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KOMETENHAFTE KARRIEREStolberg am Ende

Bremens renommiertester Neu-Reeder Niels Stolberg scheidet aus dem von ihm aufgebauten Unternehmen Beluga aus. Ein amerikanischer Hedgefonds übernimmt.

Niels Stolberg neigte zu Omnipräsenz. Viele fanden das gut für Bremen. Bild: bes

Als Niels Stolberg am Mittwoch aus dem Aufsichtsrat von Werder Bremen zurücktrat, da begründete er das noch mit der Bemerkung, er wolle sich auf sein eigentliches Geschäft konzentrieren - Beluga. Einen Tag später ließ er mitteilen, er habe sich auch dort "aus persönlichen Gründen" von der Geschäftsführung beurlauben lassen.

Am Montag war sein Unternehmen in die Schlagzeilen gekommen, nachdem das Bundeskartellamt mitgeteilt hatte, der amerikanische Investmentfonds Oaktree habe nachgefragt, ob es kartellrechtliche Bedenken gebe, wenn er über 50 Prozent der Beluga GmbH übernehme. Das Bundeskartellamt sieht erwartungsgemäß keine.

Schon Mitte Februar war Oaktree-Chef Roger Iliffe als weiterer Geschäftsführer im Handelsregister eingetragen worden. Offenbar in demselben Zuge hatte Oaktree seine Anteile - seit dem letzten Sommer hält Oatree ein Drittel - auf 49,5 Prozent aufgestockt. Die Beluga-PR, die sonst den Eindruck großer Offenheit zu erwecken versuchte, hatte dies nicht kommuniziert - wohl um Irritationen und Nachfragen zu vermeiden.

"Chief Restructuring Officer" sei Iliffe gewesen, hieß es gestern. Offenbar war Mitte Februar noch beabsichtigt, zusammen mit Stolberg das Unternehmen zu sanieren. In diversen Unterfirmen - die Beluga-Gruppe hat mehr als 100 Eintragungen im Bremer Handelsregister - wurde nur der Mit-Geschäftsführer Emilio Reales-Bertomeo durch Iliffe ersetzt. Was Iliffe in diesen zwei Wochen gesehen hat, hat offenbar zu der Anfrage beim Bundeskartellamt und zu dem Ausscheiden von Stolberg aus seinem Unternehmen geführt.

Oaktree will laut Deutschland-Sprecherin Tina Mentner eine "umfassende finanzielle Restrukturierung" einleiten und in "vertraulichen Gesprächen" Gläubiger und Stakeholder für die Zukunftssicherung des Unternehmens gewinnen.

Nicht nur das Seefahrt-Geschäft sei schwieriger gewesen als Beluga gedacht hatte, so die Oaktree-Sprecherin, es gebe auch Faktoren, die "im Unternehmen liegen". Auf jeden Fall wolle man sich "auf das operative Business konzentrieren". Heißt: Nicht nur Werder Bremen verliert damit wohl einen seiner "Top-Sponsoren".

Am Montag hofften die Handballerinnen vom VFL Oldenburg noch, dass ihr Sponsoring nicht betroffen ist. Das Künstlerhaus Spiekeroog war ein beinahe privates Hobby von Stolberg, der selbst sagte, er habe sich in die beschauliche Insel verliebt. Das Musikfest und Bremer Musiker hatte er immer wieder engagiert, um auf Spiekeroog für kulturelle Angebote zu sorgen - in den Hotels und Restaurants, die unter dem Dach der Inselzauber GmbH betrieben werden, Firmensitz: Teerhof 59 in Bremen.

Vor zwei Jahren, als die ersten Horror-Botschaften der globalen Finanzkrise kursierten, gründete Stolberg das "Beluga College", eine pädagogisch ambitionierte private Oberstufe. Über den "Bremer Fonds e.V." unterstützte Stolberg diverse Projekte in sozial benachteiligten Stadtteilen.

Noch halten sich die neuen Herren der Beluga-Shipping, die die Restrukturierung von den USA aus betreiben, nicht so weit, eine Aussage über das Schicksal der Abteilung "Social Response Marketing" treffen zu können.

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2 Kommentare

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  • K
    käseblatt

    Der "investigative Journalismus" der taz ist an Peinlichkeit so langsam nicht mehr zu überbieten!

  • S
    Sunwu

    Der März scheint all die Felix Krulls scheint ein gefärhlicher Monat für die Felix Krulls dieser Welt. Das Schauspiel Beluga ist absurd, es ist ein Armutszeugnis für den deutschen Journalismus. Stollberg ist alles andere als grün und sozial, er hat mit dieser Masche nur viel Geld eingesammelt, und bietet den Medien nun eine gute Gelegenheit zur kritischen Selbstreflexion! Hat denn niemand bemerkt, dass alles über Beluga publizierte den Journalisten seit Jahren von PR-Strategen diktiert wurde?

    Fragt sich niemand, warum seit der Jungfernfahrt der Beluga Skysails im Jan 2008 nun seit gut 3 Jahren eine Funkstille zu Klima- und Umweltschutz der Beluga Shipping GmbH herrscht? Wundert sich niemand, das keine Bilder der mit Reisegeschwindigkeit fahrenden Beluga Skysails existieren? Schon mal was von Greenwashing gehört, dieser Finanzierungsmethode des 21 Jahrhunderts? Bei Herrn Stollberg muss man wohl auch noch von Socialwashing sprechen...Eine Flotte von 72 Schiffen für mind. 3 Milliarden Euro im Namen des Klimaschutzes finanziert und medientechnisch brilliant inszeniert ein paar Euro für die Bremer Tafel gespendet...wie sozial ist nur unser Stollbersconi! Aufklärungsbedarf, meine Herren und Damen Journalisten. Die Zeiten, in denen man seine Berichte unkritisch bei Skysails runtergeladen und 1:1 übernommen hat, sind nun hoffentlich endlich vorbei! AUKLÄRUNGSBEDARF, kritischen Journalisten, oder denen, die es vielleicht noch werden wollen, empfehle ich für den Anfang meine Kampagne auf www.greenaction.de

    Titel: Klimaschutz & Schiffsfinanzierung...ein Einstieg in den Beluga-Sumpf, der nach einem kollektiven Versagen der deutschen Medien nach 8 Jahren sehr viel her geben würde. Vielleicht fragt sich auch endlich mal jemand, warum die Stollberg-Schiffe ständig von Piraten gekapert werden. Reisen in Kriegs- und Krisengebiete bringen viel Geld! Das Herr Stollberg gerade Geld dringedn nötig hat, scheint offensichtlich. Da können sich seine toten Seeleute aber nichts mehr für kaufen!