Hertha BSC Berlin dominiert die Zweite Liga: Rustikales Spiel mit schönen Schnörkeln

Hertha BSC Berlin dominiert das Spitzenspiel gegen Greuther Fürth und steht nun souverän auf dem ersten Platz. Zum Glück fallen die meisten Erfolge bisher knapp aus. So kann Trainer Markus Babbel sein Team weiter hart rannehmen

Hertha-Manager Michael Preetz und Trainer Markus Babbel am Rande des Spiels gegen Fürth Bild: dpa

Es fehlte am Ende nur noch ein Dankeschön vom Gästetrainer Mike Büskens. Das hätte dann den demutsvollen Auftritt der SpVgg Greuther Fürth bei Hertha BSC vollends abgerundet. Aber der Coach verblieb nach der 0:2-Niederlage, die gemessen an den Berliner Chancen deutlich höher hätte ausfallen müssen, doch nur bei der abschließenden nüchternen Feststellung: "Es war ein lehrreiches Spiel". Das Gästeteam agierte am Freitagabend wie ein Hobbyschachspieler, der sich eine Unterrichtsstunde bei einem Großmeister gönnt und dabei vor lauter Respekt völlig verzagt.

Nicht ohne Grund fühlte sich Hertha-Manager Michael Preetz hernach bemüßigt, klarzustellen: "Man darf nicht vergessen, wir haben heute gegen den Tabellenzweiten gespielt." Das zuvor mit Spannung erwartete Spitzenduell dominierte der Tabellenführer eindeutig. Im Resultat schlug sich diese Überlegenheit aber erst in der Schlussviertelstunde nieder. Die Berliner vergaben insbesondere in Gestalt von Adrian Ramos beste Möglichkeiten. Die späten Toren von Valeri Domovchiyski (79.) und Raffael (90.) ließen den Sieg vor der stattlichen Kulisse von 39.274 Zuschauern letztlich mühselig erscheinen.

Im Grunde genommen spiegelt dieses Spiel ganz gut den bisherigen Saisonverlauf der Hertha wieder. Unter dem Strich, wenn man das Maßgebliche zusammenzählt, dominiert der Absteiger bislang die Zweite Liga so souverän, wie das im Vorfeld der Saison die Konkurrenten prophezeit haben. Hertha hat die Rolle mit Leben gefüllt, die die Konkurrenz dem Ligakrösus zugeschrieben hat.

Bei genauerem Hinsehen fällt jedoch auf, dass die Mehrzahl der Erfolge auf recht beschwerlichem Wege zustande kamen. Die Partie gegen Fürth nannte Peter Niemeyer "ein Geduldsspiel". Die bisherige Saison kann mit demselben Etikett versehen werden.

Während man in der Abstiegssaison bei Hertha vergeblich rätselte, weshalb das Leder in den Schlussminuten immer verlässlich im eigenen Netz landete, hat Trainer Markus Babbel nun eine Erklärung dafür, warum in dieser Hinrunde seinem Team stets das glückliche Ende vergönnt ist. "Da setzt sich die Physis durch. Wir brauchen die Zeit, um den Gegner müde zu spielen. Dann setzt sich auch unsere individuelle Qualität durch." Seine Mannschaft merke nun, dass sich das harte Training lohnt, lobt sich der Trainer.

Während die Konkurrenz die Berliner angesichts ihrer überlegenen Ausstattung wahlweise als FC Bayern, FC Barcelona oder Inter Mailand der Zweiten Liga in den Himmel hebt, spricht Hertha-Trainer Markus Babbel beharrlich von den Mühen, der Arbeit und der nötigen Konzentration, die einem diese Liga abverlangt. Für Babbel haben die schwer errungenen Punkte den Vorzug, dass seine Predigten weiterhin ernst genommen werden: Erst die Physis, dann die individuelle Qualität.

Babbel hat gar nicht versucht, die Zweite Liga mit einem innovativen Stil zu beglücken. Konsequent hat er den Kader nach den Gegebenheiten der Zweiten Liga ausgerichtet. Große robuste Spieler wie Niemeyer, Andre Mijatovic und Rob Friend wurden verpflichtet. Typisch für Babbel ist, dass er am Wochenende nicht die Leichtigkeit hervorhob, mit der Raffael und Adrian Ramos im Zusammenspiel immer wieder die Fürther Abwehr aushebelte, sondern er erklärte: "Ich habe mich besonders gefreut, dass wir in der Phase als Fürth initiativer wurde, dagegengehalten haben."

Wobei Babbel auch zulässt, dass das für Zweitligaverhältnisse kongeniale Duo, Raffael und Ramos, das auf Effizienz getrimmte Spiel zunehmend mit ein paar Schnörkeln verschönern. Eigentlich hatte der 38 Jahre alte Coach vorgesehen, dass das Hertha-Angriffsspiel auf den 1,95 großen Stoßstürmer Friend zugeschnitten sein soll. Doch da sich beim 0:0 gegen Aachen die vielen langen hohen Flanken in die Mitte als ungeeignet erwiesen, verlegte sich Hertha gegen Fürth mehr auf das Kurzpassspiel, das besagte Protagonisten mitunter virtuos interpretierten.

"Mit Ramos, Raffael und Domovchiyski haben wir Spieler, die den Unterschied ausmachen können", fasste Manager Michael Preetz die komfortable Lage des Spitzenreiters zusammen. Allerdings gibt es aus der von Babbel so geschätzten rustikalen Abteilung auch eine schlechte Nachricht: der Kapitän und Innenverteidiger Mijatovic wird wegen einer Fraktur des Schienbeinköpfchens und eines Ausßbandanrisses im rechten Knie sechs Wochen lang ausfallen. Michael Wiesinger, den Trainer des kommenden Gegners Ingolstadt, wird es vermutlich nicht davon abhalten, die Reise nach Berlin kommenden Samstag als reine Fortbildungsmaßnahme zu deklarieren.

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