Banker des Jahres: Der beste aller Ackermänner

Ausgerechnet der Vorstandschef der Deutschen Bank, Josef Ackermann, wird zum "European Banker of the Year 2009" gekürt. Und das auch noch von Wirtschaftsjournalisten.

Schlechtes Bild in der Öffentlichkeit: Josef Ackermann. Bild: ap

BERLIN taz | Am Montag zeichnet die Journalistenvereinigung "The Group of 20 + 1" den Vorstandschef der Deutschen Bank Josef Ackermann als "European Banker of the Year 2009" aus.

Wie bitte?! Ausgerechnet den?

"Wir wollen mit diesem Preis einen Kontrapunkt setzen zur öffentlichen Wahrnehmung von Josef Ackermann in Deutschland", sagt Jurymitglied Hermann-Josef Knipper, stellvertretender Chefredakteur des Handelsblatts.

"Für das sehr, sehr schwierige Jahr 2009 muss er den Preis einfach kriegen - jetzt oder nie - weil er die Deutsche Bank auch im internationalen Vergleich grandios durch die Finanzkrise gelotst hat." Deswegen habe er ihn vorgeschlagen - und deswegen sei er von den fünf Kandidaten auch "mit deutlichem Abstand" gewählt worden.

Termin: Am Montag, dem 15. November wird Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann der Titel "European Banker of the Year" in Frankfurt/Main verliehen.

Auszeichnung: Sie wird seit 1994 vergeben. Die Journalistenvereinigung "The Group of 20 + 1" nominiert und wählt, die Maleki Group zahlt.

Der "European Banker of the Year" wird seit 1994 jährlich gekürt, initiiert von dem iranischstämmigen Banker und Finanzkommunikationsberater Nader Maleki, der so den "Finanzplatz Frankfurt und damit Deutschland stärken" will.

Der Preis sei seitdem "so was wie ein Oscar der Branche geworden", sagt Maleki - Bescheidenheit kommt in der Finanzwelt so häufig vor wie Palmen in Paderborn. Journalisten, die sich nicht zu schade sind, bei solchen Kampagnen mitzumachen, scheint es wie Sand am Meer zu geben.

"Eine glatte Fehlentscheidung" nennt Sven Giegold, Attac-Mitgründer und seit 2009 grüner EU-Parlamentarier die Wahl Ackermanns. "Mit mindestens 12 Milliarden Euro Staatshilfe aus deutschen und amerikanischen Steuergeldern ist es kein Kunststück, 5 Milliarden Euro Gewinn zu erwirtschaften", sagt Giegold. "Ackermann mag unter den großen Losern der kleinste sein, aber ist das schon preiswürdig?"

Der Schweizer Josef Ackermann, vor 62 Jahren in Mels im Kanton St. Gallen geboren, hat einen schweren Stand in dem Land, in dem er seit 1996 arbeitet: Das Victory-Zeichen, das er am 21. Januar 2004 im Düsseldorfer Landgericht machte, wo er auf den Beginn des Mannesmann-Prozesses wartete, verfolgt ihn bis heute.

Zwar kam Ackermann mit einem blauen Auge davon, das Untreueverfahren gegen ihn wurde in der Revision gegen Zahlung einer Geldstrafe von 3,2 Millionen Euro eingestellt - Peanuts für den Topmanager, der im vergangenen Jahr 9,55 Millionen Euro verdiente -, aber der Makel von Raffgier und Realitätsverlust blieb hängen. "Dies ist das einzige Land, in dem diejenigen, die Erfolg haben und Werte schaffen, deswegen vor Gericht gestellt werden", sagte er damals.

Auch unter dem Eindruck massiven Stellenabbaus trotz Milliardengewinn der Deutschen Bank hat sich "Ackermänner" als Synonym für verantwortungslose Manager im Sprachgebrauch linker Politiker etabliert. "Ackermanns Bild in der Öffentlichkeit" hat einen eigenen Abschnitt in dessen Wikipedia-Artikel - aber nur in der deutschen Ausgabe.

"International genießt Herr Ackermann ein unglaublich hohes Ansehen, gilt als einer der besten Banker der Welt", sagt Juror Knipper. "Berlin", diagnostizierte dessen Blatt im Juni und meinte damit ganz Deutschland, "leidet in Sachen Ackermann unter einer Gruppenpsychose."

Die von Stefan Baron, vorher Wirtschaftswoche-Chefredakteur und seit 2007 Kommunikationschef der Deutschen Bank, verordnete Charmeoffensive verfing nur begrenzt: trotz zweier Privataudienzen im ZDF-Talk "Maybrit Illner" und einem BamS-Interview, in dem Ackermann 2008 erklärte, für dieses Jahr auf seinen Bonus zu verzichten, "ein ganz persönliches Zeichen der Solidarität … zugunsten verdienter Mitarbeiter, die das Geld nötiger haben als ich."

Der fiese Herr Ackermann, sonst eher auf den Spuren Machiavellis unterwegs, schien ein neues Vorbild gefunden zu haben: den netten Herrn Kaiser aus der Versicherungswerbung. Nur abgenommen hat ihm diese Wandlung kaum jemand.

"Das Besondere an der Deutschen Bank ist, dass Sie den Namen des Landes trägt", sagte deren Chef in der in diesem Sommer ausgestrahlten ARD-Doku "Die Welt des Josef Ackermann". "Das ist ein ungeheurer Vorteil in der ganzen Welt." Außer in Deutschland. Da ist es mitunter eine Bürde, ein nationales Symbol zu repräsentieren. Keiner weiß das besser als Josef Ackermann. Aber einer muss den Job ja machen. Ackermann darf nach einer Vertragsverlängerung im vergangenen Jahr noch bis 2013 weiterbanken, auch weil kein würdiger Nachfolger in Sicht ist.

Globalisierungskritiker Sven Giegold, der sich die Genossenschaftsbank GLS als Preisträger gewünscht hätte, sieht in der Ackermann-Auszeichnung "ein erneutes Versagen der Wirtschaftsjournalisten, die aus ihrer Mitverantwortung für die Krise nichts gelernt haben."

Juror Knipper hält dagegen: "Wer kritisiert, muss auch loben." Der Handelsblatt-Vize legt allerdings Wert auf die Feststellung, dass die Laudatio auf Josef Ackermann "keiner von uns Journalisten" hält, sondern Vorjahressieger Jean-Claude Juncker, luxemburgischer Premier- und Finanzminister. Was das ändert, bleibt Knippers Geheimnis.

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