Restlaufzeit: Grüne kündigen Nichtangriffspakt

CDU und FDP wollen in Kiel so lange wie möglich regieren - sie seien schließlich legitimiert. Die Grünen sehen das anders. Sie wollen künftig im Landtag alle Stimmen einsetzen, auch wenn ein CDUler fehlt.

Sollte jetzt besser im Parlament bleiben, anstatt zu Außenterminen zu gehen: Peter Harry Carstensen. : dpa

Die schleswig-holsteinische Landesregierung gerät weiter unter Druck: Künftig darf kein CDU-Abgeordneter im Parlament fehlen - auch nicht Minister, die Termine wie beispielsweise im Bundesrat haben.

Bisher galt zwischen den Fraktionen das Pairing-Verfahren: Fehlte ein CDU-Abgeordneter, stimmte ein Mitglied der Grünen nicht mit, die SPD tut der FDP denselben Gefallen und will zurzeit auch daran festhalten. Die Grünen kündigten das Abkommen teilweise auf: "Bei Krankheit gilt es, hier muss keiner auf der Trage abstimmen", sagt die parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Monika Heinold. "Aber bei anderen Terminen nicht mehr."

Sie verweist darauf, dass Pairing nicht selbstverständlich sei, sondern vom "Goodwill" abhänge. "Bisher haben wir die Mehrheit akzeptiert." Nun aber, da das Verfassungsgericht eine Neuwahl für unerlässlich hält, sei das anders: Schwarz-Gelb "hat keine politische Legitimation mehr". Axel Bernstein, Heinolds Gegenstück bei der CDU, reagiert ungehalten, obwohl die CDU selbst früher der knappen SPD-Mehrheit ein Pairing verweigerte. Gestern befand Bernstein, es schade dem Land, wenn Minister nicht bei Sitzungen im Bund vertreten seien. Vor allem aber: "Die Grünen widersprechen dem Gericht, das der Regierung die volle Handlungs- und Arbeitsfähigkeit bescheinigt hat." Regierungssprecher Knut Peters rüffelte den Vorstoß der Grünen als "undemokratisch". Die Regierung sei "in vollem Umfang legitimiert".

Dass Schwarz-Gelb bis zu einer Neuwahl völlig normal weiterarbeiten kann, ist zurzeit die Sprachregelung beider Regierungsfraktionen. "Arbeits- und handlungsfähig", erklärte der Fraktionsvorsitzende und wahrscheinliche Spitzenkandidat der CDU, Christian von Boetticher: "Diesen Auftrag werden wir erfüllen, wozu auch das existenziell wichtige Ziel der Haushaltskonsolidierung gehört." Fraktionssprecher Dirk Hundertmark fügte hinzu: "Man kann sich nicht auf den einen Aspekt des Urteils berufen und dem anderen widersprechen."

Für die FDP-Fraktion bestätigte ihr Vorsitzender Wolfgang Kubicki, die Koalition sei "legitimiert, handlungsfähig und verfügt über die Mehrheit im Parlament". Auch die am Donnerstag bekannt gewordene Umfrage, laut der die SPD mit der CDU gleichzieht und die Grünen auf 19 Prozent steigen, während die FDP auf fünf Prozent stürzt, schreckt die Koalitionäre offiziell nicht: "Wir bewegen uns oberhalb des Bundestrends", konstatierte CDU-Landesgeschäftsführer Daniel Günther. Kubicki stellte trocken fest: "Es war zu erwarten, dass unser Konsolidierungskurs keine große Freude auslösen würde." Der Trend werde sich umkehren, wenn erst einmal Gesetzesänderungen beschlossen seien.

Ob das gelingt, ist die entscheidende Frage. Vor allem um den Haushalt für die kommenden zwei Jahre geht es. Er enthält zahlreiche Sparmaßnahmen, um die jährliche Neuverschuldung abzubauen - das wichtigste Ziel von Schwarz-Gelb. Gewerkschaften und Sozialverbände haben Proteste gegen die Sparpläne angekündigt. Der Bezirksvorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) Nord, Uwe Polkaehn, sprach dem Landtag die Legitimation ab, weitreichende Sparbeschlüsse zu fassen.

Die Opposition geht zurzeit davon aus, dass es zu einem Neuwahltermin weit vor Herbst 2012 kommen wird - mitgetragen von der CDU. "Der Druck in der Partei wächst", sagt SPD-Fraktionssprecherin Petra Bräutigam. "Wir warten gespannt auf den Parteitag der CDU."

Die SPD will auf eine gemeinsame Lösung setzen, auf ein Wahlgesetz, das alle mittragen können, und hat dazu auch Eckpunkte verabschiedet. Die Grünen hatten bereits vor Monaten einen Entwurf für ein neues Wahlgesetz vorgelegt, während die Regierungsfraktionen sich bis zum Dezember damit Zeit lassen wollen.

Wenn das Gesetz steht, müssen die Wahlkreise neu zugeschnitten werden. Monika Heinold geht davon aus, dass es bei entsprechendem politischen Willen schnell gehen könnte: "Ich setze auf die Einsicht bei CDU und FDP."

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