Gegensatz zu uns - jedenfalls offensichtlich klar.

  • S
    sos

    naja, ein bisschen uninformiert ist der Artikel denke ich schon. Biber können selbstverständlich ein Problem für Deiche sein, in Bayern hat man nennenswerte Probleme mit Bibern, die in Klärteichen wohnen und die Umwandung zerstören, an der Nordsee dürfen nichtmal Kühe auf die Deiche, da sie durch Trittschäden die Oberfläche zerstören könnten.

     

    So ein Loch von nem Biber kann damit schon zu einem Durchbruch im Deich führen. Zugegeben, die Geschichte hört sich lustig an, aber Journalismus ist das nicht. Außerdem geht es aus ökologischer Perspektive jetztn nicht darum, bibersichere Betondeiche zu bauen oder Biber auszurotten, sondern Überschwemmungsland zur verfügung zu stellen. Falls man mal vor hat, hier einen ernsthaften Artikel zu recherchieren.

  • RH
    rare hog

    an solchen aussagen merkt immer wieder, dass die nazis & russen damals die polnische intelligenz gezielt beseitigt haben.

  • WJ
    War ja klar...

    ... das die polnischen (nur die?) Behörden für Ihre eigenen Verfehlungen einen Schuldigen brauchen.

     

    Wahrscheinlich hat sich das folgendermaßen abgespielt: Das Wasser steigt, bis es irgendwann die Deiche erreicht hat. Da die Baue der Biber, die sich immer unmittelbar am Wasser befinden, nun überflutet sind, weichen die Tiere auf die Deiche aus, die nun den höchsten Punkt in der Landschaft darstellen. Hier sind die Tiere dann mitunter auch am Tag zu sehen, da sie bei Hochwasser meistens keine Möglichkeit haben, sich tagsüber in einem Bau zu verstecken. Vielleicht hat das ein oder andere Tier tatsächlich angefangen, in dem Deich einen Bau oder eine Sasse zu graben - obwohl sich Deiche, bedingt durch den relativ flachen Böschungswinkel, kaum zur Anlage eines Baus eignen (zumindest nicht für größere Tiere), da die gegrabenen Gänge schnell wieder einstürzen.

    Na ja, weil die Biber da aber nun mal auf dem Deich sitzen und dieser dann auch noch bricht, müssen das natürlich...

     

    Wirklich bedauerlich finde ich in diesem Zusammenhang, dass - falls die Angaben in dem Artikel zutreffen - in Polen wieder aus diesem lächerlichen, an den Haaren herbeigezogenen Grund Jagd auf die Biber gemacht werden soll.

     

    Damit will ich keinesfalls zum Ausdruck bringen, dass der Deichbruch und der Verlust von Menschenleben nicht äußerst tragisch ist! Nur ist für diesen Umstand sicherlich nicht der Biber verantwortlich zu machen, sondern die schlampigen Politiker und zuständigen Behörden.

  • L
    likewise

    Der polnische Innenminister, trunken vor Klischeeseligkeit, sollte als nächsetes jauseigene Klischees bedienen, denen kein Segen ein größerer und mildtätiger sein kann als der Gottes und daß die strenggläubigen Polen das gut genug wissen, um die Zeit nicht mit Interviews und öffentlichebn Äußerungen zu vergeuden, sondern in die Kirche gehen und beten. Irdisches Unglück ist die Folge unzureichender Gläubigkeit und der Sünde, Gebete und Buße werden das Problem sicherer lösen als jedwede Polemik gegen Bibergetier!

  • RD
    Rettet den Biber

    Andererseits können (ja - das ist Wikipedia Wissen) Biber durchaus Wohnhöhlen in Deiche graben - zusätzlich zu ihrer Biberburg - die sie im Wasser bauen und mithilfe ihrer Staudämme den Eingang der Biberburg ständig unter Wasser halten. Die Wohnhöhlen können durchaus bei Hochwasser zur Destabilisierung eines Dammes führen - allerdings kann man gegen solche "Biberschäden" vorsorgen durch Einbau geeignete Gitter schon beim Bau des Deiches etc..

     

    Gerade wenn man weiß, das man viele Biber rund um seinem Deich hat, ist es unverantwortlich nicht geeignete Maßnahmen zu ergreifen, wenn man die Mittel von der EU bekommen hat (Ob diese auch ausgereicht hätten, sei dahingestellt..) .

    Die Biber sind in Polen wahrscheinlich schon länger anwesend und so bleibt es für mich trotzem immernoch ein Fall für mangelndes Engagement im Deichbau und Hochwasserschutz. Kurschlusspolitik, ahoi.

  • L
    Lach

    So hat Katharina II. Polen erobert: Sie hat einfach Biber schicken lassen!

  • F
    Frank

    In Polen hat man ja schon eine lange Tradition, die Ursache von nationalen Katastrophen bei anderen, diesmal dem Biber zu suchen und die eigene Verantwortung auszublenden.

  • A
    agtrier

    ... und die Kaninchen nicht zu vergessen.

     

    Im Gegensatz zu den Bibern graben die sogar tatsächlich Löcher in die Deiche, und bauen nicht einfach selber welche.

  • RD
    Rettet den Biber

    Lang nicht mehr so gelacht wie über diesen Artikel. köstlich. Blöd nur, dass das Realität und kein Kabarett ist..