Erneuter Zoff um Linken-Chef Ernst: Machtfaktor Karteileichen
Hat das Lager von Klaus Ernst Mitgliederlisten manipuliert, um in der Linkspartei an einflussreiche Posten zu gelangen? Der Streit eskaliert.
![](/picture/300570/624/Ernst.20100816-17.jpg)
Linken-Chef Klaus Ernst: Zwar noch im Urlaub, aber dennoch im Zentrum des innerparteilichen Streits. :
dpa
Die Streitpartei: Die Bundesschiedskommission der Linkspartei veröffentlichte vor drei Monaten routinemäßig ihren Bericht. Die Kommission stellte nüchtern fest, dass es in der Partei ein besorgniserregend "hohes Streitpotenzial" gibt. In 257 Fällen musste man schlichten. Vor allem im Saarland, in Rheinland-Pfalz und NRW sind sich die Genossen nicht grün. Im "Streben nach Macht und Posten", so der Befund, legen die Genossen "teilweise absurde und geschmacklose Verhaltensweisen an den Tag". Es werde mit "Halbwahrheiten, Beleidigungen und persönlichen Herabsetzungen" gearbeitet. Besonders rau geht es in Rheinland-Pfalz zu. Zwei Fraktionen bekämpfen sich dort mit allen Mitteln. Exlandeschef Alexander Ulrich warf vor zwei Monaten entnervt das Handtuch. Derzeit versucht Vizeparteichef Heinz Bierbaum die Wogen zu glätten. 2011 wird in Rheinland-Pfalz gewählt.
Die Karteileichen: Die Kommission hat einen weiteren Grund für die miese Stimmung bei der Linkspartei ausgemacht. Es mangele an der "korrekten Erfassung des Mitgliederbestands für die Erstellung von Delegiertenschlüsseln". Dies sorgt nun in Bayern für Manipulationsvorwürfe. Zuvor musste schon der saarländische Landesverband seine Mitgliederzahl korrigieren. Statt 3.500 gibt es an der Saar nun nur noch 2.500 linke Genossen. Rund 1.000 hatten länger als sechs Monate keinen Beitrag bezahlt. Doch zum Bundesparteitag waren Delegierte für 3.500 Saargenossen entsandt worden.
Das Westproblem: Offenbar sind innerparteilicher Zoff und massenhafte Karteileichen ein Westproblem. Im Osten steht die Partei auf soliden Füßen. Auch finanziell. Der Durchschnittsgenosse Ost zahlte 2008 13,64 Euro monatlich in die Parteikasse, der Westgenosse nur 5,59 Euro. Offenbar weil viele Genossen nur auf dem Papier stehen. Es wäre keine Überraschung, wenn nach dem Saarland und Bayern noch mehr Landesverbände ihre Zahlen nach unten korrigieren müssen. (sr)
Leser*innenkommentare
Westberliner
Gast
"Belegen kann Voß das nicht, wie er zugibt."
Dann frage ich mich, wieso er sich an die Öffentlichkeit wendet und was die wahren Beweggründe sind?
RoterFilz
Gast
der Verdacht der Manipulation von Mitgliederlisten gibt es im Saarland seit 2007, bei der Fusion fing das an.
PDS-Mitglieder standen plötzlich auf der WASG-Liste, obwohl nie eine Eintrittserklärung ausgefüllt wurde ...
2007 zig Wahlanfechtungen im Oskar-Ländle, alle unterm Teppich gelandet
Volker Schneider
Gast
Bis jetzt bleibt Voß jeden Beweis schuldig, dass und wie konkret(!) Delegiertenmandate erschlichen wurden. Dreist ist sein Hinweis im NDR auf einen Vorfall in Aschaffenburg. Dort habe im letzten Jahr der Kreisverband 28 Mitglieder ordnungsgemäß bereinigt und dem Landesverband gemeldet. Wenn dies so stimmt, kann er dafür aber unmöglich den jetzigen Landesvorstand verantwortlich machen, denn der wurde erst im April 2010 gewählt. Der Verantwortliche für diese "Manipulation" wäre dann wohl Franc Zega gewesen. Ein interessanter Aspekt über den man genauer nachdenken sollte.
Dazu paßt auch ein Bericht des Spiegel, in dem es heißt: "Zudem stehe Voß als Vorsitzender des Kreisverbandes Amberg-Sulzbach 34 Mitgliedern vor, von denen aktuell 15 keine Beiträge bezahlten. Delegierte für den letzten Landesparteitag aus Amberg-Sulzbach seien übrigens der Vorsitzende Voß und seine Gattin gewesen - ihres Zeichens Kreis-Schatzmeisterin." Die Korrektheit dieser Information unterstellt, hätte Voß selbst und ganz konkret für seinen Kreisverband einen Delegiertenplatz erschlichen und den auch noch innerfamiliär weiter gereicht. Ob da einer mit seinen Manipulationsvorwürfen nicht ganz schön im Glashaus sitzt?
stayathomelikeyesterday
Gast
Wenn es sich als wahr herausstellen sollte, dass ein Drittel der Mitglieder Karteileichen sind, dann sollten die verantwortlichen Vorstände in den Landesverbänden zurücktreten. Das hat nichts mehr mit Schlurigkeit oder Gründungschaos zu tun, das ist schlicht undemokratisch und illegitim. Die Verzerrung des Delegiertenschlüssels setzt sich ja auch auf der Bundesebene fort. Da muss der demokratsiche Charakter dann doch angezweifelt werden.
Dass eine persönliche Angestellte von Ernst den Landesverband leitet, ist ja wohl ein schlechter Scherz - als Nebenjob, oder wie?. Dementsprechend ist ja wohl ihre Neutralität in diesem Verfahren zu bewerten.
Liebe Leute, so ein Gemauschel gibt's ja nicht mal bei der CDU. Das kennt man doch nur von den Amigos in - upps - Bayern.
Fieser Sumpf, bitte schnell trockenlegen.