Diskussionen um Haushalt: Steuersenkungen nicht vom Tisch
Wegen der niedrigeren Schuldenaufnahme werden in der Koalition Forderungen nach Entlastungen laut. SPD und Linkspartei laufen dagegen Sturm.
BERLIN taz | Hoffnungen, der Bund werde in diesem Jahr weniger neue Schulden aufnehmen müssen als geplant, sorgen für erneute Forderungen nach Steuersenkungen. CDU- und FDP-Politiker drängen auf Entlastungen in Milliardenhöhe noch in dieser Legislaturperiode. SPD und Linkspartei laufen Sturm.
"Jetzt haben wir genug Luft für eine Abflachung des Mittelstandsbauchs und eine Entschärfung der kalten Progression", sagte der FDP-Finanzexperte Daniel Volk. Die von der FDP bis zum Veto von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) geforderte Steuersenkung in Höhe von 16 Milliarden Euro sei jetzt gut zu finanzieren.
Am Dienstag hatte das Bundesfinanzministerium erklärt, die Neuverschuldung in diesem Jahr könne um bis zu 20 Milliarden Euro und 2011 um mehr als 15 Milliarden Euro geringer ausfallen als ursprünglich angenommen. Bislang lag den Haushaltsplänen die Annahme zugrunde, der Bund müsse in diesem Jahr 80 Milliarden Euro zusätzliche Schulden machen. Das Bundeskabinett will den Haushaltsentwurf für 2011 am 7. Juli verabschieden.
Der finanzpolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Leo Dautzenberg (CDU), sprach sich für eine dreiteilige Steuerreform mit einem Entlastungsvolumen von 5 Milliarden Euro aus zugunsten von Beziehern unterer und mittlerer Einkommen. Die Reform solle ohne weitere Neuverschuldung und ohne höhere Steuersätze auskommen, sagte Dautzenberg: "Dies erreichen wir, indem wir den Katalog der ermäßigten Mehrwertsteuersätze von unnötigen Subventionen befreien und die sogenannte Handwerkerpauschale wieder auf das Niveau vor den Konjunkturpaketen zurückführen."
Als fatal geißelt die Pläne der Vizevorsitzende der SPD-Fraktion, Joachim Poß: "In einer Situation, in der wir zum Beispiel dringend mehr Mittel im Bildungsbereich brauchen, die nachhaltig finanziert werden müssen, darf kein Geld für im Moment unnötige und im Ergebnis eher geringe Steuersenkungen verplempert werden."
Ähnlich äußerte sich die steuerpolitische Sprecherin der Linke-Fraktion, Barbara Höll: "Statt beim ersten Anzeichen sich langsam füllender Staatskassen gleich wieder über Steuersenkungen nachzudenken, sollte die Bundesregierung erst einmal die unsozialen Bestandteile des Sparpakets zurücknehmen."
Leser*innenkommentare
Dr. Ludwig Paul Häußner
Gast
Hätte die FDP wirklich Finanzexperten ...
dann würde sie die Vorzüge der Ausgabensteur (= MwSt) erkennen.
Auch die MwSt besteuert Einkommen - eben erst beim Ausgeben bzw. erst am Ende der Wertschöpfung.
Nicht die Erdbeere bzw. der Erbeeranbau wird besteuert, sondern erst die konsumerable Erdbeer-Konfitüre.
Eine höhere Ausgabensteuer - die EU lässt derzeit einen Höchstsatz von 25% zu wie in Dänemark und Schweden bereis Realität - führt zu einer Konsolidierung der öffentlichen Haushalte und ermöglicht über einen MwSt-Freibetrag pro BürgerIn zur Vorform eines von den Liberalen angestrebten BÜRGERGELDES.
Tja, wenn die Liberalen nur Finanzfachleute hätten, geschweige denn Staatsmänner.
vic
Gast
Die werden noch von Steuersenkungen labern, wenn diese längst erhöht wurden.
Wenn der eigene Haushalt nicht betroffen ist, bemerkt man solche Kleinigkeiten nicht.