die Wahrheit: Der Sprengkopf der Woche
Wiederholungstäter Christian Wulff. Brutaler Bundespräsident bedrängt befremdete Bullen.
Deutschlands Stimmungskanone Nummer eins wird er ganz sicher nicht mehr. Wobei Bundespräsident Christian Wulff inzwischen jede Veranstaltung zuverlässig sprengt - jedenfalls auf seine Art, die eher an ein vertrocknetes Brötchen als an ein Wesen aus Fleisch und Blut erinnert. Wo Wulff hinredet, da wächst kein Gras mehr. So zu beobachten wieder am Mittwoch dieser Woche auf dem Bundeskongress der Gewerkschaft der Polizei in Berlin, als Wulff mit seiner Rede einen historischen Tiefpunkt in der Geschichte der deutschen Rhetorik setzte.
Wulff trat ans Rednerpult, und im Saal des Hotels Estrel sanken die Temperaturen bereits nach wenigen Worten auf Minusgrade, was der Fernsehregisseur genial einfing, indem er auf die Kongressteilnehmer schnitt, die nur mühsam die Fassade aufrecht halten konnten. In ihren Gesichtern spiegelte sich die ganze Palette von Entsetzen bis Entgeisterung, Lähmung bis Langeweile angesichts eines abgestumpften Wiederholungstäters. Da saßen hartgesottene Bullen, die schon alles gesehen hatten: Wasserleichen, die nach drei Wochen im Fluss nur noch ein aufgedunsener Klumpen Fleisch waren; gefühlskalte Killer, die nach einem 24-Stunden-Verhör unter Tränen zusammenbrachen; verlotterte Mütter, die ihre Kinder grausam verstümmelt hatten - aber das, das war auch ihnen zu viel.
"Mit der inneren Sicherheit schützen Sie zugleich die Freiheit unserer Gesellschaft", redete es aus Wulff. Ohne Höhen und Tiefen, ohne Witz, Charme und Feuer las der Bundespräsident seine Grußrede nuschelnd und leiernd vom Blatt ab. Selbst als Wulff den Beamten für ihre staatstragende Arbeit dankte, hörte keiner der Anwesenden mehr zu. Redehülsen wie "Die innere Sicherheit unseres Landes ist ein hohes Gut" oder "Die Polizei ist gewissermaßen Spiegelbild und Seismograph gesellschaftlicher und politischer Veränderungen" hatten die Augen des Gesetzes längst in eine Art grübelnder Schockstarre versetzt.
Man hatte ja schon einige schlechte Redner überstanden - auch bei diesem Gewerkschaftskongress, der naturgemäß nicht die Zusammenkunft der sprühendsten Köpfe des Landes sein konnte. Aber dieser Wulff war eine Frechheit. Groll und Wut und Zorn brodelte langsam herauf und konnte nur mühsam unterdrückt werden. Für einen Moment sah es so aus, als ob die versammelten Ordnungshüter aufspringen würden und dem rhetorischen Schwerverbrecher da oben eine Breitseite Blei verpassen wollten.
Spätestens, als zum Ende der Tortur ein allenfalls höflicher Applaus aufkam, dachte jeder Beobachter: Kann denn nicht mal seine Frau mit ihm zu Hause üben? Bettina, hilf! Um Schaden vom deutschen Volk abzuwenden. Sonst wird der Sterbenslangweiler Wulff nicht einmal das erste Jahr seiner Amtszeit überleben.
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