VERBRAUCHERSCHUTZ: Regierung gut, Parlament lahm

Im Bundesvergleich schneidet vor allem die Legislative schlecht ab. Die Bremer Verbraucherzentrale lobt zwar Rot-Grün, sieht aber Verbesserungsbedarf.

Ein mögliches Feld für Bundesratsinitiativen aus Bremen: Die Folgen der Bankenkrise für Verbraucher Bild: dpa

Lästigen Werbeanrufen soll Mitte Juli ein Ende gesetzt werden. Dann stellen die Bremer Verbraucherzentrale und das Wirtschaftsressort gemeinsam eine Kampagne gegen Telefon-Werbung vor. Für die Bewertung beim jüngst veröffentlichten Index des Bundesverbandes der Verbraucherschutzzentralen kommt diese Aktion zu spät: Bremen schnitt durchwachsen ab.

Von Platz 15 auf Platz elf hat sich Bremen im Index innerhalb der vergangenen zwei Jahre verbessert. In Schulnoten ist das ein "ausreichend". Beim ersten Index 2004 gab es sogar ein "mangelhaft": Kein Informationsfreiheitsgesetz, keine Verbraucherschutzberichte, keine Veröffentlichungen der Lebensmittelüberwachung waren damals kritisiert worden - Dinge, die mittlerweile existieren.

Das aktuelle Abschneiden Bremens liegt vor allem an der verbesserten Arbeit der Exekutiven, den verbraucherpolitischen Tätigkeiten der Landesregierung: Hier steigerte sich Bremen von Platz 16 auf fünf. Eine Entwicklung, die auch die Bremer Verbraucherzentrale registriert: "Wesentlich verbessert" habe sich die Kommunikation mit den für Verbraucherschutz zuständigen Ressorts Wirtschaft und Gesundheit, sagt deren Geschäftsführerin Irmgard Czarnecki. Regelmäßig gebe es Gespräche. "Vor zwei Jahren", sagt sie, "war daran noch nicht zu denken".

Nach wie vor schlecht schneidet Bremen bei der Verbraucherpolitik des Parlaments ab: Platz elf. Zwar gibt es mittlerweile verbraucherpolitische Fraktionssprecher und einen Austausch zwischen der Verbraucherzentrale und den meisten Parteien - einzig die FDP hält sich laut Czarnecki zurück. Doch all das spielt noch auf der informellen Ebene. Offizielle Anhörungen finden nicht statt - eine Situation, die es sonst nur in Bayern gibt. "Es reicht nicht, wenn wir den Sprechern unsere Meinung zu Themen sagen können", erklärt Czarnecki. Offizielle Anhörungen hätten eine "andere Wirkung, auch nach Außen".

Ebenfalls moniert wird im Index das Fehlen von verbraucherpolitischen Bundesratsinitiativen. "Bremen könnte da weitaus mehr machen", urteilt Czarnecki. Aus ihrer Sicht bietet sich dazu besonders das Thema Finanzmarktkrise an. Standards für die Information und Beratung von Bankkunden sowie die Marktüberwachung, all dies seien Bereiche, in denen der Gesetzgeber bislang zu wenig im Sinne der Verbraucher regele. "Das Thema sitzt die schwarz-gelbe Regierungskoalition bislang nur aus, da wäre politischer Druck sinnvoll", sagt sie. Dabei könnte auch die Verbraucherzentrale ihre Expertise einbringen: "Bei unserer Beratungsarbeit stoßen wir schnell auf Bereiche des Marktes, die nicht funktionieren."

Der rot-grünen Koalition in Bremen stellt Czarnecki ein insgesamt gutes Zeugnis aus. "Da gibt es einen ganz eigenen Anspruch beim Verbraucherschutz", sagt sie: "Zu Zeiten der großen Koalition hat kein Wirtschaftssenator auch nur ein einziges Wort mit uns gesprochen." Viel hänge jedoch noch immer von Personen ab: Wirtschaftssenator Martin Günthner (SPD) habe sofort nach Amtsantritt das Gespräch gesucht - ganz im Gegensatz zu Vorgänger Ralf Nagel.

Für die Zeit nach der Bürgerschaftswahl 2011 wünscht sie sich, dass nicht mehr zwei Ressorts verantwortlich sind, sondern der Verbraucherschutz beim Wirtschaftsressort angesiedelt wird. "Eine eindeutige Zuordnung", sagt Czarnecki, "würde vieles noch mal erleichtern".

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