Howogate: Sarrazin deckt SPD-Filz
Exfinanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) hat die umstrittene Vergabepraxis der Howoge bereits 2006 gebilligt. Die Opposition will nun wissen, ob auch die Bausenatorin Junge-Reyer informiert war.
Die Howoge-Affäre ist für die SPD noch lange nicht ausgestanden. Nachdem bekannt wurde, dass der damalige Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) die Vergabe von Aufträgen ohne vorherige Ausschreibung durch die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft ausdrücklich gebilligt hatte, fordert die Opposition Aufklärung. Das betrifft auch die Rolle von Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg-Junge-Reyer (SPD).
Die neue Wendung war durch einen Brief Sarrazins an den ehemaligen Geschäftsführer der Howoge, Hans-Jürgen Adam, bekannt geworden, den die Zeitschrift Grundeigentum am Dienstag veröffentlichte. In dem Schreiben versichert der ehemalige Finanzsenator, seit 2006 Kenntnis von der Direktvergabe von Planungsleistungen, unter anderem an die Firma des SPD-Abgeordneten Ralf Hillenberg, gewusst zu haben: "Ich habe diese Vorgehensweise der Howoge aus wirtschaftlichen Gründen zum Wohle der Gesellschaft und damit auch des Gesellschafters Land Berlin von Anfang an uneingeschränkt gebilligt."
Darüber hinaus verweist Sarrazin auf ein sogenanntes Senatorengespräch mit Junge-Reyer und der Geschäftsführung der Howoge am 9. Juni 2006. Gegenstand des Gesprächs sei auch die Vergabepraxis gewesen. In dem Schreiben an Adam heißt es: "Sie hatten dargestellt, dass diese Form der Direktvergabe ohne förmliche Ausschreibung […] die wirtschaftlichste Lösung für die Howoge war." Dem widerspricht Junge-Reyers Sprecher Mathias Gille. "Von der Vergabepraxis der Howoge hat die Senatorin nichts gewusst." Auch aus der Einladung zu dem Treffen sei nicht hervorgegangen, dass die Howoge Aufträge ohne Ausschreibungen vergebe. Darüber hinaus gebe es im Ergebnisprotokoll keinen Hinweis darauf.
Mit diesen Versicherungen gibt sich die Opposition nicht zufrieden. Für den haushaltspolitischen Sprecher der Grünen, Jochen Esser, ist klar: "Die Filzokratie bei den Wohnungsbaugesellschaften reicht bis in die politische Spitze von Rot-Rot." Auch der CDU-Haushaltsexperte Florian Graf meint: "Es ist zu befürchten, dass sich der Howoge-Skandal um den SPD-Filz zu einer Affäre ausweitet, die auch den Senat erfasst." Sowohl Grüne als auch CDU fordern deshalb eine rückhaltlose Aufklärung.
Die FDP droht indirekt sogar mit einem Untersuchungsausschuss. "Eine weitere parlamentarische Befassung wird notwendig, wenn der Senat nicht endlich transparent seinen jeweiligen Kenntnisstand darlegt", teilte der Fraktionsvorsitzende Christoph Meyer mit.
Im November wird der Arbeitsgerichtsprozess zwischen Adam und der Howoge fortgesetzt. Der ehemalige Chef, der nun von Sarrazin Rückendeckung bekam, klagt gegen seine fristlose Entlassung