die wahrheit: Die vertreibende Kraft
Krawallschachteln: Die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen, Erika Steinbach, sollte dringend und gründlich vertrieben werden.
Immer noch hat die Vertreibung ein negatives Image. Das liegt vor allem am Bund der Vertriebenen und seiner Präsidentin Erika Steinbach, die zwar noch nie eine Vertreibung erlebt hat, aber in einer Tour nölt und nörgelt, wie schrecklich dieses Vertreiben sei. Dabei gibt es doch nichts Schöneres, als sich zum Beispiel die Zeit zu vertreiben. Und in einem alten Sprichwort heißt es: "Bier vertreibt den Durst, Brot den Hunger, Christus den Tod." Durst, Hunger, Tod - mehr kann man von so einer Vertreibung nicht erwarten. Man muss auch mal das Positive sehen.
Zuletzt forderte Erika Steinbach dreist einen eigenen Gedenktag für Vertriebene und schlug den 5. August vor, weil vor Jahrzehnten an diesem Datum die Charta der Heimatvertriebenen verkündet worden sei. Doch niemand mochte den Tag umwidmen. Denn der 5. August ist nicht nur für Katholiken eng verbunden mit dem Kirchlein "Maria Schnee", dem eine der idyllischsten Novellen der deutschen Literatur gewidmet ist. Da würde so ein elender Vertriebenentag völlig fehl am tief verwurzelten Platz sein.
Was die getriebene Vertriebenenchefin dringend braucht, ist eine gründliche Vertreibung. Die Frage ist nur, wohin? Die Retourkutsche ist nicht möglich. Sie nach Polen zu vertreiben, verbietet sich schon aus Respekt für die Nachbarn, denen die oberste Vertriebene nicht zugemutet werden kann. Aber auch sonst als Vertreibungsgebiete bekannt gewordene Landstriche sind viel zu bezaubernd, um mit dieser deutschen Altlast kontaminiert zu werden.
Eine ordentliche Vertreibung würde sogar dem geistigen Gerüst der durch und durch Durchtriebenen nützen. Denn für die Vertreibungen nach dem Zweiten Weltkrieg war die Tochter eines Feldwebels der Luftwaffe seinerzeit zu jung. Die im Reichsgau Danzig-Westpreußen geborene Erika Steinbach flüchtete bereits im Alter von 18 Monaten mit ihrer Mutter nach Schleswig-Holstein. Obwohl sie die Flucht nicht bewusst erfahren hat, glaubt sie noch heute, ihre frühkindliche Vertreibung sei das wichtigste Ereignis ihres Lebens gewesen, weshalb sie ihr Glaubensbekenntnis mit Zähnen und Klauen verteidigt.
Sonst hätte sie schließlich eines der zentralen Ereignisse der Generation Erika verpasst. Was für andere der erste Kuss war, ist für Erika Steinbach ihre Vertreibung, die in ihr ein steinernes Herz wachsen ließ. Seit Jahren entzweit sie nun mit ihrem ewigen Revanchismus zwei Völker, die inzwischen eigentlich sehr gut miteinander können, wäre da nicht die krakeelnde Steinbach.
Einfach aber wird es nicht, Erika Steinbach zu vertreiben. Schließlich klammert sich die Vertriebenenführerin hartnäckig an ihren Stuhl. Sie ist wie der Kummer, die Sorgen und die schlechte Laune, die sich auch nicht leichter Hand vertreiben lassen. Man müsste ganz langsam anfangen und sie zum Beispiel einem erfahrenen Vertrieb anbieten, der versuchen könnte, sie Stück für Stück in alle Länder dieser Erde zu vertreiben. Sie in Gorleben zu endlagern oder in der Nordsee zu verklappen oder vom Treibsand verschlucken zu lassen, bleibt uns allein schon aus ökologischen Gründen verwehrt.
Am besten wäre es, wenn die Vertreibung der Erika Steinbach auch noch einen gesellschaftlichen Nutzen hätte. Man müsste Erika Steinbach aus dem Bund der Vertriebenen (BdV) direkt in den neu zu gründenden Bund der Krawallschachteln (BdK) vertreiben. Von ihren Mitschachteln würde sie sicher sofort zur Vorsitzenden gewählt: Alice Schwarzer, Marie-Luise Marjan, Hildegard Hamm-Brücher, Antje Vollmer, Dieter Bohlen, Uta Ranke-Heinemann … So viele Krawallkrähen auf einmal würden sich gewiss gegenseitig neutralisieren, und wir hätten endlich, endlich eine Ruhe.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kritik am Deutschen Ethikrat
Bisschen viel Gott
Trumps Krieg gegen die Forschung
Bye-bye, Wissenschaftsfreiheit!
Menschenrechtsverletzungen durch Israel
„So kann man Terror nicht bekämpfen“
Altvordere sollen Linke retten
Hoffen auf die „Silberlocken“
Ungelöstes Problem der Erneuerbaren
Ein November voller Dunkelflauten
Autobranche in der Krise
Kaum einer will die E-Autos