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Neue Vermittlung in der ElfenbeinküsteGbagbos Soldaten schießen scharf

Mindestens neun Demonstranten wurden seit Samstag von der ivorischen Armee in Abidjan getötet. Vier afrikanische Präsidenten sind zu einer letzten Vermittlung angereist.

Ist mit seinen eigenen Soldaten angereist: Südafrikas Präsident Zuma. Bild: dapd

BERLIN taz | In der Elfenbeinküste nimmt die Gewalt zwischen Sicherheitskräften des abgewählten Präsidenten Laurent Gbagbo und Anhängern des verhinderten Wahlsiegers Alassane Ouattara zu. Mindestens sechs Menschen wurden am Montag getötet, als Soldaten das Feuer auf Demonstranten in der Metropole Abidjan eröffneten.

Nach Angaben von Pro-Ouattara-Medien wurden die mehreren tausend unbewaffneten Demonstranten mit Raketen beschossen, als sie sich am zentralen Platz des Stadtviertels Koumassi versammelten. Gbagbo-treue Medien wiederum berichten, eine "unsichtbare Stadtguerilla" breite sich in Abidjan aus. Bereits am Samstag hatten Soldaten im Stadtviertel Abobo einen Protestmarsch angegriffen und mindestens drei Menschen getötet.

Die blutig aufgelöste Demonstration vom Montag erfolgte, als das von der Afrikanischen Union (AU) Ende Januar eingesetzte Quintett afrikanischer Präsidenten zur Vermittlung nach Abidjan reisen sollte, um letzte Sondierungsgespräche mit den beiden rivalisierenden ivorischen Machthabern zu führen, bevor die AU bis Monatsende einen "bindenden" Vorschlag zur Lösung des Machtkampfs erarbeitet.

Das Quintett besteht aus den Präsidenten von Burkina Faso, Mauretanien, Südafrika, Tansania und Tschad. Rund 1.000 Gbagbo-treue Demonstranten blockierten allerdings am Montag früh die Flugpiste von Abidjan, um die Landung des burkinischen Präsidenten Blaise Compaoré zu verhindern. Compaoré sagte seine Reise ab, es landeten nur vier Präsidenten.

Das Gbagbo-Lager hält Compaoré für einen Verbündeten Ouattaras. Compaoré ist allerdings auch Schirmherr der westafrikanischen Regionalorganisation Ecowas (Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft) für den Friedensprozess in der Elfenbeinküste. Die Ecowas hat dagegen protestiert, dass die AU ihre Mission trotz der Verhinderung von Compaorés Anreise fortsetzt. In Südafrika wurde gestern berichtet, die verbleibenden vier Präsidenten würden Gbagbo und Ouattara vorschlagen, entweder die Macht zu teilen oder Neuwahlen anzusetzen.

Die Vermittlungsmission erfolgt in einem Kontext eines sich beschleunigenden ökonomischen Kollapses des Gbagbo-Gebiets der Elfenbeinküste. Ein von Ouattara vor einem Monat ausgerufener Exportboykott für das wichtigste ivorische Exportprodukt Kakao wird von den internationalen Ankäufern weitgehend respektiert.

Da auch Westafrikas Zentralbank BCEAO nicht mehr mit Gbagbo zusammenarbeitet, stellten vergangene Woche fast alle ivorischen Banken mangels Bargeld den Betrieb ein. Am Dienstag folgten die Versicherungen und Geldüberweisungsfirmen.

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7 Kommentare

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  • AA
    Andreas Ackermann

    OK, jetzt bin ich verwirrt. Nach weiterem Gegoogle bin ich auf Gunnars ivoireleaks.de Seite gestoßen. Da schreibt er: "An dieser Stelle eine lesenswerte Quelle, das Konrad-Adenauer-Institut resümiert eher einen Regierungsauftrag für Ouattara" und verlinkt

     

    http://www.kas.de/wf/doc/kas_21513-1522-1-30.pdf?101223085947

     

    Also genau das Gegenteil von dem, was er hier schreibt: "das Konrad Adenauer Institut kommt in seiner Analyse zu dem Ergebniss das Ouattara eben nicht als Sieger aus der Wahl hervorgeht."

