Kreativ-GmbH-Chef Egbert Rühl: "Wir können helfen"

Hamburgs neue Kreativ GmbH berät Kreative und vermittelt ihnen Räume. Schwierigste Aufgabe ist es bislang, Gebäude zur Zwischennutzung zu finden.

"Der Markt muss offen sein": Im März zogen 130 Frappant-Künstler in die Viktoria-Kaserne. Bild: Miguel Ferraz

taz: Herr Rühl, warum braucht Hamburg eine städtische Kreativ GmbH? Ist Hamburg nicht kreativ genug?

Egbert Rühl: Doch. Aber mithilfe der Kreativ-Gesellschaft kann Hamburg lernen, seine Kreativen besser zu unterstützen.

Wo hakt es denn?

Zum Beispiel beim Beratungsangebot. Es gibt hier in der Stadt etliche Menschen, die hoch qualifiziert sind, ein gutes Kulturangebot haben und Tausende von Zuschauern erreichen. Trotzdem müssen sie nebenbei einen Brotjob machen, weil sie von der Kunst nicht leben können. Irgendwann kommen sie an den Punkt, wo sie sagen, ich möchte mit meinem Herzensprojekt mehr Geld verdienen als jetzt. Da können wir vielleicht helfen.

Wie genau?

Wir können zum Beispiel sagen: Vielleicht wäre es sinnvoll, wenn du den Titel deiner Veranstaltungsreihe urheberrechtlich schützen ließest. Und vielleicht solltest du über deine Zielgruppe nachdenken. Andere wiederum suchen Räume. Auch ihnen versuchen wir zu helfen.

Wie ist das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage?

Auf unserer Liste stehen derzeit rund 150 Immobilien, und wir haben mit der Finanzbehörde vereinbart, dass sie uns in nächster Zeit weitere Immobilien aus ihrem Portfolio benennt, die für Zwischennutzungen in Frage kommen.

der Historiker leitet seit März die Hamburg Kreativ GmbH.

Was für Immobilien bieten Sie an?

Oft sind es Umnutzungen, aber auch Neubauten, Denkmäler, Verwaltungsgebäude. Es geht auch die Gestaltung des Oberhafenquartiers in der Hafencity, das ja zu 100 Prozent von Kreativen genutzt werden soll. Zur Zeit prüfen wir, welche Gebäude wir kurzfristig anbieten können.

Wie lange können Kreative von Ihnen vermittelte Gebäude nutzen?

Einerseits besteht ein großer Bedarf nach kurzfristigen Nutzungen: Der eine braucht einen Ausstellungsraum für sechs Wochen, der andere möchte 14 Tage lang Theater spielen. Andere wollen fünf Jahre bleiben.

Stehen Hamburgs Vermieter einer Zwischennutzung positiv gegenüber?

Wir bemühen uns derzeit, auf beiden Seiten Vertrauen aufzubauen. Aber die Vermieter zögern, weil sie fürchten, dass eine Zwischennutzung die Verwertung des Gebäudes blockiert. Sie fürchten, dass die Kreativen nicht vertragstreu sind und wie vereinbart wieder ausziehen. Mein Argument lautet: Um das zu gewährleisten, muss der Markt so offen sein, dass die Kreativen leicht ein Nachfolgeangebot finden. Wenn sich Hamburg hier öffnet, beseitigen wir mittelfristig das Problem der vermeintlichen Vertragsuntreue.

Helfen Sie auch bei Finanzproblemen?

Ja. Wir machen die Betreffenden auf die öffentliche und privaten Fördermöglichkeiten aufmerksam. Wir arbeiten aber auch daran, dass kommerzielle Förderprogramme für die Kreativwirtschaft erreichbar werden. Denn solche Programme bieten oft lediglich investive Mittel - und das nützt den Kreativen nichts. Da muss man schon fragen, wie ernst es die öffentliche Hand meint, wenn sie sagt, wir schreiben uns die Förderung der Kreativwirtschaft auf die Fahnen - aber wir schließen sie von etlichen Förderinstrumenten aus.

Auf welche Klientel hoffen Sie?

Grundsätzlich stützen wir uns auf die Kreativwirtschafts-Definition des Wirtschaftsministeriums, die sich auf die gewerblichen Akteure konzentriert. Wir in Hamburg fokussieren allerdings den nicht gewerblichen Teil der Kreativwirtschaft.

Gewerbliche und nicht-gewerbliche Kreative misstrauen einander oft. Vermitteln sie da?

Zu unserem Konzept gehört auch, dass man voneinander lernt. Dass etwa die Künstler wissen, was die Gamer machen oder die Werber. In der Werbebranche wiederum herrscht eine große Offenheit gegenüber den Künstlern. Und der beliebte Vorwurf, dass der Gamer dem Künstler billig Ideen abkauft, trägt schon deshalb nicht, weil niemand zur Zusammenarbeit gezwungen wird.

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