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Kommentar BerlusconiNichts geht ohne Silvio

Michael Braun
Kommentar von Michael Braun

Die linke Opposition in Italien ist wieder mal tief zerstritten. Solange das so bleibt, muss Ministerpräsident Berlusconi sich keine ernsthaften Sorgen um die Macht machen.

V or vier Wochen schien sein unrühmliches Ende besiegelt: Erst das Misstrauensvotum im Parlament, dann die Wiederaufnahme diverser Prozesse, womöglich gar eine schnelle Verurteilung. Doch jetzt geht Silvio Berlusconi wieder mit guten Siegchancen in die Kraftprobe mit der Opposition. Italiens Premier bestätigt damit seinen Ruf als politisches Stehaufmännchen. Zudem ist er mittlerweile völlig Skandal-resistent - egal, ob es da um Sexgeschichten oder um Stimmenkauf geht.

Darüber mag man in Bewunderung für das finstere Genie verfallen, das seine Medien wie seine Milliarden ungeniert für den eigenen Machterhalt einsetzt. Man mag aber auch fragen, wie es eigentlich um die demokratische Öffentlichkeit und um die Opposition eines Landes bestellt ist, das anscheinend völlig ungerührt dem Wirken Berlusconis zuschaut.

Umfragen bestätigen, dass der Berlusconi-Block mit 43 bis 44 Prozent erneut beste Chancen auf einen Wahlsieg hätte. Gewiss ist die in westlichen Demokratien einzigartige Medienmacht, über die der Regierungschef verfügt, äußerst hilfreich. Doch Wirkung kann das Medien-Sperrfeuer nur deshalb erzielen, weil große Teile der italienischen Wähler traditionell der Auffassung sind, die Einhaltung der Gesetze oder auch politischer Anstandsnormen sei eigentlich zweitrangig.

Der Autor

Michael Braun ist Italien-Korrespondent der taz.

Erstrangig war und blieb ihnen, dass die Falschen, die "Roten" nämlich, von der Macht ferngehalten werden. Das war schon in den Zeiten der glorreich-korrupten Christdemokraten und Sozialisten so wie jetzt unter Berlusconi.

Die Opposition hilft Berlusconi - und sei es nur dadurch, dass sie selbst auf dem Höhepunkt der Krise seiner Rechtsregierung vor allem damit glänzt, die eigenen Anhänger zu demoralisieren. Wo die Linke und die politische Mitte hinwollen, ist keinem ihrer Wähler recht klar. Klar ist bloß, dass die Opposition wieder mal tief zerstritten ist. Solange das so bleibt, muss Berlusconi sich keine ernsthaften Sorgen machen.

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Michael Braun
Auslandskorrespondent Italien
Promovierter Politologe, 1985-1995 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Unis Duisburg und Essen, seit 1996 als Journalist in Rom, seit 2000 taz-Korrespondent, daneben tätig für deutsche Rundfunkanstalten, das italienische Wochenmagazin „Internazionale“ und als Wissenschaftlicher Mitarbeiter für das Büro Rom der Friedrich-Ebert-Stiftung.
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4 Kommentare

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  • IS
    il sole è nero

    Da ich nun seit längerem mit diesem Land zu tun habe, da ich Monate auf Sizilien in Palermo war: Wir machen uns etwas vor. "Demokratie" ist es nicht, aber alle benutzen es als Schlagwort und es ist hier zu Lande auch nicht in totale richtig. Aber Italien ist dort, angeblich in dieser Megatollen Euroüäischen Union wo die Sonne nie untergeht, völlig hilflos. Die Vereinigten Staaten, die Bipolare Welt hat dieses Land durch Gladio- CIA- Schattenstaaten bis in die Neunziger Jahre kaputt gemacht, die Kommunisten waren die Gefahr- und es hat sich ein Filz sondergleichen ausgebildet.

     

    Und auch zu mani pulite Zeiten- Ich erinnere an die damals neue "Lega Nord", welche großmaulig mit dem alten System abrechnete und versprach alles anders zu machen - 1993 kam raus das auch sie schon bestachen. In diesem Land ist Stimmenkauf nichts ungewöhnliches, es ist normal, ganze Regionalregierungen sind darauf aufgebaut und letztlich sogar die Regierung. Und soviele fragten mich als Deutschen: Tut endlich was! Aber tatsächlich leben wir immer noch in unserem "westlichen Demokratie" Geschwirbel und niemand erwacht aus dem Traum, er ist dort vor unserer Haustür, wo die Jugendlichen aus Frust ihr Land verlassen, wo die Staatverschuldung durch einen korrupten Aprarat Berlusconi steigt, aber die ganze politische Klasse ist dazu korrupt, die wenigen Ausnahmen werden vom Populismus Berlusconis plattbegebügelt: alà: Wir sind die Partei der Liebe, und Staatsverschuldung sind die Linken.

     

    Bitte wachen wir endlich auf und das meine ich auch inzwischen für mein tolles Land, indem sich die politische Klasse weit abgesetzt hat von den Leuten die vertreten soll, es ist noch nicht so schlimm, da wir aus der Sicht frustrierter Italiener sogar noch ein Idealland darstellen. Aber wenn wir die Repräsentanz nicht einschränken und dieses Land nicht basisdemokratischer machen, repolitisieren quasi, werden auch wir dorthinkommen wo dieses Land ist,

     

    danke fürs zuhören

  • N
    neuhaus

    die hexenjagd von mani pulite hat es verursacht. am ende war kaum jemand schuldig. ein britischer ökonom sagte es kürzlich, italien ist etwas sonderbar, da werden leute vorverurteilt und dann meist freigesprochen , da unschuldig. übrigens wäre dr. kohl und große teile der germanenpolitiker bei italiens justiz im knast. zudem wurde berlusconi auf seinen eigenen sender schon des öfteren frontal angegriffen. ihr linken habt immer nur ausrden, ihr habt versagt.

     

    nocheinmal: patriotismus!

     

    bg

  • SR
    Sebastian R.

    "westliche Demokratien"

     

    Ach ja, man vergißt immer wieder, daß es sich bei Italien um eine solche handelt...

  • C
    Claus

    Sämtliche als "Rot" zu bezeichnenden Kräfte Italiens sind bei der letzten Wahl aus dem Parlament geflogen. Der Partito Democratico wiederum hat sich sogar geweigert, den europäischen Sozialisten beizutreten, weil ihm die (SPD, Labour etc.) zu links waren. Daran kanns also nicht liegen, wenn sie die Wahl verlieren.