Interview mit Füchse-Manager Bob Hanning: "Wir stehen jetzt im Mittelpunkt"
Die Füchse sind auf Champions-League-Kurs. Da gehören die Handballer eigentlich gar nicht hin, sagt Manager Bob Hanning.
taz: Herr Hanning, mit einem Sieg in Göppingen können sich die Füchse am Wochenende als Tabellenzweiter absetzen und einen weiteren Schritt in Richtung Champions League machen. Wie gefällt Ihnen diese Aussicht?
Bob Hanning: Ich habe darüber noch gar nicht nachgedacht, weil ich weiß, dass Göppingen eine sehr gute Mannschaft hat und wir nur krasser Außenseiter sind.
Zum krassen Außenseiter haben Sie Ihr Team vor den Siegen gegen Kiel, Flensburg und Gummersbach auch erklärt. Werden Sie mit Ihrem Understatement noch ernst genommen?
Bob Hanning, 42, ist seit Sommer 2005 bei den Füchsen Berlin. Der für seine Umtriebigkeit bekannte Manager wurde beim damals fast insolventen Zweitligisten engagiert, um Berlin wieder zu einem erstklassigen Handballstandort zu machen. Der Aufstieg gelang nach zwei Jahren. Diese Saison ist dem Tabellenzweiten die Qualifikation für einen europäischen Wettbewerb kaum noch zu nehmen. Hanning füllt bei den Füchsen die Rollen des Geschäftsführers, Managers, Jugend-Trainers, Sponsorenakquisiteurs sowie Öffentlichkeitsarbeiters aus.
Ich bin ja nun wirklich nicht bekannt für Understatement.
Umso überraschender ist es.
Das ist kein Understatement. Ich habe uns in den letzten Jahren immer die Dinge zugetraut, die schon sehr an der Grenze nach oben waren. Jetzt weiß ich, dass wir da, wo wir stehen, grundsätzlich nicht hingehören. Es ist eine schöne Situation, dass alle Rädchen ineinandergreifen, die Jungen erfahrener geworden sind, wir den Vorteil der guten Rückrunde aus dem letzten Jahr mitnehmen und wir mit unseren Neuzugängen Charakter eingekauft haben. Aber jetzt mit Mannschaften mitzuhalten, die seit Jahren da oben stehen - so vermessen bin ich nicht.
Kann man denn so lange Zeit über seine Verhältnisse spielen?
Das kann man. Das hat damit zu tun, dass wir bisher verletzungsfrei geblieben sind. Nach dem Gesetz der Serie ist man das aber nicht über eine ganze Saison. Gerade liegt unser Kapitän Torsten Laen mit einer schweren Angina im Bett.
Die Füchse standen vor nicht allzu langer Zeit im Schatten von Alba, den Eisbären und Hertha. Nun sind die Füchse der erfolgreichste Klub der Stadt. Hat sich das Standing des Vereins in den letzten Wochen, Monaten sehr verändert?
Ja, man merkt schon, dass die Wahrnehmung durch die Erfolge eine ganz andere ist. Das Thema ist wirklich präsent.
Woran merkt man das?
Man wird in der Stadt darauf angesprochen. Man spürt es beim Ticketverkauf. Früher haben wir Freikarten verschenkt, das haben wir jetzt nicht mehr nötig. Wir müssen nicht mehr auf uns aufmerksam machen, weil wir durch den Erfolg automatisch im Mittelpunkt stehen.
Haben sich im Sponsoringbereich schon neue Interessenten gemeldet?
Ja, das wächst, aber wir wollen es organisch wachsen lassen. Der Rechtevermarkter ist derzeit häufiger unterwegs. Die Sponsoren kommen jetzt auf uns zu.
Das heißt, die maßvolle Entwicklung, die bisher postuliert wurde, kann doch schneller voranschreiten.
Nein. Es muss ja auch in die Infrastruktur und die Jugendarbeit investiert werden. Es muss alles miteinander wachsen. Es ist ja nicht so, dass wir jetzt einen Millionenboom erleben. Man merkt aber, dass es Interesse an dem Verein gibt.
Haben Sie nicht selbst Angst vor dem Erfolgstempo Ihres Teams? Kürzlich sagten Sie: "Das ist eigentlich des Guten zu viel."
Ich glaube, die Erwartungshaltung in Berlin driftet schnell ins Uferlose ab. Wenn wir nächstes Jahr diese Spiele, die wir zuletzt alle hätten verlieren können, verlieren, sagen alle Leute: "Was ist denn da für eine Krise?" Man muss das realistisch einschätzen: Wir wollten uns mit Platz sechs oder sieben für einen europäischen Wettbewerb qualifizieren. Das war unser großer Traum. Wir sind im Moment auf Kurs.
Um den Vertrag Ihres stark umworbenen Torhüters Silvio Heinevetter, der Nr. 1 im deutschen Nationalteam, zu verlängern, haben Sie aber Ihren Gehaltsrahmen sprengen müssen?
Ich kann Ihnen heute sagen: Er bekommt nicht einen Cent mehr, als er vorher bekommen hat. Nicht einen einzigen.
Wie konnten Sie ihn davon abhalten, zu einem finanzkräftigeren Champions-League-Kandidaten zu wechseln?
Das Verbundenheit mit der Region spielt bei ihm gewiss eine große Rolle. Und ich glaube, dass er eine Aufgabe gesehen hat, mit dieser Mannschaft weiter zu wachsen. Außerdem ist er ja schon zu Recht unser Topverdiener. Und dass er bei uns die Rolle des Superstars innehat, mag auch ein Grund für sein Bleiben sein.
Im Erfolg, heißt es, macht man die meisten Fehler.
Das stimmt, darin liegt eine große Gefahr. Aber man muss auch genießen können. Solange wir auf einem Champions-League-Platz sind, gehen wir mit der Geschäftsstelle montags immer essen, weil wir sagen: Das ist so ein schöner Moment. Wir freuen uns daran.
Kann das Team Sie noch überraschen in dieser Saison?
Absolut. Es überrascht mich ja jede Woche.
Ein Sieg gegen Göppingen am Samstag würde Sie überraschen?
Ja. Dann würde ich auch darüber reden, dass wir uns dieses Jahr für einen europäischen Wettbewerb qualifizieren. Dann ist uns das nicht mehr zu nehmen.
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