INTERIMS-MINISTER: Kehren statt großer Wurf

Der Kieler Innenminister Klaus Schlie (CDU) schließt eine Regelung der kommunalen Schulden in der Rest-Legislaturperiode aus. Die hatte niemand gefordert

Die Kommunen sollen vor der eigenen Tür kehren - aber vermutlich fehlt ihnen auch dafür das Geld Bild: dpa

Der Wahltermin in Schleswig-Holstein steht zwar noch nicht fest, aber probehalber schaltet die Politik schon mal in den Wahlkampf-Modus. Zum Beispiel gestern Innenminister Klaus Schlie (CDU): "Geprägt von völligem Realitätsverlust" sei der Vorschlag der Oberbürgermeister von Kiel und Lübeck, Torsten Albig und Bernd Saxe (beide SPD), ihre Städte durch eine Entschuldung aus den tiefroten Zahlen zu retten. Albig und Saxe sollten "erst vor der eigenen Tür kehren", forderte Schlie. Und fügte hinzu: "Sie sollten nicht öffentlich rumtönen über Dinge, die intern sowieso besprochen werden."

Denn jenseits aller starken Worte weiß der Minister, dass die Kommunen im Land, besonders die Städte, ein grundsätzliches Problem haben. Den "großen Aufschlag", um dieses Problem anzugehen, werde es allerdings in dieser per Verfassungsgerichtsurteil verkürzten Legislaturperiode nicht mehr geben, räumte Schlie gestern in einer eigens einberufenen Pressekonferenz ein.

Auf 2,63 Milliarden Euro summieren sich laut statistischem Landesamt die Schulden der über 1000 Städte und Gemeinden des Landes. Besonders hart betroffen sind die kreisfreien Städte wie Kiel und Lübeck: Sie werden Ende 2010 rund 411 beziehungsweise 489 Millionen Euro Schulden haben. Gemessen an der Pro-Kopf-Verschuldung stehen Kleinstädte den großen aber kaum nach. In Garding, einem Mittelzentrum in Nordfriesland, hat jeder Einwohner eine unsichtbare Schuldenlast von über 1.500 Euro zu tragen - etwa so viel wie in der Landeshauptstadt. Schuldenfrei und teilweise sogar wohlhabend sind viele dörflich geprägten Gemeinden.

Schlie habe den kommunalen Verbänden eine "tief greifende Reform" des Finanzausgleichs vorgeschlagen, berichtete er. Mehr Geld komme dabei aber nicht ins System. Das hätten die Verbände abgelehnt, Verhandlungen zwischen Land und Verbänden seien "festgefahren". Es stelle sich die Frage: "Wie groß ist die Solidarität der kommunalen Familie?"

Die von den Großstadt-Bürgermeistern vorgeschlagene Entschuldung sei aber kein Weg, stattdessen müssten die Städte sich auf einen "knallharten Konsolidierungskurs" einlassen. Kiel habe das ein wenig getan, Lübeck aber noch nicht einmal angefangen, so Schlie weiter. Es gehe nicht an, dass "politisch liebe, aber sachlich nicht notwendige Ausgaben über Schulden finanziert werden". Der Lübecker Haushalt ist noch nicht genehmigt, die Stadt darf daher zurzeit nur gesetzlich oder vertraglich vorgeschriebene Ausgaben tätigen.

Dass die Schulden einfach verschwinden, hatten Albig und Saxe übrigens gar nicht gefordert. Sie wollten vielmehr einen Fonds einrichten, in dem alle Altschulden von Land und sämtlichen Kommunen zusammengefasst sind und mit dem bessere Konditionen bei Banken herauszuhandeln seien. Für eine Gesamtlösung der Schuldenfrage hatte sich Schleswig-Holstein vor kurzem auf Ebene der Bundesländer eingesetzt. Auf dieses Argument wollte Schlie sich aber nicht einlassen: "Bevor es an die Altschulden geht, muss man die Neuverschuldung auf Null bringen."

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