NEUES INSTRUMENT DER ARBEITSMARKTPOLITIK: Bürgerarbeit als Wohlfühlfaktor

Im September startet in Bremen das Modellprojekt Bürgerarbeit. 200 öffentlich geförderte Stellen für Langzeitarbeitslose sollen geschaffen werden

Ein Bürgerarbeits-Feldversuch lief 2006 in Sachsen-Anhalt, unter anderem in diesem Altenheim : DPA

Mitte September wird in Bremen das Modellprojekt "Bürgerarbeit" für Langzeitarbeitslose starten. Wer die TeilnehmerInnen auf das Programm vorbereiten wird, ist noch offen. Heute läuft die Bewerbungsfrist für Beschäftigungsträger um die Betreuung der künftigen BürgerarbeiterInnen ab.

200 gemeinnützige Bürgerarbeitsplätze will Bremen einrichten. Im September startet zunächst aber für 1.000 Langzeitarbeitslose, die mindesten seit zwei Jahren ohne Arbeit sind, eine so genannte "Aktivierungsphase" bei einem Beschäftigungsträger. Dort sollen sie beraten, qualifiziert und gecoacht werden und sich verstärkt für den ersten Arbeitsmarkt bewerben, erklärt Bagis-Sprecherin Angela Wessel. Im Frühjahr 2011 würde dann ein Teil der TeilnehmerInnen für die tatsächliche Bürgerarbeit "empfohlen", die bis 2014 befristet ist.

900 Euro netto werden die BürgerarbeiterInnen für wöchentlich 30 Stunden bekommen, so sieht es das Bundesarbeitsministerium vor. Die BürgerarbeiterInnen sind sozialversicherungspflichtig beschäftigt, Lohn und Sozialversicherung zahlen Bund und EU. Die Arbeitgeber sollen auf branchenübliche Tariflöhne aufstocken - sie zahlen also nur, wenn die über den öffentlich subventionierten 900 Euro liegen.

In Bremen soll es vornehmlich in "Firmen, die im öffentlichen Interesse stehen" Bürgerarbeitsplätze geben, sagt Wessel, in städtischen Eigenbetrieben oder kommunalen GmbHs. Dort sollen die BürgerarbeiterInnen zusätzliche Aufgaben übernehmen. Bei der BSAG etwa gibt es Überlegungen, BürgerarbeiterInnen in der Kundenbetreuung einzusetzen. Sie könnten Bahnen und Busse begleiten, Kinderwagen reintragen und "Präsenz zeigen, damit die Leute sich wohl und aufgehoben fühlen", wie ein Sprecher sagt. Auch bei der Wohnungsbaugesellschaft Gewoba will man Bürgerarbeitsplätze einrichten. Dort könnten BürgerarbeiterInnen zum Konfliktmanagement in "gemischten Nachbarschaften" beschäftigt werden, wie es im Bürgerarbeits-Konzept der Bagis heißt.

Kritik daran kommt von der Linken-Bürgerschaftsfraktion. Die fürchtet, dass sich mit der Bürgerarbeit der Druck auf Arbeitslose erhöhen wird. "Wo Bürgerarbeit drauf steht, darf kein Zwang zur Arbeit drinstecken", sagt die Linken-Abgeordnete Inga Nitz. Zudem fürchte sie, dass Bürgerarbeitsplätze reguläre Stellen verdrängen könnten. Die Sorge teilt man bei der SPD. "Zweischneidig" sehe sie die Bürgerarbeit, sagt die SPD-Arbeitsmarktpolitikerin Helga Ziegert. Öffentlich geförderte Beschäftigung sei "immer eine Gratwanderung".

Verdrängungseffekte wolle man in Bremen aber dadurch verhindern, dass nur in öffentlichen Unternehmen Bürgerarbeitsplätze eingerichtet werden. "So wird es keine zusätzlich subventionierten Arbeitskräfte für private Unternehmer geben", sagt Ziegert. Die Zusätzlichkeit der Bürgerarbeitsplätze werde nicht nur vom Beirat der Bagis - in dem unter anderem Gewerkschaften, Handels- und Handwerkskammer sitzen - überwacht, sondern auch "politisch". "Bürgerarbeit", meint Ziegert, "ist in Bremen vernünftig angelegt, da kann nichts Negatives bei rauskommen".

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