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Kritik an Linke-Chef ErnstRückendeckung aus dem Osten

Thüringens Fraktionsvorsitzender Bodo Ramelow verteidigt die Bezüge des Parteichefs. Über die Bezüge Lothar Biskys habe sich nie jemand aufgeregt.

Zwei, die sich verstehen: Bodo Ramelow (links) und Klaus Ernst. Bild: dpa

Bodo Ramelow, Vorsitzender der Linksfraktion in Thüringen, hat Parteichef Klaus Ernst in Schutz genommen. Der innerparteiliche Umgang mit Ernst sei "nicht fair", sagte Ramelow zur taz.

Ernst wird seit Wochen angegriffen, weil er als Bundestagsabgeordneter Flüge falsch abgerechnet haben soll und neben seinen Abgeordnetendiäten noch 3.500 Euro als Parteichef erhält. Die Vorsitzende Gesine Lötzsch hatte darauf verzichtet. Auch das Parteivorsitzenden-Duo Lothar Bisky/Oskar Lafontaine handhabte die Dinge so. Lafontaine, der als langjähriger Bürgermeister und Ministerpräsident üppige Pensionen bezieht, verzichtete auf das Geld, Bisky bekam sogar mehr als 3.500 Euro.

Ramelow hält die Aufregung über Ernst für "unredlich". Nie habe sich jemand aufgeregt, dass "Bisky dieses Gehalt von der Partei bekommen hat". Auch Matthias Höhn, Landeschef in Sachsen-Anhalt, verteidigt die Regelung. Die Alternative, Parteivorsitzende überhaupt nicht zu entlohnen, sei "keine gute Idee", sagte Höhn zur taz.

Kritik an Ernsts Einkünften, die sich insgesamt auf mehr als 13.000 Euro pro Monat belaufen, kam vor allem von ostdeutschen Spitzenpolitikern der Linkspartei wie Wulf Gallert aus Sachsen-Anhalt, Steffen Bockhahn aus Mecklenburg-Vorpommern und und Rico Gebhardt aus Sachsen. Für "wenig geschickt" hält Ramelow allerdings, dass Ernst als Mitglied des Fraktionsvorstands gut 1.900 Euro zusätzlich erhält.

Der zweite Vorwurf lautet, Ernst habe drei Flüge als IG-Metall-Bevollmächtigter auf Bundestagskosten abgerechnet. Ernst nahm als Gewerkschaftsvertreter an Aufsichtsratssitzungen der Autozulieferer SKF GmbH und ZF Sachs AG teil. Strittig ist, ob dies noch "mandatsbezogene Tätigkeiten" sind, die die Bundestagverwaltung zu bezahlen hat, oder ob die Firmen die Kosten tragen müssen. Offenbar gibt es zu dieser Frage keine klare Rechtsauffassung.

Auffällig ist, dass sich die politische Konkurrenz mit Bemerkungen zurückhält. Viele Parlamentarier sitzen in Aufsichtsräten. Und selbst wenn die Berliner Staatsanwaltschaft ein Verfahren gegen Ernst einleiten sollte, geht es dabei nicht um den Vorwurf persönlicher Bereicherung: Hätte der Bundestag die Flüge nicht bezahlt, wären die Firmen dafür aufgekommen.

Ramelow erklärt die Aufregung um Ernst auch mit dem zwiespältigen Verhältnis zwischen Westgewerkschaftern und der Linkspartei im Osten. Im Osten würden viele Genossen Westgewerkschaftern "misstrauen, weil die oft den Osten nur benutzt haben, um die höheren Weststandards zu schützen". Es habe Westgewerkschafter gegeben, die die Devise "Lieber 100 Prozent arbeitslos als für 80 Prozent Lohn in Arbeit" vertreten hätten.

Matthias Höhn hofft auf ein Ende der Debatte. Denn in Sachsen-Anhalt wird in acht Monaten gewählt. "Wenn die Diskussion bis zum Herbst weitergeht, schadet uns das", sagte er. Allerdings hat auch Ernst Anteil daran, dass die Affäre weitergeht. Am Montag wurde eine Pressekonferenz mit ihm kurzfristig und ohne einleuchtende Gründe abgesagt. Das wiederum sorgte in Medien für wüste Spekulationen. Offenbar, so ein Parteifreund, "hat Ernst nicht vor, einen Fettnapf auszulassen".

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6 Kommentare

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  • S
    stayathomelikeyesterday

    Nein, es ist entsetzlich, dass der Ernst an den gleichen Maßstäben gemessen wird, wie die Berufspoltiker/Berufspolitikerinnen der anderen Parteien.

