piwik no script img

Kommentar Migranten im EhrenamtWeg mit dem Tendenz-Betrieb

Jan Kahlcke
Kommentar von Jan Kahlcke

Es nicht zu rechtfertigen, dass Migranten zwar kostenlos der guten Sache dienen dürfen, bei vielen bezahlten Diakonie-Jobs aber ohne Chance wären.

W enn im Sozialbereich überall am Personal gespart wird, ist es nur logisch, dass die diakonischen Träger verstärkt Ehrenamtliche rekrutieren, um den Standard ihrer Leistungen zu halten. Aber immer weniger Menschen fühlen sich den Kirchen so verbunden, dass sie allein daraus eine Verpflichtung zum Engagement ableiten. Und auch auf dem Ehrenamts-Markt macht sich der demografische Wandel bemerkbar.

Schon seit geraumer Zeit baggern soziale Träger fitte Alte an - das Angebot: Sinnstiftung gegen unbezahlte Arbeit. Migranten sind einfach die nächste Reserve, auf deren Erschließung zu verzichten sich niemand leisten kann. So weit, so legitim.

Allerdings kommen die kirchlichen Träger in Argumentationsnöte, da die große Mehrheit der Einwanderer einen muslimischen Hintergrund hat. Wie ist zu erklären, dass sie zwar kostenlos der guten Sache dienen dürfen, bei einem Großteil der bezahlten Diakonie-Jobs aber ohne Chance wären, weil der Tendenz-Betrieb hochgehalten wird? Gerade im Behindertenbereich, wo zunehmend ehrenamtlich passiert, was früher Festangestellte gemacht haben, ist das nicht zu rechtfertigen.

Wenn die Diakonie Migranten will, muss sie sie ganz wollen. Der konfessionelle Tendenz-Betrieb muss weg. Ein Wertekonsens muss stattdessen über die Eignung für den Dienst am Menschen entscheiden.

Warum sollten Migranten kostenlos dienen, wenn sie keine echten Jobs kriegen?

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Jan Kahlcke
Redaktionsleiter
Jan Kahlcke, war von 1999 bis 2003 erst Volontär und dann Redakteur bei der taz bremen, danach freier Journalist. 2006 kehrte er als Redaktionsleiter zur taz nord in Hamburg zurück
Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • G
    g. öttinger

    das ist doch in vielen anderen bereichen genauso: als billiger zivi oder fsjler darf man in institutionen arbeiten die zur diakonie gehören ohne mitglied einer kirche zu sein, bewirbt man sich dort aber auf einen ausbildungsplatz oder eine stelle, ist die mitgliedschaft zwingende vorraussetzung. bei dem geld was aus meinen steuern an die kirchen abgefhrt wird fragt auch niemand ob derjenige der es erwirtschaftet hat dabei an gott geglaubt hat oder nicht.

     

    artikel 3, absatz drei des grundgesetzes dazu:

    "Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden."

     

    ein schelm wer böses dabei denkt...