Kommentar EU-Energiepolitik: Gipfel der Kleinigkeiten

Von einer moralischen Verpflichtung Europas zur grünen Wende wegen des eigenen Energiehungers ist keine Rede mehr. Stattdessen wird mit dem Finger auf China gezeigt.

In den letzten zehn Jahren ist ein Energieträger weltweit zum absoluten Champion aufgestiegen. Es sind nicht Windräder, auch nicht Solaranlagen, es ist: die Kohle. Fünf Prozent Wachstum jährlich, der Anteil regenerativer Energie dagegen stagnierte.

Kampf gegen den Klimawandel? Energiewende? Schon heute ist es ausgemacht, dass mit den momentanen CO2-Reduktionszielen der Klimawandel nicht in einem erträglichen Ausmaß begrenzt werden kann.

Vor diesem Hintergrund kommen die Staats- und Regierungschefs der EU am Freitag zu ihrem ersten Energiegipfel zusammen. Dort geht es darum, wie die Ziele umgesetzt werden, die sich die Staatengemeinschaft gesetzt hat. Es geht ums Kleingedruckte. Um Straffung von Genehmigungsverfahren. Aber nicht um das Grundproblem: Die Ziele sind zu niedrig.

Dabei zeigt sich gleichzeitig, vor welchen gewaltigen Aufgaben Europa steht. Schon diese zu niedrigen Ziele erfordern gewaltige Investitionen, bis zum Jahr 2020: 1.000 Milliarden Euro, verkündete EU-Kommissar Günther Oettinger. Auch wenn er die positiven Effekte dabei nicht einkalkulierte: weniger Energieimporte, dafür Arbeitsplätze in der Regenerativindustrie.

Trotz dieses Wissens befindet sich Europa gerade auf dem Weg zurück in die Vergangenheit. Fast überall gibt es konservative Regierungen, die den zu schnellen Umbau hin zur regenerativen Wirtschaft als potenzielle Gefahr für die Industrie darstellen. Es geht um knallharte Standortpolitik in Konkurrenz zu China oder anderen aufstrebenden Ländern.

Von einer moralischen Verpflichtung Europas zur grünen Wende wegen des eigenen vergangenen und momentanen Energiehungers ist nirgends mehr die Rede. Stattdessen zeigt man mit dem Finger auf China - ein Land, in dem jeder Einwohner einen Bruchteil des CO2-Wertes eines Europäers in die Luft bläst. Europa müsste den Mut haben, den Kontinent auf eine rasante, teure und schmerzhaft grüne Wende vorzubereiten. Das aber ist nicht in Sicht.

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Beschäftigte sich für die taz mit der Corona-Pandemie und Impfstoffen, Klimawandel und Energie- und Finanzmärkten. Seit Mitte 2021 nicht mehr bei der taz.

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