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Australian OpenFavorit? Ich? Nein, nein!

In Melbourne kann Rafael Nadal den ersten echten Grand Slam seit 40 Jahren gewinnen, Roger Federer will das verhindern. Die Favoritenrolle möchte aber keiner der beiden spielen.

Zeigen auch abseits des Platzes Respekt für die Leistung des anderen: Roger Federer und Rafael Nadal während des Benefizspiels in Melbourne. Bild: dpa

MELBOURNE taz | Das Spiel gegeneinander beherrschen sie ganz ordentlich, aber für Auftritte miteinander müssen sie noch üben. Denn was soll man davon halten, wenn die beiden besten Tennisspieler der Welt im Doppel gegen Frauen verlieren? Mit einem satten Vorhandschuss beendete Kim Clijsters das kleine Spielchen am Sonntag an der Seite der Kollegin Sam Stosur gegen Rafael Nadal und Roger Federer.

Es war der Abschluss der Benefizgala zugunsten der Flutopfer in Queensland, die der Schweizer ebenso angeregt hatte wie ein Wohltätigkeitsspiel im vergangenen Jahr für das von Erdbeben verwüstete Haiti. Auch diesmal trafen sich die Stars des Tennis vor voll besetztem Haus zum guten Zweck, und bis zum Ende des Tages kamen rund 2 Millionen australische Dollar zusammen. Das Publikum genoss die Show wenige Stunden vor dem Beginn der Australian Open. Andy Roddick zeigte wieder mal, dass man ihm nach dem Ende seiner Karriere als Tennisspieler jeden Job zutrauen sollte, der Witz und Schlagfertigkeit erfordert; Novak Djokovic machte mit einer Kamera in der Hand den professionellen Fotografen Konkurrenz, und Caroline Wozniacki, die Nummer eins des Frauentennis, bewährte sich als Babysitter, als sie Lleyton Hewitts kleinen Sohn Cruz vom Platz trug, der sich beim Aufschlag seines Daddys erschreckt und zu weinen begonnen hatte.

Nach dem Spaß aus guten Gründen trennten sich die freundschaftlich verbundenen Rivalen Nadal und Federer, um auf unterschiedlichen Wegen das gleiche Ziel zu erreichen. Natürlich haben beide den Titel im Sinn, für Federer wäre es der fünfte in Melbourne und der 17. bei einem Grand-Slam-Turnier, für Nadal wäre es der zehnte in dieser Rubrik, vor allem aber der vierte in Folge nach seinen Siegen in Paris, Wimbledon und New York vom vergangenen Jahr.

Bei der Frage, wer als Favorit zu betrachten sei, setzen die beiden ein Spielchen fort, das ihnen schon eine ganze Weile zu gefallen scheint. Es ist die umgekehrte Version jenes Gassenhauers aus dem amerikanischen Musical Annie Get Your Gun (Alles, was du kannst, das kann ich viel besser), die sich auf diesen Fall bezogen so anhört: Vieles, was ich kann, das kannst du doch besser. Nach den unglaublichen Dingen, die Nadal im vergangenen Jahr geleistet habe, sagt Federer, müsse man ihn als Favoriten in Melbourne betrachten. "Bestimmt nicht", sagt der dazu. "Ich bin weniger favorisiert als er und nicht mehr als Spieler wie Djokovic, Murray und Söderling. Das ist die Wahrheit."

Wie auch immer, jedenfalls könnte er in Melbourne etwas schaffen, was mehr als 40 Jahre lang keinem Spieler mehr gelungen ist und woran Federer in der jüngeren Vergangenheit zweimal scheiterte. Zuletzt gewann der große Australier Rod Laver 1969 vier Grand-Slam-Titel in Folge, und da er das innerhalb eines Kalenderjahres tat, zählen diese vier Titel in Folge als echter, unverfälschter Grand Slam. In den 41 Jahren danach war Lavers Coup nur dreimal in Gefahr: 1994, als Pete Sampras mit drei Titeln bei den French Open in Paris ankam, dann aber im Viertelfinale gegen Jim Courier verlor, und an der gleichen Stelle scheiterte auch Federer in den Jahren 2006 und 2007, beide Male im Finale gegen Nadal. Eine kleine Revanche würde prima in das großartige Duell der beiden passen.

Beim Turnier in Doha kürzlich meinte Nadal, in Melbourne die Nummer vier zu gewinnen, werde vermutlich die einzige Chance dieser Art in seinem Leben sein. Was angesichts seines Alters (24) eine übertrieben skeptische Prognose ist, andererseits vielleicht aber auch nicht angesichts der in den vergangenen Monaten zurückgekehrten Zauberform des Kollegen Federer.

Rod Laver jedenfalls, der in Kalifornien lebt und inzwischen 72 Jahre alt ist, ist Purist in der Frage, ob vier Titel in Folge unter den erschwerten Bedingungen heutzutage auf unterschiedlichen Belägen (zu seiner Zeit waren es nur zwei) nicht so viel wert sein könnten wie das, was er in seiner Karriere zweimal schaffte. "Ein Grand Slam wäre es natürlich nicht", teilte er mit, "aber es wäre eine Wahnsinnsleistung." So sehen es auch Federer und Nadal - darin sind sie sich einig.

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1 Kommentar

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  • H
    Hannibal

    Vier Titel in Serie auf 4 unterschiedlichen Belägen zu gewinnen, ist allemal mehr wert als anno 1969 auf Gras und Asche. Nichts gegen Rod Laver, aber Profi-Tennis steckte damals in den Kinderschuhen, war wenigen vorbehalten. Heute ist die Leistungsdichte viel größer, das Spiel 5 mal so schnell, fordert viel mehr Professionalität. Für mich wäre der "Rafa-Slam" die absolute Krönung dieses Spielers und ein Ausdruck an Ebenbürtigkeit zu R. Federers 16 GS. So hätte jeder der beiden ein Superlativ vorzuweisen.