DIAKONIE: Taler für gute Werke
Die Kirchen wollen einen Spenden-"Taler" verkaufen, für den Bettelnde eine warme Mahlzeit bekommen. Der Taler soll helfen, die Armen zu sehen und ihnen zu geben
Es war eine Geburtstagsfeier der anderen Art, zu der gestern der UNO-Berater Willi Lemke geladen hatte: In den Bremer Treff, einer kirchlichen Begegnungsstätte am Tiefer, kamen rund 60 Bedürftige - Obdachlose, Hartz-IV-Empfänger, Senioren mit unzureichender Rente - weil sich herumgesprochen hatte, dass Lemke ein Mittagessen ausgab.
Seit 21 Jahren gibt es diese Anlaufstelle für Menschen in sozialer, psychischer und finanzieller Not. Und seit 14 Jahren gibt hier einmal im Jahr Will Lemke einen aus. Fisch stand gestern auf dem Speiseplan, Alkohol ist natürlich streng verboten. "Einmal nicht Parkhotel, sondern Bremer Treff" sei sein Gedanke gewesen, als er 50 wurde, erzählt Lemke, und als damals am Ausgang eine Frau ihn fragte, ob es das nun jede Woche einmal geben würde, da habe er beschlossen, wenigstens einmal im Jahr zu kommen.
Für den Lemke-Geburtstag gibt es keine Einladung - das spricht sich herum. Die Besucher des Bremer Treffs fühlten sich geehrt durch den prominenten Gast, der ihnen von der bitteren Armut in fernen Teilen der Welt erzählte. Diesmal hörten sie von Haiti. Und manch einer nutzt die Gelegenheit, ihm seine Sorgen persönlich mitzuteilen. Auch darum geht es beim Bremer Treff, sagt der Diakonische Leiter Dietmar Melcher: Mancher sucht vor allem Gesprächspartner. Die sind da, wenn der Treff von Dienstag bis Samstag am frühen Abend offen ist - ehrenamtlich. Roswitha Clawien etwa, von Beruf Pastorenfrau, war bei der Gründung vor 21 Jahren schon dabei - einen Nachmittag in der Woche schenkt sie den Menschen im Bremer Treff ihre Aufmerksamkeit.
Gestern war aus einem anderen Grund ein besonderer Tag: Der Treff stellte den "Bremer Taler" vor - eine von der Sparkasse gesponserte Münze, die im Einkauf drei Euro kostet und für die es im Treff eine warme Mahlzeit gibt. Die Idee dieses Talers: Wer Obdachlosen oder Bettlern auf der Straße ungern etwas in die Hand drückt, was man auch in Alkohol umsetzen könnte, kann sich mit Bremer Talern eindecken - die machen mit Sicherheit satt.
Die Idee des Talers kommt auch Aachen, dort ist er inzwischen nicht nur in Gemeindebüros, sondern auch in Bäckereien zu haben. Der Taler soll den Käufer dazu bringen, an bettelnden Menschen nicht verschämt vorbeizugucken oder achtlos an ihnen vorbeizugehen, sondern sich ihnen und damit der Armut zuzuwenden, sagt der Diakon Melcher. Und bei den Bedürftigen macht der Taler auch den Bremer Treff bekannt. Für ein kostenloses Essen musste man bisher in einer Gemeinde einen Gutschein erbetteln, das machten in dem zentral gelegenen Gemeindebüro von St. Johann immerhin mehr als 100 Menschen jeden Monat. Der Bremer Treff gab 9.450 Essen aus im Jahre 2009, davon 4.510 auf Gutschein.
Der Taler hat gegenüber dem Gutschein einen weiteren Vorteil: Wer ihn hin und wieder verschenken will, kann gleich 100 davon erwerben und bekommt eine Spendenquittung.
Die Bremer Sparkasse fördert den Bremer Treff. Dass Lemke Schirmherr des Treffs ist, hat der Bank bei diesem Schritt geholfen, gestand Vorstandsmitglied Thomas Rohwer-Kahlmann. In ihren Filialen gibt es den Bremer Taler aber nicht zu kaufen, denn dort wird Personal abgebaut. Und Kommunikationsangebote wie der Taler verursachen Personalkosten.
Bremer Treff, Altenwall 29 / Tiefer, geöffnet Di-Fr 17-21 Uhr, Sa 16-20 Uhr, Mi und Fr auch 9-11 Uhr
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