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G-8-Gipfel in Heiligendamm 2007Prügelnder Polizist vor Gericht

Unverhältnismäßige Gewalt angewendet? Ein Berliner Polizist ist angeklagt, weil er während des G-8-Gipfels 2007 in Heiligendamm einen Demonstranten geschlagen haben soll.

Spazierengehen am Strand: Polizisten-Pause während des G-8-Gipfel 2007. Bild: dpa

ROSTOCK taz | Die Polizeigewalt von Heiligendamm wirkt noch immer nach: Wegen unverhältnismäßiger Gewaltanwendung im Amt muss sich am Montag ein Berliner Polizeibeamter vor dem Amtsgericht in Rostock verantworten. Dem Polizisten wird vorgeworfen, im Zuge der Proteste gegen den G-8-Gipfel 2007 in Mecklenburg-Vorpommern einem auf dem Boden liegenden Mann mindestens dreimal mit der Faust ins Gesicht geschlagen zu haben.

Es war am Abend des 3. Juni 2007, als Malte G. gemeinsam mit anderen einen Gedichtband und Butterbrote für einen Demonstranten, der sich in Polizeigewahrsam befand, in der Justizvollzugsanstalt Waldeck abgeben wollte. Er kam nicht weit: Auf einem Parkplatz hielten ihn Polizeibeamte an, die ihn gebeten haben sollen, sich auszuweisen.

Als er nach der Begründung dafür fragte, stießen diese ihn nach der Aussage des Opfers gegen das Fahrzeug, brachten ihn zu Boden und dann folgten Schläge auf seinen Kopf. Nach Angaben seiner Anwältin verlor Malte G. daraufhin kurzzeitig das Bewusstsein, erlitt Hämatome und Aufschürfungen im Gesicht und am Kopf sowie eine blutige Nase.

G.s Anwältin Anna Luczak bemängelt den langen Zeitraum, der seit dem Vorfall bis zum Prozesstag vergangen ist. Immerhin hat das Rostocker Amtsgericht einen Strafbefehl erlassen. Denn der Polizeibeamte soll die Schläge selbst zugegeben haben. Als er daraufhin wegen Körperverletzung im Amt zu einer Geldstrafe verurteilt wurde, legte er jedoch Widerspruch ein.

Die Opfer-Anwältin Luczak hält es für "skandalös, dass der Beamte nicht zu seiner Schuld steht, obwohl er die Schläge nicht bestreitet", sagte sie der taz. "Dass er offenbar Schläge gegen den Kopf eines am Bode liegenden als notwendig und üblich ansieht, wirft ein bezeichnendes Licht auf das Verhältnis der Polizei zur Gewalt."

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9 Kommentare

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  • G
    Genervter

    Gut dass der Polizist freigesprochen wurde!

    Es kann nicht angehen, dass diejenigen, die immer auf den Staat schimpfen, ohne ihn aber niemals klar kämen, weil sonst das absolute Chaos herrschen und gerade die die eine Abschaffung staatlicher Gewalt fordern unter deren fehlen empfindlich leiden würde, auch noch Recht bekommen, wenn sie sich "dem Staat" repräsentiert durch die Polizei widersetzen.

     

    Vielleicht sollte man einfach Ursache und Wirkung beachten. Das Recht muss sich dem Unrecht nicht beugen. Und wenn der Polizist im Recht ist, hat er Mittel dazu dieses Recht umzusetzen. Es zwingt niemand die Demonstranten gegen die Auflagen zu verstoßen. Das tun sie selber. Das dann Konsequenzen folgen müsste jedem Dreijährigen klar sein. Wenn ich im Rahmen einer Demo nach meinem Ausweis gefragt werde muss ich nicht nach dem Warum fragen. Wer das Warum nicht erkennt hat ganz andere Probleme

     

    Wenn jetzt alle Fälle von Demonstrantengewalt so durch "unabhängige" Medien aufgebauscht würden, würden das sicherlich auch alle wieder schönreden und als zivilen Ungehorsam betiteln! Meinung kundtun ist super. An die Regeln halten aber unerläßlich, sonst wirkt man lächerlich!

  • EP
    Ein Polizist

    Mal kurz aufgemerkt, Ihr linken Filzläuse,

    als Polizist bin ich der unbedingten Überzeugung: Schlagen ist Silber, Reden ist Gold! Und vieleeoner Kollegen sind da ähnlicher Ansicht.

    Wie sich der Vorfall in Rostock ereignet hat, kann ich nicht beurteilen - genauso wenig, wie sie meisten von Euch auch.

    Bervor Ihr aber mit eurer üblichen pauschalen Bullenschelte loslegt, solltet ihr künftig überlegen, was Euch dieser Staat bietet, trotz dieser Prügelbullen. Wenn Ihr da nichts finden solltet, empfehle ich eine Reise nach China oder Nord-Korea oder sonst ein Reich Eurer Revolutzerkumpels. Schaut doch mal was dort passiert, wenn Ihr derlei ketzerische Sprüche klopft.

    Also, immer schön den Ball flach halten!

  • PS
    Philipp Sattler

    Wenn man bedenkt, wie lange das mittlerweile her ist, wieviel dort vor Ort passiert ist und wie wenig Konsequenzen daraus gezogen wurden, kann man nur sagen: Schade um diese sogenannte Republik.

     

    Das war nicht der einzige Fall von gefährlicher Gewalt von Seiten der Polizei. Nur haben die Opfer bereits vor Ort gemerkt, dass ein Vorgehen dagegen sich nicht auszahlt.

    Ich saß 13 Stunden in einer Lagerhalle von Siemens. Anklage: Organisation einer Demonstration. Ich hatte zwei Walkie-Talkies im Rucksack. Als es endlich zum Eilprozess kam, sagte der Richter nachdem er mich frei ließ, wie Leid es ihm doch täte, er hätte mich gerne länger festgehalten aber es gab leider zu wenig Beweise. Daraufhin wurde ich der Stadtgrenze verwiesen.

  • I
    ines

    es wird zeit, dass es mal rechtliche konsequenzen gibt für diejenigen, die ihre staatliche macht missbrauchen

  • S
    soso

    Meine Güte, das ist ja mal wieder bezeichnend, ich will gar nicht wissen, wie viele Pollis noch auf ähnlich Art und Weise gegen Demonstranten vorgegangen sind, da kriegt man ja Angst vor Gorleben....

    Auch toll, dass ein Bürger sich ausweisen muss; ihm wird grundsätzlich erst mal ein kriminelle Absicht unterstellt, aber der prügelnde Polizist darf Widerspruch einlegen wegen einer GELDBUSSE! Wo sind wir hier eigentlich?

  • J
    Joe

    Wenn der Staat das Gewaltmonopol nicht im Griff hat, muss man es ihm entziehen.

  • DN
    der Niklas

    oho! wir haben prügelnde polizisten hier in deutschland?! könnte der bericht von ai etwa doch stimmen?

  • M
    mo-

    Ist "Körperverletzung im Amt" strafverschärfend oder strafmildernd?

  • F
    Felix

    Dazu fällt mir sofort dieser Track ein, der scheinbar genau das Erlebnis, welches im Artikel beschrieben wurde, verarbeitet.

     

    Schlagzeiln - Nur Angst Kein Respekt

     

    http://www.youtube.com/watch?v=rh29hCS4LdQ