     

    In dem Bericht stehen Dinge wie:

     

    "Zum Parteienbündnis gehört auch ... Bédié, der für die Stichwahl einen Großteil seiner Anhänger für Ouattara mobilisieren konnte und damit den Wahlsieg Ouattaras ermöglichte."

     

    "Sie [das Gbagbo-Lager] wissen selbst, dass sie das Wahlergebnis [nach Annullierung von 600.000 Stimmen durch den Verfassungsrat] durch Manipulation herbeigeführt haben."

     

    "Gbagbo hatte ... wenige Wochen vor dem Urnengang explizit erklärt, er werde die Macht niemals an die Erben Houphouët Boignys [also Bedie und Ouattara] abgeben."

     

    Und dann wird noch erwähnt wie Gbagbo's ursprüngliche Beschwerde über vier Regionen nicht ausgereicht habe, und sein Freund im Verfassungsrat dann schlichtweg sieben annulliert hat. Ohne weitere Prüfung, die in 24h ja auch kaum machbar ist. Das Gesetz hätte ihm eine Woche zugestanden.

  • AA
    Andreas Ackermann

    Gunnar,

     

    kannst Du bitte den Link auf die Analyse der kas.de mit uns teilen?

     

    Dominic Johnson zu unterstellen, dass es ihm besser gehe, weil jetzt der Bürgerkrieg wieder am Start ist, ist wohl unterste Schublade.

     

    Ouattara und die internationale Gemeinschaft möchten mit den Sanktionen bezwecken, dass Gbagbo die Kohle ausgeht und er, wenn er die Armee und die Beamten nicht mehr bezahlen kann, von eben jenen entfernt wird. Die Rebellen haben mit den Sanktionen meines Wissens nix am Hut.

     

    Die Darstellung, dass Gbagbos Einheiten in einen Hinterhalt gelockt wurden, ist interessant. Manch einer meint, die wären wieder da gewesen, um Zivilisten abzuschlachten und seien dabei einem "unsichtbaren Kommando" zum Opfer gefallen. Ouattara meint, dabei handle es sich um vom Militär Abtrünnige und Bürger, die sich Waffen geklaut haben. Gbagbos Mello meint, das seien Rebellen, die aus dem Golf Hotel an der Blockade vorbeigeschlichen haben. Wie sie das gemacht haben sollen, ist unklar. Aber vielleicht ging das, weil sie eben das unsichtbare Kommando sind, nicht das sichtbare?

     

    Ralph,

     

    erstens haben Ouattaras Anhänger demonstriert, dabei sind sie von Söldnern mit Tränengas, Schusswaffen und zuletzt Splittergranaten begrüsst worden. Bewundernswert, dass die Menschen in Libyen sich von sowas nicht beeindrucken lassen, aber ich persönlich mach niemandem einen Vorwurf, der sein Leben und die Familie vorneanstellt.

     

    Zweitens wurde gestreikt, das war kein massiver Erfolg, was partiell damit zusammenhängen könnte, dass die Leute nicht die Kohle haben, um mal locker auf ewig zu streiken. Diverse haben aber von dem erheblich verringerten Verkehrsaufkommen auch und gerade in Abidjan berichtet, denn die Transportunternehmen und Taxifahrer sind überwiegend Ouattara-Gefolge. Deshalb wurden von den "Jungen Patrioten" auch gerade diverse Busse und Taxen verfeuert und in Strassensperren umfunktioniert.

     

    Drittens scheinst Du den Punkt machen zu wollen, dass nahezu die Hälfte der Wähler in Abidjan nicht wie angegeben für Ouattara gewählt habe. Auf welcher Basis?

