Grenzdurchgangslager Friedland: Asyl für arabische Flüchtlinge
Es ist die erste Station für Flüchtlinge in Deutschland: In Friedland warten sie Monate, bis sie auf andere Gemeinden verteilt werden. Nun kommen die Flüchtlinge aus Nordafrika.
FRIEDLAND taz | Adrett gekleidet schreitet Heinrich Hörnschemeyer durch den langen, beigen Flur von Haus 6. Er trägt einen braunen Anzug, ein braunes Hemd mit Krawatte, ein wandelnder Gegensatz zu den Menschen, die aus den weißen Türen rechts und links des Ganges auf ihn zukommen. Menschen mit dunkler Hautfarbe, dunkelbraunen Haaren und abgetragener Kleidung. "Can you help me", spricht ein junger Mann im Trainingsanzug ihn an.
Hörnschemeyer leitet des Grenzdurchgangslagers Friedland in Niedersachsen. Die Baracken in dem umzäunten Areal sind seit 1945 die erste Station für viele Generationen von Flüchtlingen: Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen Vertriebene aus den ehmaligen deutschen Gebieten im Osten, nach dem Mauerfall kamen die Spätaussiedler aus Russland.
Die letzten der 2.500 aus dem Irak nach Deutschland geflüchteten Christen haben das Lager im Sommer verlassen. Seit Jahresbeginn kommen vorwiegend Asylbewerber aus Afghanistan, Irak und Nordafrika an. Im Januar waren es noch 20, aktuell wohnen 180 hier, bis Mitte des Jahres sollen es Betten für 350 Menschen werden.
"Wer's bis Friedland schafft und an die Tür klopft, der ist erst einmal drin", sagt Martin Steinberg. "Niemand wird weggeschickt." Er leitet die Innere Mission der evangelischen Kirche im Lager.
In Friedland stellen die Flüchtlinge ihren Asylantrag. Hier entscheidet sich für sie, ob sie in Deutschland bleiben dürfen. Wenn es gut läuft, wohnen sie zwei Monate hier, bevor sie auf andere Gemeinden verteilt werden.
Die zumeist jungen Männer und Frauen, die hier zurzeit auf Asyl hoffen, verbringen den Tag damit, zu warten. Eine junge Frau im rosa Trainingsanzug sitzt in einem der karg eingerichteten Zimmer auf dem Etagenbett. Ein anderer Asylbewerber schläft in seinem Zimmer mit dem Kopf auf dem Tisch.
Sie sind schlechter dran als ihre Vorgänger. Im Gegensatz zu Russlanddeutschen und irakischen Christen ist ihr Aufenthaltsstatus ungeklärt, und das bedeutet: Ihnen steht nicht der volle Sozialhilfesatz zu. Sie erhalten hauptsächlich Sachleistungen, Gutscheine und 40 Euro Taschengeld im Monat. Pastor Steinberg findet, das reicht nicht.
Auch Sprachkurse stehen ihnen nicht zu. "Zwei Monate ohne jedes Angebot ist 'ne Härte", findet Pastor Steinberg. Deswegen versucht er gerade, Sprachkurse über die Kirche zu finanzieren.
Seit Jahren arbeitet er mit Friedland mit Flüchtlingen und versucht zu helfen: ob es um die existenziellen Fragen der Asylgesetzgebung geht oder ganz alltägliche Dinge, wie bargeldlosen Zahlungsverkehr.
Steinberg weiß aber sicher: Einige der Flüchtlinge werden nach ihrem Aufenthalt in Friedland wieder abgeschoben werden. Deshalb ist er vorsichtig, wenn jemand um Hilfe bittet. "Wir dürfen hier keine falschen Versprechungen machen."
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