     

    Wenn ein Politiker oder eine Poltikerin von CDUCSUFDPSPDGRÜN im Aufsichtsrat sitzt, dann ist das fieser und verabscheungswürdiger Lobbyismus. Bei Ernst ist das natürlich die Vertretung von Arbeitnehmerinteressen, hust hust.

     

    Wenn er so viel erhält, wie eben andere Abgeordnete/Fraktionsvorständler/Vorsitzende auch, dann ist das im Rahmen des Üblichen. Dann verbietet sich aber auch die Kritik, die Anderen würden sich die Taschen vollstopfen.

     

    Dass Frau Lötsch nur deshalb auf die 3.500 Euro verzichtet, damit ihr Rückkehranspruch an die Uni unberührt bleibt, kommt auch ein wenig zu kurz in der Berichterstattung.

     

    Und diese "Kampagnengeschrei" nervt total. Wer macht denn die ganze Zeit das Fass auf: das sind doch Linkenfunktionäre selbst - einschließlich ND. Die haben doch offensichtlich ein Hühnchen miteinander zu rupfen - ich muss schon sagen, netter Umgang der Parteifreunde und -freundinnen.

  • N
    Nordwind

    Selten eine so flache Kampagne wie gegen den Ernst gesehen.

     

    Es gilt der Satz: Keine Kampagne ist dusselig genug um den ängstlichen Neolib/Neocon von seinen vollen Hosen abzulenken.

     

    Man gehe einfach auf die Seiten des Bundestages und schaue sich die durch aktive Politik ermöglichten Einkommen an. Man stelle fest: der Ernst schneidet bei korrekter Analyse gegenüber den Lobbyisten im Parlament eher schlecht ab.

     

    Der eigentliche Skandal sind die Nebeneinkünfte welche durch Klientenpflege von Politikern der FDP, CDU/CSU, SPD und Grünen erzielt werden.

     

    Der Drehtüreffekt sollte auch nicht unterschätzt werden. Nachdem man seinen Einfluß genügend ausgeübt hat geht es dann direkt aus dem Parlament zu einem Finanzdienstleister oder einem Energieversorger.

     

    Aber unsere Hofberichterstatter machen lieber über Wochen eine causa Ernst auf.

     

    Das ist auch einfacher. Das ist so übersichtlich, dass die Grundrechenarten das Denken nebst Recherche ersetzen können.

     

    Dabei wird in so manchem Käseblatt auch ganz bewußt mit falschen Zahlen gelogen. So gilt z.B. bei der Springer-Presse die Aufwandspauschale als Einkommen.

     

    Klar, wozu braucht ein Linker auch ein Büro und Mitarbeiter?

     

    Aber das schönste für den Kampagnenjournalisten: man bekommt die Schultern von den "richtigen" Leuten geklopft und darf beim nächsten Hintergrundgespräch in einem seiner Lieblingscafes wieder dabei sein, damit einem Politik auch so richtig erklärt wird.

     

    Endlich! Welch wohliges Gefühl dazu zu gehören.

  • R
    reblek

    "Die Vorsitzende Gesine Lötzsch hatte darauf verzichtet. Auch das Parteivorsitzenden-Duo Lothar Bisky/Oskar Lafontaine handhabte die Dinge so." Allerdings folgt dann inhaltlich das Gegenteil, denn Bisky hat das keineswegs so gehandhabt.

  • T
    Torsten

    und wann erfahren wir denn endlich was die ganzen anderen Politiker so verdienen?.....ist ja schon lustig das die vom Kapital gesteuerten Medien seid Monaten kein anderes Thema als die Einkünfte von dem Linken- Chef haben dabei bekommt der ja nur das gleiche wie alle anderen Bundestagsabgeordneten und 3500,- Euro brutto für die Arbeit als Bundesvorsitzender der viertgrößten Partei ist doch wohl eher ein Witz da lachen sich Gabriel,Roth und Merkel sicher schlapp genauso wie über den 10 Jahre alten Porsche der einen Wert von 25.000,- Euro hat...lächerlich Luxus für alle statt euer kapitalistisches Elend ... Linke was sonst!!!

  • I
    Ingo

    "Über die Bezüge Lothar Biskys habe sich nie jemand aufgeregt."

     

    Und dabei hat der sich anscheinend sogar noch freizügiger bedient. Typisch Linke. Bis auf die Art ihrer Ideologie unterscheiden sie sich in keinster Weiße von dem ganzen anderen Berufslügner und Lobbyismus-Türaufhalter von CDUCSUSPDFDP.

     

    (hoffentlich kommt dieser Kommentar durch die Zensur hier)

  • KS
    Klaus Störtebecker

    Parteibürokraten aller Länder (und aller Coleur) - haut euch richtig die Taschen voll ! Wofür sonst habt ihr dieses Amt angestrebt ?