  • RP
    ralph podzwadowski

    Liebe Landsleute,

    gut das alle eine dezidierte Meinung ueber CI(cote d'ivoire)haben, aber nur France 24 nachplappern. Einfache Fragen: 1.Wieso gehen nicht 1000 de(oder mehr) auf die Strassen? sie werden alle niedergemetzelt und haben Angst, ah verstehe und in Libyen,(Aegypten,Tunesien,Jemen,Bahrain)wo Gadahfi aus Flugzeugen morden laesst?2. Wieso hoert NIEMAND in CI(ausser in Bouake)auf die von ADO(Ouattara)seit Monaten verhaengte Arbeitsblockade oder seine ausgerufene "Orange revolution"? 3.Wo sind den seine MILLIONEN Unterstuetzer(in Abidjan haben ihn fast die Haelfte gewaehlt,ca.700.000 Stimmen)? Hier gehen nur Gruppen von 20 bis(am letzten Wochenende waren es ca. 500)JUGENDLICHEN auf die Polizei/Behoerden los, die nebenbeigemerkt gar nicht waehlen durften.Auch weitesgehend ohne Plakatte und mit Steinen,Knueppeln und... in der Hand

    4. Wieso hat die "INTERNATIONZALE GEMEINSCHAFT" ALLE SANKTIONEN bis zum KRIEGSEINSATZ befuerwortet und fuer was: weil eine Wahl in Afrika nicht "rechtsstaatlich" verlaufen ist? (hier gibt's nur lupenreine Demokraten wie Mugabe,Compaore,Wade,Santos,Odinga usw.)

    5.Hier gibt es verschied. rechtsauffassungen ueber den Wahlsieger, nach ivorischen Recht hat Gbagbo gewonnen und nach welchen Recht ADO?

    Ich lass mal gut sein und empfehle zur Lektuere www.ivoirleaks.de

    Ein mitleidender,genervter Deutscher in CI

  • H
    Hausverstand

    Vielleicht, dass der rechtmäßige Gewinner der Wahlen endlich seinen rechtmäßigen Posten übernehmen kann?

  • DP
    Daniel Preissler

    Wo hast du das gefunden, Gunnar?

    Hier jedenfalls nicht: http://www.kas.de/westafrika/de/pages/9777/

    Der Artikel spricht von Unklarheit über den Wahlausgang, was jedoch angesichts der UN-Kontrolle und -Mitauszählung auch nicht korrekt ist.

    Desweiteren sind die Rebellen eben nicht Ouattaras Rebellen, sondern die Unterstützer der Rebellen und die Ouattaras sind zu einem großen Teil identisch. Das ist ein Unterschied.

    Zur Rolle Frankreichs hier ebenfalls ein Link zur KAS, da steht auf jeden Fall mehr drin, als du zu wissen zugibst. Kl. Fehler sind jedoch auch dabei: Von der Zerstörung eines Teils der "Luftwaffe" 2004 ist die Rede. MW hatte die ivorische Armme nur 4 Hubschrauber oder leinflugzeuge, die von den Franzosen sämtlich zerstört wurden (was ein Glück).

    Die Aggressionen gingen übrigens sämtlich von der ivor. Armme aus, Frankreich war (zu) lange sehr Gbagbo-freundlich.

    Grüße und bis bald,

    Daniel

  • GS
    Gunnar Sturm

    Eine Meldung vom 22.02 Abends:

    Aktuell: In Abobo wurden Polizeieinheiten von Ouattara-Rebellen in einen Hinterhalt gelockt und getötet. Es werden schwere Kämpfe gemeldet, auch in Adjame sollen Schüsse zu hören sein. In Abobo wurden große Einheiten der Ouattara-Rebellen zusammengezogen, um von dort aus den nächsten Staatsstreich zu lancieren.

  • GS
    Gunnar Sturm

    Ja, endlich haben Sie mal Recht Herr Johnson.

    Endlich KRIEG...geht es Ihnen jetzt besser???

     

    Die Sanktionen treffen das Volk sehr hart, was wollen Ouattara und seine Rebellen damit bezwecken?

     

    PS:das Konrad Adenauer Institut kommt in seiner Analyse zu dem Ergebniss das Ouattara eben nicht als Sieger aus der Wahl hervorgeht.