CDU kämpft um Stoibers Ehre

RÜGE Für Kritik an Edmund Stoibers Prägung „durchrasste Gesellschaft“ kassiert ein Grünen-Abgeordneter im Kieler Landtag einen Ordnungsruf. Den akzeptiert er nicht

„Andere hatten dafür den Weg bereitet, so zum Beispiel Edmund Stoiber, der in der Asyldebatte von der Gefahr einer ,durchrassten Gesellschaft’ sprach“

Burkhard Peters, Grüne

VON ESTHER GEISSLINGER

Die Rede von Burkhard Peters war zunächst sehr persönlich, als er im Januar zum Thema Rechtsextremismus im Kieler Landtag sprach. Dann wurde der Grünen-Abgeordnete analytisch und stellte einen Zusammenhang her zwischen rassistischen Brandanschlägen wie dem 1992 in Mölln und dem gesellschaftlichen Klima jener Zeit, der nun für handfesten Streit in der Landespolitik sorgt. Peters sagte: „Die Täter fühlten sich legitimiert, mit Brandanschlägen ein ethnisch homogenes Deutschland herbeizuführen. Andere hatten dafür den Weg bereitet, so zum Beispiel Edmund Stoiber, der in der Asyldebatte von der Gefahr einer ,durchrassten Gesellschaft’ sprach.“

CDU-Abgeordnete waren empört, Landtagspräsident Klaus Schlie (CDU) rügte Peters mit einem Ordnungsruf. Doch der Grünen-Abgeordnete will das nicht auf sich sitzen lassen, legte Widerspruch ein, den Schlie ablehnte. Am Mittwoch stimmt nun der Landtag darüber ab.

„Ich habe nicht die Ordnung gestört, sondern nur meine Meinung gesagt“, sagte Peters der taz. Der Rechtsanwalt vertrat im Jahr 1992 die Familie Arslan, die beim Anschlag in Mölln drei Angehörige verlor. Er streite sich nicht um Kleinigkeiten sagt Peters, aber es gehe es um ein wichtiges Thema und das geschützte Rederecht eines Abgeordneten.

Peters hatte nach der umstrittene Aussage seine Kritik eingegrenzt. Nein, er halte Stoiber nicht für einen Anstifter, aber solche „schlimmen Sätze“ würden zum gesellschaftlichen Klima beitragen, sagte er auf die Frage eines CDU-Abgeordneten. Später erläuterte er, heute herrsche ein anderer Geist in CDU und CSU vor – und betonte besonders das „Engagement gegen Rechtsradikalismus“ des ehemaligen Innenminister Klaus Schlie. Doch der erteilte die Rüge.

Der Ordnungsruf ist Teil des Instrumentenbestecks, mit denen das Landtagspräsidium erhitzte Debatten abkühlen kann. In einem Handbuch des Landtags wird aufgezählt, wann ein Ordnungsruf angebracht ist: „Pfeifen, Singen, andauerndes Stören des Redners, grob kränkende, abwertende oder provokative Bemerkungen, Unhöflichkeiten, Beschimpfungen, Drohungen, Körperverletzung, Hausfriedensbruch und Verteilung verfassungswidrigen Propagandamaterials“.

In der betreffenden Sitzung fand nichts davon statt, die Debatte um ein Landesprogramm gegen Rechtsextremismus lief ruhig weiter. In Peters’ Widerspruch, der der taz vorliegt, gibt der Abgeordnete zu, dass er die „geschichtlichen Tatsachen verkürzt und dadurch vielleicht auch überspitzt“ dargestellt habe. Aber selbst, wenn die Aussage falsch wäre, könne das nicht Gegenstand eines Ordnungsrufes sein, argumentiert der Rechtsanwalt.

Schlie lässt ausrichten, er äußere sich nicht zu einem laufenden Verfahren. Wenn am Mittwoch das Parlament abstimmt, ob die Rüge aufrecht erhalten bleibt, will Peters selbst sich enthalten – damit wären die Blöcke von Regierungs und Oppositionsfraktionen gleich stark, falls nicht Abgeordnete von CDU, FDP oder Piraten gegen den Landtagspräsidenten stimmen.