piwik no script img

Neuer Entwurf für die Alte RindermarkthalleViel Lärm um Lärm

Der Bezirk Mitte trennt sich wohl von seinen Musikhallen-Plänen am Neuen Kamp auf St. Pauli. Entwürfe sehen nur wenige Wohnungen vor - dafür sei es zu laut.

Variante "Erhalt": Siegerentwurf für die neue Rindermarkthalle. Bild: Bezirksamt

Offenbar verabschiedet sich der Bezirk Mitte von seinen Plänen, auf dem Areal der alten Rindermarkthalle eine Musikhalle für 4.000 Besucher zu bauen. Denn gegen die laufen die Anwohner Sturm, sie befürchten eine zusätzliche Lärmbelastung und eine weitere Kommerzialisierung des Viertels. Eine Entscheidung sei zwar noch nicht gefallen, sagte Bezirksamtsleiter Markus Schreiber (SPD). Er sei vom Protest "beeindruckt", die Ablehnung gegen die Musikhalle sei einhellig.

Am Donnerstagabend stellte der Bezirk die Ergebnisse einer Machbarkeitsstudie rund 400 Besuchern im Ballsaal des Millerntorstadions vor. Noch bevor die Präsentation begann, rollten vier Aktivisten ein Banner mit der Aufschrift "Planungsstopp sofort - uns reichts" aus. "Mit uns wird es keine Musikhalle geben", sagte ein Aktivist.

Aus städtebaulicher Sicht favorisiert das Preisgericht den Erhalt der alten Rindermarkthalle. Zwar sei das Gebäude denkmalgeschützt, "es muss aber auch bezahlbar und realisierbar sein", sagte GAL-Fraktionschef Michael Osterburg. Beide prämierten Entwürfe sehen eine Musikhalle vor. Weil die aber auf den Plänen nur zehn Prozent der Fläche ausmache, könne man auch auf sie verzichten, sagt Schreiber.

Die Alte Rindermarkthalle

Für die künftige Gestaltung des 3,4 Hektar großen Geländes am Neuen Kamp wurden zwei Architektenentwürfe prämiert.

Den Erhalt der denkmalgeschützten Halle sieht der Entwurf des Hamburger Büros Störmer, Murphy und Partner vor.

Geplant sind hier Supermarkt, Musikhalle, Markthalle, Gastronomie, Büros und Werkstätten sowie ein Saal, die Moschee, ein Kino und Tiefgaragen.

Abriss und Neubau plant der zweite Entwurf von André Poitiers Architekten Hamburg.

Auf drei bis fünf Geschossen sind Markthalle, Musikhalle, Einzelhandel, Büros, Werkstätten und Gastronomie geplant und neben der Moschee, einer Musikschule eine Sporthalle für den FC St. Pauli.

Neben einer Markthalle, Gastronomie, Büros und Tiefgaragen, sehen beide Entwürfe auch Wohnungen vor. Der Lärm sei ein Problem, sagte Architekt Martin Murphy. "Dennoch haben wir Wohnungen geplant." Sein Entwurf sieht etwa 80 Wohnungen mit verglasten Laubengängen zum Lärmschutz vor. Im zweiten Siegerentwurf von André Poitiers sind Wohnungen zum inneren Platz angeordnet. Bei den Wohnungen gebe es "Nutzungskonflikte", sagte Osterburg. Die Budapester Straße sei zu laut. Ein Anwohner hält dagegen: Die Auswahl der Sieger-Entwürfe zeige, dass das Thema Wohnungen als nachrangig bewertet wurde.

SPD-Stadtentwicklungssprecher Andy Grote verteidigt dagegen die gemischte Nutzung als "für St. Pauli typisch". Auf Büros und Gastronomie könne man verzichten. "Eine Musikhalle ist als Nutzung aber erstmal nicht unplausibel." Die will Grote als kulturellen, nicht als kommerziellen Ort verstanden wissen.

Weil die Musikwirtschaft auf eine neue Musikhalle für 4.000 Besucher drängt, dürfte das Thema wohl noch nicht ganz vom Tisch sein. Als neuen Standort bringt GAL-Fraktionschef Michael Osterburg die Reeperbahn ins Gespräch. In Frage käme da eigentlich nur das Areal der "Esso Häuser", so Schreiber.

Der Bezirk will den Planungsprozess nun fortsetzen. SPD und GAL schwebt dabei ein Beteiligungsverfahren wie bei der Messe-Erweiterung vor. Die Anwohner-Initiative bleibt skeptisch. "Bei diesen so genannten Beteiligungsverfahren stehen die grundsätzlichen Fragen nicht zur Diskussion." Denn hier seien Verwertungsinteressen vorgegeben. Sie lehnt einen Verkauf des städtischen Geländes ab.

Für die nächsten vier Jahre steht erstmal eine Zwischennutzung an. Bei der soll die Nahversorgung wieder hergestellt werden und die derzeitigen Nutzer, Tankstelle und Moschee, sollen bleiben. Der Bezirk setzt sich dafür ein, dass die Moschee auch darüber hinaus bleibt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!