Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.
Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?
Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.
Kreuze in staatlichen Schulen: klar menschenrechtswidrig
Die italienische Regierung, christlichen Kirchen und Parteien wollen weiterhin ihre egoistischen Privilegien aus dem Mittelalter erhalten.
Sie wollen die Entscheidung der ersten Instanz des Europäischen Gerichtshofs nicht akzeptieren, obwohl sie nur Selbstverständliches für die heutige Zeit feststellte: dass "Religionsfreiheit" auch automatisch das Recht bedeutet, frei von Religionen und seinen Symbolen sein zu dürfen, speziell in staatlichen schulischen Einrichtungen!
Es entspricht der allgemein bekannten Vorschrift, dass keine der ca. 4000 religiösen oder nichtreligiösen Weltanschauungen vom Staat bevorzugt oder benachteiligt werden darf.
*Dass Kreuze in Klassenzimmern keineswegs traditionelle, sondern eindeutig religiöse Symbole sind, hatte übrigens schon früher das deutsche Bundesverfassungsgericht dem damaligen bayerischen Ministerpräsidenten Stoiber unter Beifall der Kirchen klargemacht.
Nun wird der Europäische Gerichtshof selbstverständlich den italienischen Ministerpräsidenten Berlusconi in der gleichen Art belehren (der Vatikan kann nicht widersprechen).
Die Religionen sollten endlich anerkennen, dass die universellen Menschenrechte über(!) allen Religionen stehen - nur dann kann es mehr Frieden unter den seit sehr langer Zeit sich bekriegenden Religionen (mit bisher schon Millionen Toten) geben!
Wird es Kamala Harris? Und: Ist es entscheidend, wer für die Demokraten antritt? Sicher. Aber sicher nicht so entscheidend wie Joe Bidens Verzicht.
Kommentar Kruzifix-Streit: Das Kreuz mit der Heiligkeit
Die auftrumpfende Kruzifix-Huberei mag unsympathisch und desintegrativ sein, doch dies ist eine politische Frage, keine Frage der Grundrechte.
Kruzifixe in der Schule zeigen, wer der "Herr im Haus" ist. Und gemeint ist damit nicht der Herr Jesu, sondern dass die eingeborene christliche Bevölkerung in einer immer pluralistischeren Gesellschaft die "Leitkultur" verkörpert.
Zugleich ist das Kruzifix aber auch ein religiöses Symbol. Und wenn der Staat muslimische, jüdische und ungläubige Schüler zwingt, in Schulräumen mit einem Kreuz zu lernen, dann ist natürlich ihre Religionsfreiheit und auch das Erziehungsrecht der Eltern betroffen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, der jetzt über die Kruzifixe in italienischen Schulen entscheiden muss, sollte beide Fragen sauber trennen. Die klagende Mutter beruft sich zu Recht auf ihre Grundrechte und die ihrer Kinder. Hier ist zumindest ein Mechanismus zu schaffen, wie er in Bayern seit zehn Jahren praktiziert wird. Wenn Eltern verlangen, das Kreuz abzuhängen, muss es abgehängt werden. Das ist lästig, aber die Beeinträchtigung durch ein Kruzifix im Klassenzimmer ist auch nicht allzu hoch. In unserer weltlich geprägten Gesellschaft ist es kaum mehr als Folklore.
Dagegen hat der Straßburger Gerichtshof kein Mandat, die italienische Identitätspolitik zu beurteilen. Die auftrumpfende Kruzifix-Huberei mag unsympathisch und desintegrativ sein, doch dies ist eine politische Frage, keine Frage der Grundrechte. Ob ein Staat sich in seiner Symbolik religiös neutral oder christlich fundiert präsentiert, müssen nicht europäische Richter entscheiden.
Italien muss sich allerdings vorhalten lassen, dass seine Identitätspolitik scheinheilig ist. Wer sich in der Verfassung zur Trennung von Kirche und Staat bekennt, kann nicht gleichzeitig dazu auffordern, Kreuze in den staatlichen Schulen aufzuhängen.
Fehler auf taz.de entdeckt?
Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!
Inhaltliches Feedback?
Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.
Kommentar von
Christian Rath
Rechtspolitischer Korrespondent
Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).